COVAX ist eine Einkaufsgemeinschaft für Impfstoffe, an der sich mehr als 190 Nationen und Territorien beteiligen. Das Besondere: Reiche Länder treten COVAX bei und zahlen für ärmere Länder mit. Gemeinsam sollen bis Ende dieses Jahres zwei Milliarden Impfstoffdosen verteilt werden, von AstraZeneca, von Johnson&Johnson, Novavax und auch BioNTech/Pfizer. Damit sollen weltweit als erstes das medizinische Personal und im nächsten Schritt die gefährdeten Gruppen geschützt werden. Maßgebliche Spender sind unter anderem die USA, die EU und aus dieser insbesondere auch Deutschland.
Die ersten Lieferungen kamen vom Serum Insitute of India, dort wird in Lizenz der Impfstoff von AstraZeneca und der Universität Oxford hergestellt. Ghana erhielt 600.000 Dosen, die Elfenbeinküsste 500.000. Am 1. März 2021 startete die Impfkampagne in Ghana: Präsident Nana Addo Dankwa Akufo-Addo und seine Frau erhielt vor laufenden Fernsehkameras die ersten Spritzen. Auf diese Weise soll Vertrauen geschaffen werden, denn es gibt in Ghana durchaus Skepsis in der Bevölkerung - auch, weil weltweit registriert wird, dass in Deutschland der AstraZeneca Impfstoff nicht von allen angenommen wird.
Die öffentliche Impfung sorgte für Andrang im ganzen Land. Organisiert wurde die Impfaktion in Zusammenarbeit mit UNICEF. Die UN-Organisation hat unter anderem Kühlkapazitäten im Land lokalisiert, auch neue geschaffen und sie hat Fahrzeuge für den Transport der Impfstoffe bereitgestellt. Bei solchen Impfkampagnen kommt es nicht nur auf die Beschaffung der Vakzine an, sondern ganz entscheidend auch auf die Organisation und Logistik.
Die COVAX-Impfstoffe sind inzwischen schon in weiteren Ländern angekommen: in Kolumbien, Nigeria, Angola und der Demokratischen Republik Kongo - aber auch in Südkorea. COVAX ist eine Einkaufsgemeinschaft und auch reichere Länder nutzen diese Möglichkeit, über riesige Bestellungen günstige Preise mit den Herstellern auszuhandeln. Aus einer Liste geht hervor, dass bis Mai insgesamt 237 Millionen Dosen an 142 Länder ausgeliefert werden sollen. Die größten Chargen gehen an Bangladesch, Brasilien, Ägypten, Äthiopien, Indonesien, Mexiko und Vietnam.
Es sieht auch so aus, als könnten zusätzlich gut eine Million Dosen des BioNTech Impfstoffs verteilt werden. Dazu müssen offenbar nur noch Haftungsfragen geklärt werden. Alle Beteiligten sind zurecht stolz: die Weltgesundheitsorganisation, UNICEF, die Impfallianz Gavi und CEPI, eine Organisation, die Impfstoffentwicklungen finanziert. Alle haben betont, dass die Welt erst sicher ist vor SARS-CoV-2, wenn die Impfungen überall greifen. Aber klar ist auch: Um wirklich zwei Milliarden Impfdosen bis Ende des Jahres ausliefern zu können, muss sich sehr schnell noch mehr bewegen.
Es fehlt am Geld. Beim G7-Treffen im Februar wurden noch einmal zusätzlich beträchliche Mittel zugesagt, auch von der EU und Deutschland. Dennoch klafft weiter eine Finanzierungslücke von 22 Milliarden US-Dollar. Es müssen aber auch ganz praktische Probleme gelöst werden: Um das angestrebte Ziel zu erreichen, müssen die Produktionskapazitäten weiter hochgefahren werden. Es gibt Lieferprobleme für Rohmaterialien- hier versucht CEPI den Herstellern zu helfen, neue Quellen aufzutun und auch neue Kooperationen zu schließen, zum Beispiel für Abfüllanalgen. Für diesen Zweck wurden unter anderem auch zwei Milliarden Glasfläschchen eingekauft.
Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo plant, eine Impfstoffproduktion im eigenen Land aufzubauen. Auf dem ganzen afrikanischen Kontinent kann bislang nur Südafrika Vakzine herstellen. Das soll sich ändern. Denn viele afrikanische Länder haben sowohl die Wissenschaftler als auch die Unternehmen, die das stemmen könnten. Auf einer Konferenz im April sollen die entsprechenden Pläne koordiniert werden. Klar ist aber auch: Umgesetzt werden kann das nur, wenn der Patentschutz gelockert wird, entweder über Kooperationsvereinbarungen mit den Herstellern oder über Zwangslizenzen. Mit einer entsprechenden Initiative von Indien und Südafrika befasst sich aktuell die Welthandelsorganisation.
Es gibt Verträge oder Vorverträge über die zwei Milliarden Dosen. Aber das heißt nicht, dass diese auch zeitnah geliefert werden - damit haben ja auch Industrieländer wie Deutschland zu kämpfen. COVAX konkurriert mit anderen Käufern um den Impfstoff, unter anderem mit der EU. Diese Konkurrenten zahlen zum Teil höhere Preise und haben ältere Verträge. Auch die Länder des Globalen Südens decken sich mit Impfstoffen ein. So haben etwa die Africa Centers of Disease Control im Januar etwa 270 Millionen Dosen bei verschiedenen Herstellern geordert, zusätzlich zu COVAX. Es läuft also vieles parallel, die Länder versuchen auf allen Wegen Impfstoff zu bekommen.
Andererseits haben Frankreich und Großbritannien schon zugesagt, Impfstoff, der nicht mehr benötigt wird, an COVAX zu spenden. Die EU insgesamt und auch Deutschland planen ähnliches. Geschehen wird das aber wohl frühestens gegen Ende des Jahres. Deshalb ist es wichtig, dass es neben COVAX noch andere Impfstoff-Quellen für den globalen Süden gibt: Russland, China und Indien liefern ihre eigenen Vakzine und tragen so dazu bei, Versorgungslücken zum Beispiel in Lateinamerika zu schließen. Geliefert wird aber auch nach Afrika, Asien und Osteuropa.
Ungarn und Serbien etwa wollten nicht auf die EU warten und nutzen die Angebote aus China und Russland. Das Vorgehen beider Länder wird gelegentlich als Impfstoffdiplomatie kritisiert, weil bevorzugt befreundete Nationen versorgt werden. Aber entscheidend ist letztlich nicht, woher der Impfstoff kommt, sondern, dass er vor SARS-CoV-2 schützt. Und COVAX wird sicher nicht alleine die Versorgung des Globalen Südens sicherstellen könnne. Tedros Adhanom Ghebreyesus, der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation, ist sich dennoch sicher: Die Initiative wird als großer Erfolg in die Geschichte der Coronapandemie eingehen.