Ein Mittel der Pandemiebekämpfung sind nach wie vor Schnelltests. Ihre Rolle wird wieder größer: Ab dem 13. November sind wieder kostenlose Corona-Schnelltest für alle möglich. Der Bund führt damit das vor rund einem Monat stark eingeschränkte Angebot der sogenannten Bürgertests wieder ein. Damit haben alle mindestens einmal pro Woche Anspruch auf einen Schnelltest auch unabhängig vom Impf- oder Genesenenstatus.
Eine Studie trübt allerdings die Hoffnung auf die Wirksamkeit dieser breit verfügbarer Schnelltests: Das Paul-Ehrlich-Institut hat Antigen-Schnelltests unter die Lupe genommen, die in Deutschland genutzt werden. Viele erfüllen dabei nicht die Mindeststandards.
Was ist das Problem mit den Antigen-Schnelltests?
Eigentlich gelten Mindestkriterien für solche Schnelltests. Ein Kriterium ist dabei die Sensitivität, das heißt wie gut der Test in der Lage ist, das Virus nachzuweisen. Doch Untersuchungen des Paul-Ehrlich-Instituts ergaben nun, dass rund ein Sechstel der bisher untersuchten Schnelltests das Virus nicht zuverlässig genug erkennt. Das bedeutet: Das Risiko für falsch-negative Ergebnisse steigt. Infizierte Personen bekommen dann fälschlicherweise grünes Licht, um zum Beispiel in ein Altenheim zu gehen.
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Wie konnten die mangelhaften Schnelltest in Umlauf kommen?
Ein Test braucht eine sogenannte europäische CE-Kennzeichnung. Dafür überprüft der Hersteller selbst, ob sein Test die Mindestkriterien erfüllt. Das wird nicht von unabhängiger Stelle geprüft. Man vertraut auf die Angaben des Herstellers. Unabhängige Untersuchungen - wie nun vom Paul-Ehrlich Institut - belegen aber, dass viele Tests auf dem Markt die Anforderungen nicht erfüllen.
Wie groß ist das Problem?
Keiner scheint wirklich zu wissen, wie viele mangelhafte Tests im Umlauf sind. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führt zwar eine Liste mit "Antigen-Schnelltests für die professionelle Anwendung". Auf dieser Liste sind gut 560 Tests, die es in Deutschland zu kaufen gibt. Insgesamt hat das Paul-Ehrlich-Institut bereits 309 Tests von der BfArM-Liste untersucht und für gut befunden. Auf Nachfrage hieß es aber auch, dass 66 Tests bereits von der Liste geflogen sind. Auf Grundlage dieser Zahlen kann man schätzen, dass bislang ein Sechstel aller Tests mangelhaft war.
Allerdings bildet die Liste des BfArM nur einen Teil aller verfügbaren Tests ab. So hießt es auf Nachfrage beim BfArM und beim Bundesgesundheitsministerium, dass es keine komplette Marktübersicht gebe. Die EU geht von circa 750 bekannten Tests in Europa aus.
Neben dieser Liste mit Schnelltests, die sich vor allem an die Betreiber von Testzentren wendet, pflegt das BfArM eine Liste mit Selbsttests für Laien, also mit den Tests, die man im normalen Handel kaufen und zu Hause anwenden kann. Auch hier streicht das Institut Tests von der Liste, die das PEI als unzureichend klassifiziert hat.
Was geschieht mit Tests, die nachweislich mangelhaft sind?
Sie werden von der Liste gestrichen. Allerdings bleiben die mangelhaften Tests weiterhin auf dem Markt und können auch weiter verkauft werden, weil sie ein CE-Kennzeichen tragen. Auch wer die Tests auf Lager hat, wird nicht informiert, dass die Tests durchgefallen sind.
Einen Steuerungsmechanismus gibt es aber: Die BfArM-Liste ist die Grundlage dafür, dass die Tests laut Testverordnung abgerechnet werden dürfen. Sobald ein Test von der Liste fliegt, haben etwa Testzentren kein Interesse mehr, ihn anzuschaffen. Die Testzentren sollen sich monatsweise eindecken. Man kann also davon ausgehen, dass ein Test, der von der Liste gestrichen wird, noch etwa einen Monat in Deutschland verwendet wird. Hat sich aber jemand privat eingedeckt mit schlechten Tests, dann kann es passieren, dass sich die Person in falscher Sicherheit wiegt.
Was wird gegen mangelhafte Tests unternommen?
Das Paul-Ehrlich-Institut will nun sukzessive alle Tests auf der Liste prüfen, teilt aber keinen Zeitplan mit. Nächsten Mai tritt dann eine neue EU-Verordnung in Kraft, laut der eine benannte Stelle die Zuverlässigkeit der Tests vor der Markteinführung beurteilen muss. Dann sollten also keine mangelhaften Schnelltests mehr auf den Markt kommen.
Können PCR-Schnelltests die Lücke schließen?
PCR-Schnelltests sind etwas ungenauer als der PCR-Labortest, aber deutlich genauer als die Antigen-Schnelltests. Sie sind allerdings auch 20 bis 30 Mal teurer als die normalen Antigen-Schnelltests, die man so kennt. Und leider lässt sich daran auch kurzfristig nicht viel ändern. Denn für einen PCR-Schnelltest muss man eine Maschine kaufen, die all das macht, was normalerweise im Labor passiert. Und man braucht spezielle Kartuschen. Bislang funktionieren die Maschinen nur mit den Kartuschen der Maschinen-Vertreiber. Da ist also wenig Spielraum für Kostenreduktion. Hinzu kommt, dass die Anzahl der produzierten Kartuschen noch niedrig ist. Das könnte sich erst ändern, wenn die Maschinen offen gestaltet sind.