Samstagnachmittag im Frisörsalon von Heike Beckmann-Kuckhoff im Kölner Stadtteil Weidenpesch. Kundentermine stehen keine mehr an, nur die Buchhaltung wartet noch auf sie. Die Frisörin ist froh, dass in ihrem Geschäft wieder fast alles normal läuft.
„Also, ich habe ja schon ein paar Sachen wieder abgebaut. Weil hier war sonst auf jedem Platz ein Handdesinfektionsmittel. Hier war früher noch alles abgeklebt, dass ich wirklich hier diese Abstände mit 1,5 hatte."
"Wo kommt das Geld her?"
Die Corona-Pandemie hat ihr Geschäft auf eine harte Probe gestellt. Nicht nur wegen Maskenpflicht, Abstandhalten und anderer Vorkehrungen zum Infektionsschutz. Während des ersten Lockdowns, der am 22. März 2020 begann, war der Salon von Heike Beckmann-Kuckhoff wochenlang ganz geschlossen – so wie auch die meisten anderen Geschäfte, Hotels und Gastronomie-betriebe, ebenso wie Schulen und Kitas.
„Ja, dann stehst du da und weißt erst mal nicht: Was mache ich denn jetzt? Weil Mieten laufen weiter, Krankenkasse, läuft ja alles weiter. Wo kommt das Geld her? Und dann kam ja eben von unserem Land/Bund: Wir kriegen Soforthilfe. 9.000 Euro. Habe ich beantragt. Und ich glaube, am 24.3. habe ich das beantragt. Und ich hatte es auch in der ersten Aprilwoche schon auf dem Konto. War ich schon verwundert, dass das wirklich alles so schnell ging."
Mehr zum Thema:
Fast 13,5 Milliarden Euro ausgezahlt
Genauso war die Corona-Soforthilfe von Peter Altmaier und Olaf Scholz, damals Wirtschafts- und Finanzminister, einen Tag nach Beginn des Lockdowns angekündigt worden. Mit dem Hilfsprogramm sollten speziell Solo-Selbstständige und Kleinunternehmer unterstützt werden. Schnell und unbürokratisch.
„Der Zuschuss wird uns wahrscheinlich bis zu 50 Milliarden Euro kosten. Das ist sehr viel Geld. Aber da geht es eben um eine unmittelbare Hilfe, damit niemandem jetzt die Puste ausgeht."
Tatsächlich sind die Corona-Soforthilfen schnell geflossen: Ein Großteil der Antragsteller hatte das Geld laut einer Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung innerhalb von wenigen Tagen auf dem Konto. Je nach Größe des Unternehmens wurden bis zu 9.000 beziehungsweise bis zu 15.000 Euro ausgezahlt.
Knapp 1,8 Millionen Kleinunternehmen und Solo-Selbstständige haben die Soforthilfe bundesweit erhalten. Fast 13,5 Milliarden Euro wurden ausgezahlt. Der Rest von den anfangs geschätzten 50 Milliarden wurde für die vielen noch folgenden wirtschaftlichen Hilfsprogramme verwendet.
Interview mit Andreas Lutz, Verband der Gründer und Selbstständigen
Auch der Frisörin Heike Beckmann-Kuckhoff haben die 9.000 Euro zunächst geholfen, die sechswöchige Schließung ihres Ladens zu überbrücken. Im April waren ihre Angestellten zudem in Kurzarbeit. Doch die anfängliche Freude über den Soforthilfezuschuss verpuffte, als sie Ende des vergangenen Jahres den so genannten Schlussbescheid erhielt: 2.000 Euro soll die Frisörin zurückzahlen. Die Begründung: Sie hat in den Monaten März, April und Mai 2020 mehr eingenommen als erwartet.
„Ich habe quasi in Anführungsstrichen Gewinn gemacht, den ich aber nicht gemacht habe, weil das ist eine Milchmädchenrechnung, weil, ich hatte - lass mich überlegen - ... allein Corona, ich hatte Ausgaben von 15.000 Euro, wenn ich die gegen neun rechne, ist das für mich kein Überschuss. Aber dadurch, dass wir natürlich im Mai viel gearbeitet haben. Klar, hatte ich da - in Anführungsstrichen - 'normalen Umsatz', den ich sonst immer habe im Mai. Aber eben auf sieben Tage verteilt. Und zehn Stunden am Tag. Also, für mich passt das alles nicht."
