Als Ende 2019 erstmals über ein neuartiges Virus in der chinesischen Hafenstadt Wuhan berichtet wurde, war noch wenig über den Erreger bekannt. In der wissenschaftlichen Gemeinschaft wurde mit Hochdruck an Sars-CoV-2 geforscht, Geld stand in großem Umfang zur Verfügung. So gab es nicht nur bei der Coronaforschung einen Schub, auch bei anderen Gebieten der Medizin wuchs das Wissen in der Pandemie.
Lungenvernarbungen stoppen und heilen
Manche chronische Erkrankungen führen zu einer immer weiter fortschreitenden Vernarbung der Lunge und in der Folge oft zum Tod. Sie treten aber selten auf und lassen sich daher schwer studieren. Das Coronavirus hat bei vielen Erkrankten die Lunge angegriffen. Bei schweren Verläufen traten bei Patienten auch Vernarbungen der Lunge auf.
Die Vernarbungen werden von sogenannte Makrophagen (Fresszellen) verursacht, die eigentlich eine wichtige Aufgabe übernehmen: Sie entsorgen die Überreste infizierter Zellen und sondern Entzündungsstoffe ab, eine wichtige Vorbereitung der Heilung. "Auch zu viel von einer guten Sache kann wieder schlecht sein. Was wir sehen: Es hört gar nicht auf", sagt der Immunologe Leif-Erik Sander.
Forscher haben daraus Ideen abgeleitet, wie man Fresszellen daran hindern könnte, in die Lungen zu gelangen. Die Fresszellen folgen bei ihrer Invasion bestimmten Lockstoffen. Lockstoffen, die sich mit einem bereits zugelassenen HIV-Medikament blockieren lassen. Dazu läuft nun eine klinische Studie. Es besteht sogar die Hoffnung, dass bereits bestehende Lungenvernarbungen wieder heilen können, etwa bei idiopathischer Lungenfibrose oder der Staublunge.
Durchbruch bei mRNA-Impfstoffen
Die Coronapandemie hat den mRNA-Impfstoffen zum Durchbruch verholfen. Sie gab es bereits zuvor, doch mit der massenhaften Impfung der Bevölkerung bestand die Technologie den Praxistest. Die Forschungen zu mRNA-Vakzinen sind nicht auf Infektionskrankheiten beschränkt. Es besteht die Hoffnung auf individualisierte Therapien etwa gegen Krebs, Demenz oder Diabetes.
Aerosole: Neue Erkenntnisse zur Übertragung von Infektionskrankheiten
Wie hat sich das Coronavirus verbreitet? Anfangs gingen Forschende davon aus, dass der Erreger mittels Tröpfcheninfektion verbreitet wird. Später wurde deutlich, dass Aerosole eine wichtige Rolle spielen.
Aerosole sind sehr kleine Tröpfchen. Sie sind länger in der Luft und können über größere Distanzen übertragen werden. Viele Erkenntnisse sind wahrscheinlich auch wichtig für andere Atemwegserkrankungen wie Grippe, MERS oder Rhinoviren sowie für Schutzmaßnahmen gegen eine Ansteckung mit diesen.
Therapieansätze zu postinfektiösen Erkrankungen
Nach einer überstandenen Infektion wie Eppstain-Barr, Grippe oder Hepatitis können anschließend weiterhin Krankheitszustände auftreten. Das können Atemnot, verlangsamtes Denken (Brainfog) oder Belastungsintoleranz sein, auch das chronische Erschöpfungssyndrom ME/CFS kann dazugehören.
In der Coronapandemie wurden solche postinfektiöse Erkrankungen bei vielen Patienten beobachtet: Long Covid wird verstärkt untersucht. Zuvor wurde bei vielen dieser Erkrankungen von psychosomatischen Ursachen ausgegangen, durch Corona wurde die Rolle von Erregern bei nicht übertragbaren Krankheiten deutlich. Nun wird verstärkt der Zusammenhang von vorherigen Infektionen und deren Langzeitfolgen untersucht. Außerdem gibt es klinische Studien zu möglichen Therapien.
Impulse für die Virenforschung
Während der Coronapandemie wurden immer wieder neue Varianten des Erregers Sars-CoV-2 entdeckt. Wie es zur Veränderung von Viren kommt, war schwer nachvollziehbar. Zwar wurde das Virus zuvor meist in großen Mengen von identischen Kopien gezüchtet, nicht jedoch wie in der Natur als Populationen, in denen Mutanten bereits vorhanden sind.
Diese Viruswolken sollen nun nachgestellt werden, um mehr Virusvarianten untersuchen zu können. Damit könnten Forschende relevante mutierte Varianten herausfinden, die als Zoonose vom Tier auf andere Säugetiere und den Menschen überspringen könnten.
rzr