Schwarze Schafe gibt es immer – und deswegen überprüft die Bundesagentur für Arbeit in manchen Fällen auch vor Ort, ob das ausbezahlte Kurzarbeitergeld tatsächlich berechtigt ist oder nicht. Und es gibt auch immer wieder Fälle, wo Beschäftigte Arbeitnehmervertrer:innen und Gewerkschaften informieren, dass in ihrem Betrieb etwas nicht mit rechten Dingen zugehe.
"Das ist kein neues Phänomen. Das kennt man ja auch aus anderen Gewerben wie zum Beispiel dem Baugewerbe oder der Metallindustrie, dass man dort schon auch in der Vergangenheit bei Kurzarbeit von Missbrauch gesprochen hat, also das ist kein neues Phänomen", sagt verdi-Gewerkschaftssekretär Özay Tarim aus Nordrhein-Westfalen.
"Wir haben einen Fall aus dem Sicherheitsgewerbe hier in Nordrhein-Westfalen in einer Flüchtlingseinrichtung des Landes Nordrhein-Westfalen, die im Auftrag der Bezirksregierung des Landes betrieben wird".
Experten erwarten Anstieg der Fälle
Noch gibt es keine verlässlichen Daten darüber, wie weit solche Missbräuche von Kurzarbeitergeldern verbreitet sind. Experten gehen aber davon aus, dass die Anzahl der Fälle etwas größer sein dürfte als früher. Denn in dieser Krise sind oder waren alle Teile der Wirtschaft durch den Lockdown betroffen, in früheren Krisen war Kurzarbeitergeld ein Phänomen, das fast ausschließlich in Industriebetrieben Anwendung gefunden hatte.
"Also wir können jetzt in unserem Dienstleistungsbereich nicht von häufigen Fällen sprechen. Aber es ist schon bekannt, dass in vielen Bereichen so etwas zustande kommt, da kann man jetzt nicht von einem systematischen Betrug sprechen, aber man kann schon von Fällen sprechen, die natürlich bekannt geworden sind."
Speziell in diesem Fall gilt auch, dass Kurzarbeit nur dann zu Recht in Anspruch genommen werden kann, wenn Arbeits- und damit verbundene Lohnzahlungsausfälle ausschließlich durch die Corona-Pandemie verursacht sind.
Mark Lembke, Arbeitsrechtsanwalt in der Kanzlei Greenfort: "Das wichtigste ist, dass die Kurzarbeit ordnungsgemäß angeordnet wird. Das ist Vorrausetzung, dass sie in Kurzarbeit gehen und Geld gewährt wird. Und da ist zu differenzieren zwischen unterschiedlichen Betrieben: Ist der Betrieb tarifgebunden? Wenn der Betrieb einen Betriebsrat hat, muss ich eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat abschließen. Wenn es keinen Betriebsrat gibt, brauche ich eine individuelle Vereinbarung mit allen Arbeitnehmern, die betroffen sind."
Genaues Melden der richtigen Daten wichtig
Ist Kurzarbeit dann angemeldet und fließen entsprechend die Gelder von der Bundesagentur für Arbeit, müssen Unternehmen dann auch aufpassen, wenn sich die Lage ändert. Wenn also beispielsweise wieder Aufträge ins Haus flattern und der ein oder andere Mitarbeiter doch wieder gebraucht wird. Das müssen Unternehmen dann natürlich offenlegen. Stefan Schwab, Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Noerr, warnt in dieser Hinsicht vor allem beim Thema Überstunden.
"Arbeitgeber sind gut beraten, ihre Belegschaft anzuweisen, nur soweit zu arbeiten wie die Arbeitszeit reduziert worden ist. Das heißt, dass Überstunden vermieden werden sollen. Das ist ja häufig in der Praxis so dass viele Unternehmen da ein Stück weit den Mitarbeitern Flexibilisierungs-Möglichkeiten eröffnen, so dass das nicht immer so exakt angeordnet wird, sondern der Mitarbeiter auch eigene Hand hat. Und in dem Kontext ist es wichtig, dass gerade wenn Kurzarbeit bezogen wird, sich die Arbeitszeit nicht permanent erhöht und permanente Überstunden abgeleistet werden".
Auf möglicherweise anfallende Überstunden müssen also beide Seiten aufpassen – sowohl Arbeitgeber als auch die Beschäftigten. Denn Beschäftigten könnte das im Zweifel als Mithilfe zum Betrug ausgelegt werden. Die Hauptrisiken allerdings in Zeiten von Kurzarbeit liegen in diesem und auch anderen Fällen wie dem genauen Melden der richtigen Daten bei den Arbeitgebern.