Archiv

Corona und der Immobilienmarkt
Ende eines rasanten Wachstums

Die Immobilienpreise sind in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Mit der Coronakrise drohen jetzt Mietausfälle und Verzögerungen auf den Baustellen. Ökonomen sehen daher eine Wende auf dem Immobilienmarkt. Wie sich die Verhältnisse neu sortieren, kommt auf die weitere Entwicklung an.

Von Jessica Sturmberg |
Sonnenuntergang im Bankenviertel von Frankfurt, in der Mitte die Commerzbank, vorne die Paulskirche.
Der Immobilienmarkt wird sich verändern. Insbesondere Gewerbeimmobilien werden neu bewertet werden. (imago)
Wer gerade plante eine Immobilie zu kaufen oder umzuziehen, legt die Pläne meist auf Eis. Wohnungsbesichtigungen sind derzeit kaum durchführbar, Notartermine werden verschoben, und viele Menschen verlieren gerade ihre Einkommensbasis oder können noch gar nicht abschätzen wie viel Geld sie demnächst zur Verfügung haben werden.
Wie viel in der Immobilienwirtschaft nachgeholt werden kann und wie viel verloren geht, das schätzt Michael Voigtländer, Immobilienexperte des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft so ein:
Neubewertung von Immobilien
"Es kann einiges nachgeholt werden, aber es bleibt auch so eine gewisse Unsicherheit, also für viele Menschen stellt sich die Frage kann ich mir die größere Wohnung eigentlich noch leisten, wenn ich vielleicht meinen Job verliere, kann ich mir das Haus, was ich kaufen wollte, eigentlich noch leisten und ich glaube die Unsicherheit wird uns das ganze Jahr über noch begleiten. Von daher denke ich, dass Transaktionsgeschehen in diesem Jahr deutlich zurückgehen wird, deutlich weniger Wohnungen gewechselt werden und deutlich weniger Wohnungen auch wieder verkauft werden."
Mieten werden ausfallen, ob von Menschen, die derzeit kein Einkommen haben oder Ladenmieten von Einzelhändlern, die ihre Geschäfte geschlossen halten müssen, ebenso Hotels oder Gaststätten. Das bedeutet, dass die Ertragsquelle unsicherer wird, das heißt Immobilien werden neu bewertet werden. Claus Michelsen, der Konjunktur- und Immobilienexperte vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Berlin sieht das vor allem bei den Gewerbeimmobilien:
"Bei den gewerblichen Immobilien erwarte ich die meisten Neubewertungen, weil ja genau hier dann eben die Geschäftsmodelle, die dahinterliegen, also Dienstleistungen, die in Bürogebäuden erbracht werden möglicherweise doch sehr deutlich negativ beeinflusst werden und das hat dann Rückwirkungen auf die Rentabilität dieser einzelnen Geschäftsmodelle und der Möglichkeit Mieten zu bezahlen. In der Gemengelage müssen sich auch Projektentwickler bewegen, die dann Einzelhandelsgebäude, Hotelgebäude oder eben Bürogebäude entwickeln und hier dürfte das doch auch zu eine deutlichen Beruhigung der Preisentwicklung führen, was wir jetzt auch aktuell beobachten."
Geben Banken privaten Vermietern auch mehr Zeit?
Bei den Wohnimmobilien lagen Ende vergangenen Jahres die Preise durchschnittlich um 5,7 Prozent höher als im Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt errechnet hat. Dass die Immobilienpreise nun drastisch sinken werden, davon ist wiederum auch nicht auszugehen. Es gibt nach wie vor Wohnungsmangel in Ballungsräumen. An vielen Baustellen kann nicht mehr in der gleichen Weise gearbeitet werden wie zuvor, ausländische Arbeitskräfte fehlen, Zulieferungen finden zum Teil nicht mehr statt, Kontaktverbote schränken die Arbeit ein. Es wird zu Verzögerungen kommen, die auch nicht mehr aufgeholt werden können, sagt der Immobilienökonom Günther Vornholz von der Bochumer EBZ-Business School:
"Weil die Kapazitäten ausgebucht sind. Wir haben derzeit schon hohe Kapazitätsauslastungen und weil auch in der nächsten Zeit nichts groß investiert wird, werden die Kapazitäten nicht steigen."
Und dazu kommt: Auch wenn das Risiko von Mietausfällen steigt, so sind die Alternativen für Geldanlagen durch die Nullzinsen auch noch immer dürftig und das Geld für Investoren wiederum günstig:
"Solange die Bereitschaft Geld zu verleihen groß ist, die Liquidität bei den Banken gegeben ist, dürfte dieser Zinskanal die Immobilieninvestitionen attraktiver machen, d.h. die Zinsentwicklung stützt das ganze Geschehen, die realwirtschaftliche Entwicklung drückt tendenziell die Immobilienmarktdynamik."
Auch kommunale Wohnungsunternehmen in Gefahr
Die Frage ist allerdings auch, wie gehen Geldhäuser damit um, wenn etwa private Vermieter durch Einnahmeausfälle Kredite nicht mehr bedienen können. Bekommen sie dann auch mehr Zeit?
Ebenso wichtig für den sozialen Wohnungsbau - die Lage kommunaler Wohnungsunternehmen.
"Wenn man gerade in Ostdeutschland denkt. Wohnungsunternehmen haben da bis zu 40 Prozent Leerstand, kommen da nochmal Mietrückstände hinzu, dann sind viele kommunale Wohnungsunternehmen in Gefahr."
Sagt Ökonom Günther Vornholz. Das träfe dann auch wieder Kommunen, die ihrerseits auch auf Finanzhilfen des Bundes hoffen.