Dank des Lockdowns begannen die Corona-Zahlen in Deutschland ab Anfang April 2020 langsam zu sinken. Um diesen Trend weiter zu stärken empfahl die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina eine Maskenpflicht.
Als erstes Bundesland setzte Sachsen diesen Vorschlag um. Andere Bundesländer folgten. Ab dem 27. April 2020 war das Tragen von Atemschutzmasken deutschlandweit im Einzelhandel sowie in Bussen und Bahnen Vorschrift. Regional galten noch weitere Vorschriften, etwa für Wochenmärkte in Hamburg oder Arztpraxen in Mecklenburg-Vorpommern. Dabei ließen die zuständigen Behörden zunächst völlig offen, welche Art von Masken getragen werden sollten: selbstgenähte Alltagsmasken aus T-Shirt Stoff, OP-Masken aus Krankenhäusern oder die enganliegenden FFP2-Masken.
Alltagsmasken, FFP2 und Aerosole – es war unklar, was hilft
Der Übertragungsweg von SARS-CoV-2 ist entscheidend für die Wirksamkeit der Masken. Im Frühjahr 2020 hielten sowohl die Weltgesundheitsorganisation als auch das deutsche Robert Koch-Institut (RKI) allein die Tröpfchen relevant, die beim Niesen oder Husten entstehen. Dabei hatte schon Anfang April 2020 eine Gruppe von Forschenden Argumente für eine Verbreitung über Aerosole präsentierte. Aerosole sind viel feiner, verbreiten sich weiter und halten sich auch länger in der Luft.
Alltagsmasken fangen effektiv Tröpfchen ab. Dagegen sind die Poren im Stoff viel größer als Virenpartikel. Deshalb galten sie als wenig wirksam. Untersuchungen an verschiedenen physikalischen Instituten zeigten aber später, dass Alltagsmasken den Atemstrom so umlenken, dass die Infektionswahrscheinlichkeit sinkt.
OP- und FFP2-Masken
Die Wirksamkeit von OP-Masken ist durch die Erfahrung in den Kliniken gut belegt. Noch effektiver sind FFP2-Masken. Sie enthalten ein elektrisch geladenes Vlies, das Feinstaub und Aerosolpartikel regelrecht anzieht.
Aus Wissenschaft und Medizin gab es unterschiedliche Einschätzungen der Masken. Dafür gibt es mehrere Gründe. Es ist relativ einfach, die Filterwirkung von Masken physikalisch zu testen. Dagegen sind klinische Studien zum Beispiel mit Placebo-Masken schwierig zu organisieren. Entscheidend war aber, dass es in der Coronapandemie nicht nur um den Schutz des Einzelnen ging, sondern um die Frage, ob Masken die Ausbreitung des Virus auch auf der Ebene der Bevölkerung bremsen.
Das Beispiel Jena
Dafür sprach das Beispiel der Stadt Jena. Schon im Februar 2020 wurden dort kostenlos Schutzmasken ausgegeben, ab dem 6. April wurde es Pflicht, sie zu tragen. Die Corona-Fallzahlen gingen daraufhin deutlich zurück. Es blieb aber offen, ob das allein an den Masken lag. Eine ähnliche Studie aus Dänemark schien später nahezulegen, dass Masken nur eine geringe Schutzwirkung haben.
Die unklare Datenlage brachte auch das Robert Koch-Institut ins Schlingern. Zu Beginn der Pandemie riet das RKI nur Menschen mit einer Atemwegserkrankung zum Mund-Nasen-Schutz. Auch aus Sorge, dass sich Menschen durch die Maske in falscher Sicherheit wiegen und deshalb weniger Abstand von anderen halten könnten. Außerdem wurde befürchtet, dass hochwertige Schutzmasken für Klinikpersonal knapp werden könnten, wenn sie auch von der Allgemeinbevölkerung getragen werden.
Masken wurden überwiegend akzeptiert
In den ersten Tagen der Maskenpflicht gab es kaum Probleme, berichtete die Polizei. In Umfragen hielten sechs von sieben Personen die Maskenpflicht für angemessen.
Trotzdem gab es auch Kritik. Etwa daran, dass in einigen Bundesländern auch Kinder ab sechs Jahren einen Mund-Nasen-Schutz tragen sollten. Gerade die besonders wirksamen FFP2-Masken werden nicht in Kindergröße hergestellt und haben für diese Altersgruppe einen zu hohen Atemwiederstand. Außerdem wurde befürchtet, dass Masken die Kommunikation im Unterricht beeinträchtigen könnten. Generell zeigte später die COSPY-Studie, dass die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen mit den Masken zurechtkamen.
Der „Maskenzwang“ wurde auch der Querdenken-Bewegung kritisiert, für sie war die Maske ein Symbol der aus ihrer Sicht verfehlten Coronapolitik. Auf Demonstrationen trugen viele Teilnehmer als Zeichen des „Widerstands“ keine Maske. Diese Position blieb aber eine Minderheit. Der Deutsche Ethikrat bewertete die Maskenpflicht zum Beispiel als „vergleichsweise geringe Beeinträchtigung“.
Aus heutiger Sicht: Wie wirksam waren die Masken tatsächlich?
Das Masken individuell schützen ist inzwischen belegt. Dagegen ist es schwer, die Effektivität von Maskenpflichten auf Bevölkerungsebene nachzuweisen. Vor allem auch, weil neben den Masken meist gleichzeitigt weiter Schutzmaßnahmen in Kraft traten. Im Januar 2023 arbeitet das Cochrane Netzwerk die Studienlage zu den Masken systematisch auf. Die wichtigste Schlussfolgerung lautete: „Es gibt eine Unsicherheit über den Effekt von Gesichtsmasken.“
Dieser Satz wurde von Kritikern der Maskenpflicht aufgegriffen. Die Studie besagt aber lediglich, dass bislang keine belastbaren Daten vorliegen. Eine umfassendere Analyse vom Mai 2024 kommt zu dem Schluss, dass Maskenpflicht die Übertragung von Atemwegserregern in der Öffentlichkeit reduzieren. Auch das Europäische Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten und die britische Royal Society zieht ein eher positives Fazit.
Mund-Nasenschutz-Masken waren kein Wundermittel gegen Corona. Aber mit anderen Maßnahmen kombiniert waren die Maskenpflichten ein Puzzlestück um Infektionsketten zu unterbrechen.