Die Eckpunkte für die Coronahilfen Profisport, die das Bundesinnenministerium im August veröffentlichte, ließen eigentlich keine Fragen offen. Damit sollten "unverschuldet entgangenen Einnahmen aus Ticketverkäufen abzüglich der darauf entfallenden Steuern ausgeglichen werden", hieß es wörtlich. Der Haushaltsausschuss des Bundestages genehmigte für dieses Programm insgesamt 200 Millionen Euro, um den Profiklubs in Mannschaftssportarten wie Hockey, Basketball und Handball 2020 durch die Pandemie zu helfen.
Die Berechnung der Zuschüsse klang im Eckpunktepapier simpel. Sie richteten sich nach den Einnahmenverlusten aus den Ticketverkäufen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Ein Klub kann maximal einen Zuschuss in Höhe von 800.000 Euro bekommen. Darüber habe man sich gefreut, sagt Marc Weinstock, der Aufsichtsratsvorsitzende des THW Kiel, der pro Saison etwa fünf Millionen Euro durch Tickets erlöst: "Wir haben die Bundesmittel so verstanden, dass der Bund sagt: Wir helfen Euch, wenn Ihr weniger Tickets verkauft habt."
Dennoch liegen nach Angaben eines BMI-Sprechers bis heute nur 16 Anträge für dieses Programm vor. Das liegt womöglich an den Tücken der Richtlinien, die das Bundesverwaltungsamt als ausführende Behörde Ende August veröffentlichte. Darin heißt es nämlich, dass die Klubs eine Erklärung abgeben müssten, wonach die Höhe der Zuschüsse den Verlust in 2020 nicht übersteige. Zusammengefasst: Nur wer Verluste macht, bekommt die Beihilfe. Daran wird sich wohl auch nichts ändern, wie das BMI gegenüber dem Deutschlandfunk durchblicken ließ. Es verwies hier auf den Beschluss des Haushaltsausschusses, wonach die Coronahilfen im Profisport für diejenigen Klubs aufgelegt wurden, die unverschuldet und Corona-bedingt in eine wirtschaftliche Notsituation geraten seien.
Wenn aber die Klubs nur Beihilfen in Höhe der ausgewiesenen Verluste bekämen, würde kaufmännisch seriöses Handeln in der Pandemie bestraft, kritisiert nicht nur Weinstock. Womöglich führen die Beihilfen sogar zu Wettbewerbsverzerrung. So könnten Profiklubs vorsätzlich höhere Verluste schreiben, indem sie teure Spieler verpflichten, um so erst in den Genuss der Bundesbeihilfen zu kommen.
Es müsse aber, argumentieren Manager wie Weinstock, gutes Wirtschaften belohnt werden. So werde der THW Kiel sein Geschäftsjahr 2019/20 durch das Instrument der Kurzarbeit und eigenen Maßnahmen mit einem ausgeglichenen Ergebnis abschließen: "Da werden wir möglicherweise nicht die Verluste generieren, die man machen muss, weil wir eben frühzeitig über Lohnverzichte, Kostenreduzierung, Mehreinnahmen, über andere Dinge gesprochen haben. Und dass wird am Ende sanktioniert."
"Wir sehen da ein relativ großes Risiko, dass Rückforderungsansprüche erhoben werden."
BMI überarbeitet Richtlinien
Weinstock kritisiert außerdem, dass der Bund bislang die Geschäftsjahre 2019/20 und 2020/21 als Maßstab nehme, obwohl die dramatischen Ausfälle erst ab diesem Herbst drohten: Die Klubs, die nun den Spielbetrieb wieder aufnehmen, können schließlich nicht mehr auf das Instrument der Kurzarbeit zurückgreifen. Das BMI bestätigte, dass die Richtlinien derzeit überarbeitet werden und teilte mit, dass die Antragssteller auch eine gesonderte "Gewinn-Verlust-Rechnung" nur für das Jahr 2020 vorlegen könnten.
Dennoch dürften viele Profiklubs wohl nur eingeschränkt in den Genuss der Beihilfen kommen. Zudem können viele Profiklubs die erwarteten Verluste bis zum Jahresende 2020 kaum seriös vorkalkulieren, wie es die Richtlinien des Bundesverwaltungsamtes fordern. Und dies nicht nur, weil die tatsächlichen Zuschauerzahlen in der Pandemie völlig offen sind. Außerdem nämlich stehen die Sponsorenerlöse der Klubs zunehmend in Frage: "Es gibt eben auch immer mehr Sponsoren, die es wirtschaftlich trifft. Und die dann natürlich auch kommen und sagen: Leute, wir bleiben gerne bei Euch, aber wir müssen über die Konditionen auch reden. Das fängt jetzt gerade so an."
Insofern könnten sich die "Coronahilfen Profisport" für alle Beteiligten zu einem riesigen bürokratischen Akt entwickeln.