Viele Sportler denken gerade intensiv darüber nach, ob nicht auch ihr Sport in einem definierten Rahmen wieder möglich ist. Allen voran Golf und Tennis:
"Also wir würden gerne wieder mit den Tennis starten, weil Tennis ein kontaktfreier Sport ist und dementsprechend glaube ich, dass man unter gewissen Richtlinien mit Sicherheit dort wieder anfangen kann um die Ansteckungsgefahr sehr weit zu minimieren."
Sagt Christian Geiger, Leiter der Tennisabteilung des SC Spelle-Venhaus im Emsland und auch Jugendtrainer für die Talente aus dem westlichen Niedersachsen. Turnierabsagen, geschlossene Gaststätten und keine Einnahmen aus Platzvermietungen, das zehrt an der Substanz des Vereins. Und trotzdem:
"Es meldet oder nervt keiner hier wirklich, alle haben Verständnis dafür. Natürlich bekommt man hier und da immer mal wieder Nachrichten, dass sie gerne was machen wollen. Es kommen auch Anfragen, ob man nicht wenigstens an der Tennisballwand ganz alleine spielen darf. Auch das ist ja momentan leider noch verboten."
Warum ist Tennis nicht erlaubt?
Solche Wünsche werden in vielfacher Weise derzeit an die Landessportbünde herangetragen, erklärt der Vorsitzende des niedersächsischen Landessportbunds, Reinhard Rawe, es kämen Fragen wie:
"Wenn ich mit einer fremden Person mich draußen aufhalten darf und ich darf da auf einem Tennisplatz mit der Person nicht Tennis spielen, dann kann ich es nicht erklären. Wir brauchen eine Planung des deutschen Sports, wann kann unter welchen Bedingungen der Breitensport wieder starten?"
Der Deutsche Olympische Sportbund hat am Mittwoch (16.04.) ein Positionspapier veröffentlicht, in dem zehn Leitplanken aufgeführt sind, unter denen sich der organisierte Sport ein stufenweises Wiederaufleben des Vereinssports vorstellt.
Vorschläge zum stufenweisen Wiedereinstieg in den Vereinssport
Das sind: Distanzregeln einhalten, Körperkontakte auf das Minimum reduzieren, Freiluftaktivitäten präferieren, Hygieneregeln einhalten, Umkleiden und Duschen zu Hause, Fahrgemeinschaften vorübergehend aussetzen, Veranstaltungen wie Mitgliederversammlungen und Feste unterlassen, Trainingsgruppen verkleinern, Angehörige von Risikogruppen besonders schützen und generell Risiken in allen Bereichen minimieren – in diesem Rahmen soll Vereinssport wieder erlaubt werden. Wie das konkret für die einzelnen Sportarten funktionieren kann, werde nun erarbeitet. Es wird veränderte Regelungen geben müssen, sagt DOSB-Vorstandsvorsitzende Veronika Rücker:
"Nicht alle Sportarten werden diese Regeln in der jetzigen Form unter den momentanen Regelungen tatsächlich realisieren können. Aber wir gehen fest davon aus, dass wir eben Varianten des Sporttreibens ermöglichen können, die sich genau an diesen Leitplanken orientieren."
Mannschaftssportarten wie Fußball, Handball, Basketball, Volleyball, Hockey werden noch länger nicht möglich sein, ebenso Sportarten, in denen man sich nahekommt wie beim Fechten oder den verschiedenen Kampfsportarten. Das heißt aber nicht, dass diese nicht auch ein Konzept erstellen könnten, erklärt Veronika Rücker:
"Wir gehen fest davon aus, dass alle Verbände in der Lage sind, auch unter diesen Leitplanken ihren Sport unter einer bestimmten Form in einer etwas modifizierten Form, aber trotzdem anbieten zu können und natürlich sieht dann zum Beispiel Basketball anders aus, wenn ich Distanzregeln einhalten muss, aber auch da kann ich ein Wurftraining organisieren oder kann Fitnesstraining machen."
