In den Medienhäusern ist die Stimmung weiter schlecht. In manchen Verlagen gibt es immer noch Kurzarbeit. Das Wochenmagazin Stern hat im Juni sogar große Teile der Redaktion in Kurzarbeit geschickt. Dementsprechend fällt auch die Bewertung von Stephan Scherzer aus, dem Hauptgeschäftsführer beim Verband Deutscher Zeitschriftenverleger VDZ.
"Die Verlage müssen sich in ausgesprochen schwierigen Zeiten behaupten. Werbeausgaben wurden mit Beginn der Krise stark heruntergefahren, Messen und Konferenzen sogar verboten. Hier sind Umsatzeinbrüche bis 80 Prozent die Folge gewesen."
Fehlende Werbeeinnahmen
Bei Tageszeitungsverlagen ist die Situation nicht ganz so dramatisch, aber auch der Zeitungsverlegerverband BDZV spricht von hohen Rückgängen auf dem Werbemarkt. Diese Situation wird sich auch nicht verbessen, prognostiziert Bjørn von Rimscha, Professor für Medienwirtschaft an der Universität Mainz.
"Es ist so, dass das noch nicht ausgestanden ist, und das ist auch die Frage, ob das überhaupt wieder zurückkommt. Wenn jetzt Werbekunden sich entschieden haben, ich verzichte erstmal auf Werbung in der Zeitung, dann ist durchaus nicht ausgemacht, dass nur wenn die wirtschaftliche Situation für die Werbekunden wieder besser wird, sie auch wieder mehr Geld für Werbung in der Zeitung ausgeben. Vielleicht geben sie dann auch für Werbung in anderen Werbeformen aus, also, dass sie dauerhaft weg sind."
Mehr Leser im Digitalen?
Auf dem Werbemarkt sind die Aussichten also düster. Hoffnung macht der Verlagsbranche allerdings der Zuwachs im digitalen Geschäft. Scherzer vom VDZ sagt: "Gleichzeitig sind die Lesermärkte weitgehend stabil geblieben. Die Nachfrage nach fundierten journalistischen Informationen ist seit März auf allen Kanälen – Digital und Print – gewachsen."
Doch auch an dieser Stelle hat der Medienökonom von Rimscha Bedenken: "In der Krise wollten die Rezipienten mehr Medien nutzen, blöderweise waren sie aber nicht bereit, dafür mehr zu zahlen. Sie haben vielleicht noch mal zusätzlich ein Streaming-Abo abgeschlossen, um sich die Zeit zu vertreiben. Aber für Information ist die Zahlungsbereitschaft auch in der Krise nicht unbedingt höher."
Für die Tageszeitungen liegen noch nicht besonders viele öffentliche Daten vor, wie sich die Auflage entwickelt. Bei den großen Zeitschriften Spiegel, Stern und Focus ist die verkaufte Printauflage während der Ausgangsbeschränkungen teilweise deutlich abgesackt. Beim Spiegel und beim Focus sind die Zahlen allerdings zuletzt wieder etwas gestiegen – die Lockerungen der Ausgangsbeschränkungen zeigen wohl auch an dieser Stelle Wirkung.
Stern und Spiegel haben gleichzeitig deutliche Zuwächse auf dem Digitalmarkt zu verzeichnen – gut 20 Prozent mehr Digital-Abos. Sie konnten also Leser während der Pandemie überzeugen.
Sondereffekt durch Corona?
Möglicherweise ist das aber eher ein Sondereffekt durch die Corona-Pandemie, in der die Menschen viel Zeit zu Hause verbracht haben. Von Rimscha glaubt nicht, dass es demnächst viele Neukunden geben wird.
"Medienrezipienten sind nicht dankbar. Niemand wird sozusagen im Nachgang sagen, ach die haben mich informiert in der Krise, dann schließe ich jetzt das Abo ab. Das heißt, Abos die jetzt nicht in der Krise abgeschlossen wurden, die werden auch danach nicht abgeschlossen. Jetzt war der Zeitpunkt, wo man kriegen konnte und die Zahlungsbereitschaft vielleicht abzuholen, aber es ist dann vielleicht umgekehrt das Problem gewesen, dass die Leute ihr Geld zusammenhalten wollen."
Gewerkschaften uneinig
Den Verlust auf dem Werbemarkt können die neuen Digital-Abos ohnehin nicht ausgleichen. Die Frage ist also, wie geht es weiter? Bei den Gewerkschaften wird die Situation unterschiedlich eingeschätzt. In der Deutschen Journalisten Union wird eine weitere Pressekonzentration befürchtet, also weniger Meinungsvielfalt. Gleichzeitig erwartet die Gewerkschaft weiteren Stellenabbau durch die Corona-Pandemie
Der Pressesprecher des Deutschen Journalistenverbandes schreibt auf Anfrage dazu wörtlich: "Zunächst einmal noch nicht. Und ich hoffe stark, dass es dazu auch nicht kommt. Wir werden jedenfalls genau hingucken." Der Medienökonom von Rimscha glaubt ebenfalls nicht an eine weitere Pressekonzentration:
"Weil das Problem ist, die Übernahmekandidaten sind nicht attraktiv. Insofern, Pressekonzentration habe ich dann, wenn die Partei, die übernimmt, das Gefühl hat, sie kann da was gewinnen, weil sie Synergien heben kann, weil sie durch größere Stückzahlen sparen kann, aber die Titel, die jetzt in Schwierigkeiten sind, die sind nicht wahnsinnig attraktiv und auch nicht unbedingt in Regionen, wo jetzt ein anderer Verlag sagt, ja, da kann ich, dadurch, dass ich das mit mir zusammenlege, viel heben."
Personalabbau?
Er glaubt allerdings, dass weiter Stellen in den Redaktionen abgebaut werden.
"Natürlich wird’s die geben, aber schlau sind die nicht, zumindest nicht notwendigerweise. Also natürlich müssen auch Verlage nicht einfach nur an das Gute, Wahre, Schöne denken, sondern auch an die Jahresabschlussrechnung und wenn die Kosten zu hoch sind, müssen die runter. Die Frage ist nur, welches Personal macht Sinn einzusparen? Reflexartig wird dann gerne auf die Journalisten verwiesen und vielleicht ist es aber auch sinnvoll mal darüber nachzudenken, ob nicht an anderer Stelle, auch wenn es darum geht ,Personal abzubauen, gespart werden kann."