Betroffene haben sich zusammengeschlossen
Heike Beckmann-Kuckhoff fühlt sich ungerecht behandelt. Sie hat sich deshalb einer Interessengemeinschaft angeschlossen, wie rund 9.000 andere Selbstständige in Nordrhein-Westfalen. Gemeinsam wollen sie sich juristisch gegen die Rückforderungen wehren. Allein beim Kölner Verwaltungsgericht sind derzeit rund 400 Verfahren anhängig. Auch in anderen Bundesländern haben sich Betroffene zusammengeschlossen: In München hat sich beispielsweise die Initiative „Friseure für Gerechtigkeit“ gegründet, die eine Verfassungsklage anstrebt.
Was viele Selbstständige kritisieren: Die Soforthilfen durften nicht für den Lebensunterhalt, sondern nur für weiterlaufende Betriebsausgaben wie zum Beispiel Ladenmieten verwendet werden. Das war auch für Basty Duellmann ein Problem. Der Kölner Produktionsmanager ist normalerweise etwa drei Viertel seiner Zeit unterwegs – er organisiert vor allem internationale Tourneen und Events.
„Ich habe die ganze Pandemie durch von Rücklagen leben müssen. Ich habe Glück gehabt, dass ich Rücklagen hatte. Viele unsere Kollegen aus der Branche hatten das nicht aus verschiedenen Gründen, weil sie es nicht anhäufen konnten, weil sie davor große Investitionen getätigt haben.“
Coronakrise - Was hilft Selbstständigen und Freiberuflern jetzt?
Zwar hat auch Basty Duellmann die 9.000 Euro Soforthilfe bekommen. Doch 6.000 Euro muss er davon zurückzahlen. Denn er hat als Solo-Selbstständiger kaum Betriebsausgaben:
„Ich habe persönlich keinen Angestellten und ich habe auch kein Büro. Ich habe keine großen laufenden Kosten. Ich habe das alles damals heruntergefahren und habe ein paar hundert Euro laufende Kosten. Wenn ich die dagegenrechne, muss ich natürlich sehr viel zurückzahlen."
Nicht für Lebenshaltungskosten verwendbar
Für Duellmann und viele andere Solo-Selbstständige besonders ärgerlich: Teilweise war zunächst der Eindruck entstanden, das Geld dürfe auch für Lebenshaltungskosten verwendet werden. So auch in NRW. Das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium schreibt dazu auf Anfrage:
„Bei der Frage, ob die Soforthilfe auch für Lebenshaltungskosten genutzt werden konnte, gab es im Frühjahr 2020 bereits nach wenigen Tagen eine Anpassung an die ablehnende Entscheidung des Bundes.“
Vom Bundeswirtschaftsministerium heißt es, am Anfang habe es möglicherweise Missverständnisse und Unterschiede in der Kommunikation gegeben. Zumal die Soforthilfe ein Zusammenlegen verschiedener Länderprogramme gewesen sei. Das Land NRW hat schließlich aus eigenen Mitteln unter bestimmten Voraussetzungen für die Monate März und April 2.000 Euro für Lebenshaltungskosten freigegeben.
Soforthilfen gingen an den Bedürfnissen der Selbstständigen vorbei
Auch in Hamburg und Baden-Württemberg gab es Geld für den Lebensunterhalt. Für den Verband der Gründer und Selbstständigen gingen die Soforthilfen trotzdem an den Bedürfnissen der Selbstständigen vorbei. Manche hätten nicht damit gerechnet, dass der Zuschuss am Ende womöglich zurückgezahlt werden müsse, erklärt der VGSD-Vorsitzende Andreas Lutz. Hinzu komme, dass besonders Solo-Selbstständige in erster Linie ihre eigenen Einkommensausfälle zu kompensieren hatten.
„Und genau dafür gab es keine Hilfe, obwohl die Soforthilfe speziell für diese Zielgruppe gemacht war, also auf den anfänglichen Enthusiasmus - 'hier hat man uns endlich gesehen' - kam dann die Ernüchterung, dass das an unseren Bedürfnissen vorbei war. Und es hat dann fast ein Jahr Kampf gebraucht, bis es dann eine Hilfe gab, die den Leuten wirklich geholfen hat.“
Corona ohne Pleite: Als Kleinunternehmer die Krise durchstehen
Damit meint er die so genannte Neustarthilfe – eines von mehreren Hilfsprogrammen, die die Bundesregierung in den vergangenen zwei Jahren aufgelegt und mehrfach verlängert hat. Die Einmalzahlungen im Rahmen der Neustarthilfe richten sich gezielt an Solo-Selbstständige mit geringen beruflichen Fixkosten. Auch 2022 läuft noch ein Neustarthilfe-Programm.