Konzepte für Bundeskanzlerin und Landesregierungen
Die Konzepte der Fachverbände, die dann für einen gemeinsamen Gesamtvorschlag für das nächste Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Länderregierungschefinnen und -chefs ausgearbeitet werden, sollen zuvor von der medizinischen Kommission des DOSB überprüft werden.
Dass Sport in Vereinen grundsätzlich wieder stattfinden sollte, findet auch Sportmediziner und Kreislaufforscher Wilhelm Bloch von der Deutschen Sporthochschule in Köln richtig. Der Gesundheitssport sei zur Stärkung des Immunsystems bedeutsam. Zugleich weist Bloch darauf hin, wie wichtig weiter Vorsichtsmaßnahmen sind:
"Die Gefahr ist halt immer in so einer Lockerungssituation, dass man die Achtsamkeit verliert und in diesen Selbstüberbietungswettbewerb der Öffnung wieder geht."
Sport ist wichtig für die Gesundheit
In einer Konferenz mit anderen Medizinern hat Bloch die Gefahren der einzelnen Sportarten diskutiert. Kleinste Trainingsgruppen, die in ihrer Zusammensetzung immer gleich bleiben seien wichtig. Beim Hallensport gehe es darum, wie viele Personen sich in einer Halle gleichzeitig aufhalten, und wie die Entlüftung funktioniert. Kann bei Umluft beispielsweise auf Abluft umgestellt werden? Draußen ist das Risiko schon deutlich geringer, aber auch beim Laufen reichten eineinhalb Meter als Abstand nicht unbedingt aus, um nicht in eine mögliche infektiöse Atemluftwolke hineinzulaufen und diese tief in die Lunge einzuatmen.
"Die Problematik ist, dass wir nicht ganz genau wissen, wie lange das Virus in der Luft im Prinzip stabil bleibt in welcher Bedingung. Es gibt eine neue Studie aus dem New England Journal of Medicine aus dem März, die sagt, und das ist ziemlich ungünstig, dass das Virus im Aerosol drei bis vier Stunden überlebt und infektiös bleibt und auf bestimmten Oberflächen bis zu sechs Stunden."
Zugleich aber verteilt sich gerade in der freien Natur das Virus breiter. "Sie haben einfach mehr Verteilungsraum, wo die Aerosole nach allen Seiten weggehen können, die sind zum Teil der UV-Strahlung ausgesetzt und dann Luftströmung, die Dichte an Viren wird immer kleiner und dann ist im Prinzip die Dichte nicht mehr so hoch, dass tatsächlich eine Infektion stattfinden kann und die Viren gehen dann auch zugrunde."
Auch Tennisspieler müssen vorsichtig sein
Auch beim Tennis müssten die Spieler permanent im Kopf behalten, dass der Ball von dem Gegenüber kontaminiert sein könnte und die Hände nicht an Augen, Nase oder Mund kommen.
"Sie brauchen irgendwas, womit Sie Ihre Hände zwischendurch mal reinigen, desinfizieren können, eine Schüssel mit Wasser und Seife und ein Handtuch, den Ball können sie mit einem Reinigungstuch anfassen und dann so einpacken, aber klar ist: Die Selbstdisziplin ist da schon wichtig", warnt Sportmediziner Wilhelm Bloch.
Diesen Geist der Vorsicht bei einem Wiederaufleben des Vereinssports ist auch der DOSB-Vorstandsvorsitzenden Veronika Rücker wichtig zu betonen: "Wir werden keine Kontaktsportarten durchführen, wir werden keine Hallensportarten in umfangreichem Maße durchführen können. All das würde mir jetzt auch zu weit gehen, wir müssen jetzt tatsächlich sowohl die behördlichen Regularien berücksichtigen als auch all das, was einen Beitrag dazu leistet, Neuinfektionen zu vermeiden."
Wichtig ist der DOSB-Vorsitzenden auch dabei, dass Entscheidungen bundeseinheitlich getroffen werden. Denn das könnten Sportler gar nicht verstehen, wenn beispielsweise in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Tennis wieder erlaubt wird, in anderen Bundesländern aber nicht.