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Corona und Weltkonjunktur
OECD kritisiert das Gesundheitsmanagement und Impftempo in der EU

Die Weltwirtschaft kommt laut OECD langsam wieder auf die Beine. Die Chef-Ökonomin der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kritisierte aber die langsame Impfkampagne in der EU und warnte vor den ökonomischen Folgen.

Von Christiane Kaess |
Die Chefökonomin der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Laurence Boone, bei einem Symposium in Paris
OECD-Chefökonomin Laurence Boone (IMAGO / IP3press / Vincent Isore)
Der Start der Impfkampagnen und die Ankündigungen für weitere Finanzhilfen haben der Wirtschaft weltweit geholfen, wieder auf die Beine zu kommen. Auch dass Unternehmen und Behörden besser mit den Maßnahmen gegen das Virus zurechtkommen, hilft. Das globale Bruttoinlandsprodukt sehen die Experten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) um fünfeinhalb Prozent in diesem Jahr und um vier Prozent 2022 wachsen. Schneller als erwartet.
Die Chef-Ökonomin der OECD, Laurence Boone, ist dennoch besorgt: "Wenn wir im Krieg gegen das Virus sind, müssen wir die Produktion von Impfstoffen steigern und sie viel schneller anwenden. Das heißt mehr Lizenzen, mehr Transfer von Technologien und Impfzentren, die sieben Tage die Woche arbeiten."

Kritik an der EU

Nur dann könnten die Menschen wieder ungehindert ausgehen, in Restaurants oder Geschäften konsumieren. Das zeige sich unter anderem in Israel. Deutschland und Frankreich dagegen nannte die OECD-Vertreterin als Beispiele für Länder, die viel langsamer impfen und in denen weiter starke Einschränkungen bestehen.
Auf die EU bezogen glaubt Boone: "In Europa haben wir eine Kombination aus schlechtem Gesundheitsmanagement und langsamem Impfen, was der Wirtschaft nicht erlaubt, sich zu öffnen. Obwohl die finanzpolitische Unterstützung da ist und messbar ist, ist diese nicht voll effektiv – so lange die Wirtschaft nicht geöffnet wird."
Ein Flaschchen des Covid-19-Impfstoffes von AstraZeneca wird aus der Verpackung genommen. Madrid, 27.02.2021.
Udo Bullmann (SPD) - "Wir brauchen dringend eine weltweite Impfstrategie"
"Wenn wir nicht nur auf den eigenen Bauchnabel schauen, haben wir eine Chance das Virus möglichst schnell auszurotten", sagte der SPD-Politiker Udo Bullmann im Dlf. Die EU dürfe nicht nur die eigenen Interessen im Blick haben, kritisierte der langjährige Europaabgeordnete und forderte eine weltweite Impfstrategie.
Vielen asiatisch-pazifischen Ländern bescheinigt die OECD, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie durch wirksame öffentliche Gesundheitsmaßnahmen eingedämmt wurden. Zudem profitieren diese Staaten von der wirtschaftlichen Erholung Chinas. Dass die Wirtschaft in den USA nun finanzpolitisch stark gestützt wird, werde zu einer schnelleren Erholung weltweit führen, glauben die Experten. Die OECD hat die massive finanzielle Unterstützung des amerikanischen Wiederaufbauplans in ihre Prognose miteinbezogen.
Dem wirtschaftlichen Aufwärtstrend hilft die starke Nachfrage nach IT und medizinischen Geräten. Generell blieb der Konsum in den letzten Monaten des vergangenen Jahres aber eher zurückhaltend. In den Haushalten wurde das das Geld auf die Seite gelegt. Länder, die stark vom Tourismus und internationalen Reisen abhängen, fielen im letzten Jahr weiter zurück.
Und noch eine schlechte Nachricht hatte Lawrence Boone für das weltweite Wirtschaftswachstum: "Wir korrigieren eine Menge Länder nach oben, aber nicht alle. Und für die meisten Länder ist es nicht genug, um auf den Stand vor der Pandemie zurückzukommen. Die Krise verschärft das Auseinanderklaffen auf der ganzen Welt."

Langsame Erholung des Arbeitsmarkts

So blieben aufstrebende Länder wie Indonesien, Indien oder Südafrika weiter hinter den Erwartungen vor der Pandemie zurück. Der globale Arbeitsmarkt erholt sich langsam. Maßnahmen wie Kurzarbeit helfen, Arbeitsplätze in Europa zu erhalten. Dennoch sind in den 37 OECD-Mitgliedstaaten fast zehn Millionen mehr Menschen arbeitslos als vor der Corona-Krise. Besonders hart betroffen aber sind wieder einmal die Entwicklungsländer. Dort lässt der Verlust von Millionen Jobs auch die Armut wieder ansteigen. Vor allem der Dienstleistungssektor mit vielen sozialen Kontakten ist durch die Pandemie schwer getroffen.
In den meisten Ländern sorgen Freizeit, Gastgewerbe, Transport oder Einzel-, und Großhandel für 20 bis 30 Prozent an Arbeitsplätzen. Unter dem Einbruch leiden hier wiederum vor allem Frauen, Jugendliche und die unteren Einkommensklassen. Besonders ihnen sollte die finanzielle Unterstützung gelten, mahnt die OECD und warnt gleichzeitig, die finanzpolitischen Maßnahmen nicht zu schnell zurückzufahren. Außerdem sollte die gegenwärtige lockere Geldpolitik beibehalten werden.