Auf die Soforthilfe folgten zunächst diverse Überbrückungshilfen - anders war hierbei, dass die Anträge durch so genannte prüfende Dritte, also zum Beispiel Steuerberater, gestellt werden mussten. Das sei auch notwendig gewesen, um Betrug zu verhindern, sagt der CDU-Politiker Andreas Mattfeldt, Mitglied im Haushaltsausschuss des Bundestags.
„Da muss es dann allerdings auch irgendeine Kontrollmöglichkeit geben. Und das hat einfach dann dazu geführt, dadurch, dass die Steuerberater da mit dabei waren, ja, ich sage mal, dass dieser kriminelle Aspekt ganz nach hinten gedrungen ist. Ich habe mir das auch nicht gewünscht, aber leider ist unsere Gesellschaft so. Wenn Politik sich auf einmal irgendwo großzügig zeigt, sind so viele Trittbrettfahrer auf einmal dabei, die das versuchen dann kriminell auszunutzen. Und davor kann Politik natürlich die Augen auch nicht verschließen. Das gehört leider auch zur Wahrheit dieser Nummer.“
12.000 Strafanzeigen, 7.000 Ermittlungen
Rund um die Soforthilfen wurden knapp 12.000 Strafanzeigen gestellt, in gut 7.000 Fällen wurden Ermittlungen eingeleitet. Die mutmaßlichen Betrugsfälle variieren dabei von erfundenen oder nicht mehr aktiven Unternehmen bis hin zur missbräuchlichen Verwendung der Daten Dritter. In Hessen warnte die Polizei beispielsweise vor Cyberkriminellen, die gefälschte Antragsformulare per E-Mail verschickten. In Nordrhein-Westfalen war die Auszahlung der Soforthilfen sogar zwischenzeitlich ganz gestoppt worden, weil Betrüger auf gefälschten Webseiten die Daten von Antragstellern abgegriffen hatten, um das Geld selbst zu erhalten.
Insgesamt seien die Hilfen aber nicht nur gut gemeint, sondern auch weitestgehend gut gemacht worden, findet CDU-Politiker Mattfeldt. Und Robert Säverin, Sprecher des inzwischen grün geführten Bundeswirtschaftsministeriums, erklärt im Rückblick auf die Soforthilfe:
„Aus diesem ersten Programm haben wirklich alle sehr viel gelernt, und das war aber offenbar auch nötig. Denn es musste ja innerhalb von kürzester Zeit dort ein Programm aus dem Boden gestampft werden. Keiner hatte jemals Erfahrung mit solchen Sachen. Im Bund nicht, in den Ländern nicht. Und schon von einem Förderprogramm zum anderen hat man tatsächlich gelernt daraus. Und hat die Dinge immer wieder besser gemacht, bis sie jetzt, Überbrückungshilfe IV, wirklich so sind, dass es nur noch sehr wenige Schwierigkeiten gibt.“
Erhoffte, stabilisierende Wirkung
Bei den Bedingungen für die Rückzahlungen der Soforthilfen versuche man auch, den Betroffenen entgegenzukommen, zum Beispiel mit Stundungen. Etwa zwölf Prozent der Bewilligungen seien mit Rückzahlungen verbunden. Welchen Effekt hatten die Hilfsprogramme für Selbstständige zu Beginn und im Laufe der Pandemie also? Friederike Welter, Präsidentin des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn, bilanziert:
„Also, ganz einfach auf den Punkt gebracht: Ohne wäre es schlimmer gewesen. Die Hilfspakete haben schon eine erhoffte, stabilisierende Wirkung entfaltet. Nein, das muss man wirklich so sehen.“
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hat während der Pandemie mehr als 20.000 Selbstständige online befragt. Im März 2021 kam das Institut in Bezug auf die Corona-Soforthilfen zu der Einschätzung: Die Hilfen hatten vor allem dann einen positiven Effekt, wenn sie schnell ausgezahlt wurden.
