Der Bucheggplatz ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt in Zürich. An den Bus- und Straßenbahnhaltestellen warten viele Menschen, alle tragen wie vorgeschrieben Maske und halten Abstand: eine Situation, wie man sie auch aus Deutschland kennt. Wenige Meter weiter ein Bild, wie man es derzeit aus Deutschland nicht kennt:
In einem Café sitzen Menschen im Freien, essen, trinken. Anders als in Deutschland haben nämlich zumindest in einem Großteil der Schweiz Restaurants, Kneipen und Cafés geöffnet – genauso wie Fitness- und Kosmetikstudios undsoweiterundsofort. Der Staat setzt viel auf Eigenverantwortung. Vielen Schweizerinnen und Schweizern gefällt das!
Corona: Erkenntnisse einer Krise - Nicht die Stunde der europäischen RechtenKaum eine Branche wurde von der Coronakrise so hart getroffen wie der Tourismus: Experten rechnen mit einem Einbruch des weltweiten Geschäfts um 70 Prozent. Wer weiterhin mit Touristen Geld verdienen will, muss sich etwas einfallen lassen.
Schutzkonzept mit Eigenverantwortung
Mann: "Also betreffend dem Ausgang halte ich mich derzeit wirklich zurück, ich habe meine drei, vier Kontakte mit denen ich mich regelmäßig treffe, aber in ein Konzert zu gehen oder zu tanzen am Wochenende, das ist glaube ich derzeit der falsche Zeitpunkt"
Frau: "Ich finde es gut, dass diese Maskentragpflicht überall gilt, dass wir diese Distanzregeln einhalten, ich kann das gut akzeptieren. Was ich auch gut finde ist, dass wir nicht mehr alles geschlossen haben wie im März, dass die Wirtschaft weiter laufen kann."
Die Frage, wie man den Spagat zwischen individueller Freiheit, Gesundheitsschutz und Wirtschaft hinbekommt, treibt die Schweizer genauso um wie die Deutschen. Die Schweiz hat allerdings eine etwas andere Route eingeschlagen - zwar gibt es Regeln, Bestimmungen, Beschränkungen und Maskenpflicht – aber das gesellschaftliche Leben wurde weniger heruntergefahren. Beispielsweise finden nach wie vor Aufführungen in Theatern und auf Kleinkunstbühnen statt – eben maximal vor fünfzig Besuchern. Stand jetzt ist die Schweiz auch ohne Lockdown auf einem guten Weg.
Infektionszahlen sinken wieder
Die Zahl der Menschen, die in den vergangenen Tagen positiv auf das Corona-Virus getestet wurden, ist gesunken. Für Martin Ackermann, Chef der schweizerischen Covid-19-Taskforce, freilich noch lange kein Grund zur Entwarnung.
"Beim aktuellen Stand der Epidemie befindet sich die Schweiz immer noch in einer Risikozone. Es ist dringend notwendig, dass die Schweiz möglichst schnell und möglichst nachhaltig aus dieser Risikozone rauskommt. Die Taskforce schlägt deshalb vor, dass wir uns ein konkretes Ziel setzen. Alle zwei Wochen soll sich die Zahl der neuen, täglichen Fälle halbieren, gestern hatten wir rund 8.000 gemeldete Neuansteckungen, am 25. November müssen wir bei 4.000 sein."
Ein Ziel, das nach Ansicht der Taskforce nur dann zu erreichen ist, wenn sich die Schweizer weiter strikt an die Corona-Vorgaben halten: unter anderem viel im Homeoffice arbeiten, Kontakte minimieren, nach 23 Uhr Restaurants und Kneipen schließen, Maske tragen, Abstand halten, Hände waschen.
Hoffnung auf Wintertourismus
In den vergangenen Tagen hatte es immer wieder Kritik an der Arbeit der Covid 19-Taskforce gegeben. Bundesrat Ueli Maurer von der Schweizerischen Volkspartei hatte beispielsweise kritisiert, die Taskforce sei zu sehr auf das Thema Gesundheit fokussiert. Ein Vorwurf, den Taskforce-Leiter Martin Ackermann nicht gelten lässt:
"Die Taskforce ist interdisziplinär, wir haben eine Expertengruppe in Ökonomie, für uns ist es absolut zentral, dass wir alle relevanten Perspektiven reinbringen. Und durch diesen Diskurs in der Taskforce wurde auch klar, dass Gesundheit, Wirtschaft und individuelle Freiheit Hand in Hand gehen."
Alle hoffen, dass die Schweizer Strategie aufgeht, die Zahlen zumindest bis Mitte, Ende Dezember nachhaltig sinken. Nicht nur wegen der Weihnachtsfeier mit den Lieben, sondern auch wegen der Wintersportsaison. Die ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Und schon jetzt ist klar: Wenn beispielsweise Deutschland die Schweiz nicht von der Liste der Risikoländer streicht, sieht es mit dem Geschäft wohl eher mau aus. Denn wer kann oder will es sich schon leisten, für einige Tage Skivergnügen nach der Rückkehr nach Deutschland in Quarantäne gehen zu müssen?