Die DIW-Forscher kritisieren aber auch, dass das Geld nicht für den Lebensunterhalt verwendet werden durfte. Sie kommen zu dem Schluss, dass eine Einmalzahlung keine maximale Wirkung entfalte. Statt einer Vielzahl von Programmen plädieren sie für ein einziges fortlaufendes Hilfsinstrument.
Grundsicherung hat ein Imageproblem
Neben den Zuschüssen in Form der Corona-Soforthilfe verwies die Bundesregierung auch auf den erleichterten Zugang zur Grundsicherung für Selbstständige, die wegen der Pandemie ihrer Arbeit nicht nachgehen konnten. Olaf Scholz, damals noch Finanzminister, im März 2020:
„Wir öffnen auch die Grundsicherung für alle diejenigen, die jetzt in Einkommensnot geraten, viele Selbstständige, Solo-Selbstständige, Künstler.“
So wurden beispielsweise Vermögen erst ab einer Höhe von 60.000 Euro berücksichtigt und die Wohnverhältnisse nicht auf Angemessenheit überprüft. Ökonomin Welter beobachtet jedoch, dass die Grundsicherung für viele Unternehmerinnen und Unternehmer ein Imageproblem darstelle.
Corona mehrt soziale Dysbalance - Interview mit Christoph Butterwegge, Soziologe
Falko Mohrs sitzt für die SPD im Wirtschaftsausschuss des Bundestags. Er ist überzeugt: Auch für Selbstständige ist die Beantragung von Grundsicherung zumutbar.
„Wir haben eben schon gesagt, dass wir natürlich nicht vier Millionen Menschen sagen: 'Für dich ist die Grundsicherung angemessen.' Und dann kommt aber die Unternehmerin oder der Unternehmer oder der Solo-Selbständige und sagt: 'Für mich ist die Grundsicherung aber nicht angemessen.' Und da haben wir schon gesagt: 'Moment mal. Das funktioniert nicht.' Weil wir natürlich auch nicht mit zweierlei Maß messen können. Bei dem einen ist es die richtige Unterstützung und bei dem anderen nicht.“
Tatsächlich haben während der Lockdowns viele Selbstständige Grundsicherung beantragt: Während die Zahl vor der Pandemie bei rund 1.000 Anträgen pro Monat lag, schnellte sie im Frühjahr 2020 auf mehr als 33.000 hoch. Seit Januar dieses Jahres habe sich die Situation aber wieder normalisiert, teilt die Bundesagentur für Arbeit mit.
Die Zahl der Selbstständigen hat stark abgenommen
Und was lässt sich aus den Erfahrungen und Beobachtungen der vergangenen zwei Jahre Pandemie allgemein für die Situation von Selbstständigen in Deutschland ableiten? Für Andreas Lutz vom Verband der Selbstständigen und Gründer sind die Fehler bei der Corona-Soforthilfe symptomatisch für ein größeres Problem:
„Die Zahl der Selbständigen hat in der Corona-Krise um etwa 300.000 abgenommen in Deutschland. Nimmt man die ganze Regierungszeit der großen Koalition um 600.000. Wir haben seit zwölf Jahren Jahr für Jahr einen Rückgang bei den Selbständigen. Das Gründungsgeschehen liegt am Boden. Und dieses Versagen bei der Hilfe vor allem im Jahr 2020 hat natürlich viele Leute darin bestärkt, Selbstständigkeit als etwas Riskantes wahrzunehmen. Und daran werden wir noch lange zu kauen haben. Den Selbstständigen in so einer Situation auch fairerweise zu helfen, sie einfach auch in anderen Bereichen fair zu behandeln. Das ist wichtig, auch damit es einfach Gründungen gibt, damit unsere Wirtschaft auch in Zukunft ja gut vorangeht.“
Scholz (SPD) zu Corona-Hilfen: „Kreditprogramm ist jetzt scharf geschaltet“
Das Institut der deutschen Wirtschaft kommt in einem aktuellen Papier zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie in Deutschland zu ähnlichen Zahlen: Im dritten Quartal 2021 lag die Anzahl der Selbstständigen demnach um mehr als 200.000 Personen unter dem Vergleichsquartal im Jahr 2019. Wobei die Zahl der Selbstständigen eben auch vor der Pandemie schon rückläufig war. Ist Deutschland also selbstständigenfeindlich? CDU-Haushaltspolitiker Andreas Mattfeldt betreibt selbst eine Brauerei.
„Ich möchte es nicht als selbstständigenfeindlich beschreiben. Ich möchte nur sagen, dass die Hürden für die Selbständigkeit - und ich habe nun auch Unternehmen gegründet - dass das unheimlich schwer ist. Das ist in anderen Ländern glaube ich doch erheblich einfacher."
Das Münchner ifo-Institut für Wirtschaftsforschung berechnet regelmäßig den Geschäftsklimaindex für Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmen. Im Februar dieses Jahres beobachteten die Forscher zwar einen vorsichtigen Optimismus: Der Wert liegt im Unterschied zu den Vormonaten wieder im Plus. Trotzdem schätzen Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmen die Lage um fast 14 Punkte schlechter ein als die Gesamtwirtschaft. Die schwache Nachfrage ist demnach derzeit eines der größten Probleme.
Falko Mohrs von der SPD erklärt den Rückgang der Selbstständigkeit vor allem mit dem Fachkräftemangel auf dem deutschen Arbeitsmarkt:
„Und insofern haben natürlich viele, die bisher solo-selbstständig waren, jetzt in der Krise sich eine Festanstellung irgendwo gesucht und natürlich auch gefunden, bei der Menge an offenen Stellen. Und das erklärt glaube ich auch warum. Weil eben der Arbeitsmarkt in Deutschland so gut ist, dass genau deswegen eben viele die Solo-Selbstständigkeit verlassen haben.“
Gleichzeitig wolle man aber auch eine Atmosphäre schaffen, in der sich Menschen selbstständig machen oder in die Selbstständigkeit zurückkehren wollen. Dazu gehöre unter anderem die Frage der besseren Absicherung von Solo-Selbstständigen. Tatsächlich sieht auch der Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien einige Anpassungen im Bereich der Selbstständigkeit vor. So sollen zum Beispiel mehr und einfacher zugängliche Förderprogramme geschaffen werden.
Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sollen nur noch strikt einkommensbezogen erhoben und neue Selbstständige zur Altersvorsorge verpflichtet werden. Besonders ambitioniert scheint das Ziel, Unternehmensgründungen innerhalb von 24 Stunden zu ermöglichen.
Die nächste Krise hat schon längst begonnen
Gerade mit Blick auf die Gründungen zeichnet die Ökonomin Friederike Welter vom Institut für Mittelstandsforschung ein differenziertes Bild: Zwar liege das Gründungsgeschehen noch nicht wieder auf dem Vor-Pandemie-Niveau. Doch vom starken Einbruch im Jahr 2020 habe man sich erholt. Wichtig sei nun, dass Unternehmen sicher sein können, bei einer weiteren Pandemie-Welle aufgefangen zu werden.
„Ich denke, es ist kommunikativ auch wichtig, dass signalisiert wird, wenn jetzt noch mal eine Welle kommt, und wir sehen, dass da jetzt irgendein Bereich oder irgendeine Unternehmensgröße in Schwierigkeiten gerät, dann sind wir auch in der Lage und bereit, noch mal zu schauen: Was muss man da jetzt spezifisch machen? Das ist ganz wichtig auch für dieses Bewusstsein bei den Unternehmern und Unternehmerinnen, so nach dem Motto 'wir können weitermachen'. Und es gibt auch den einen oder die andere, die aufgeben, weil sie das Gefühl haben, 'Ich habe zwar ein tolles Unternehmen, aber ich schaffe es nicht mehr'. Also diese, wenn Sie so wollen, die persönliche Widerstandskraft ist irgendwann bei manchen aufgebraucht.“
Das Problem ist: Die nächste Krise hat schon längst begonnen. Denn die Auswirkungen des russischen Krieges gegen die Ukraine sind nicht nur in Form von gestiegenen Energiekosten bei den Unternehmen und Selbstständigen in Deutschland angekommen. Auch für den Produktionsmanager Basty Duellmann hat der russische Angriff die beruflichen Pläne durchkreuzt:
„Ich hätte jetzt meinen Neustart, wenn man so sagen kann, nach Corona, nach den zweieinhalb Jahre Corona-Pause, Zwangspause, hätte ich mit einer Russland-Tournee angefangen. Die wird jetzt auch abgesagt, verschoben. Ganz klar, fährt keiner hin. Das heißt die ersten Jobs, die fangen erst im Sommer für mich an.“
Die Bundesregierung plant bereits Wirtschaftshilfen für vom Ukraine-Krieg betroffene Unternehmen. Aus den Corona-Hilfsprogrammen lässt sich dabei einiges lernen.