Seit dem 25. Spieltag herrscht Stillstand in der Fußball-Bundesliga. Ein wirtschaftlich unglücklicher Zeitpunkt, denn die TV-Einnahmen werden jede Saison in vier Teilen ausgeschüttet. Die nächste Zahlung wäre nach dem 26. Spieltag geflossen.
Auch deshalb tat sich die Deutsche Fußball-Liga DFL wohl so lange mit der Absage dieses Spieltags wegen des Corona-Virus schwer. Danach wären hohe Einnahmen aus den TV-Rechten an die Klubs gegangen. Erstligist Hertha BSC spricht von rund 2 Mio. Euro pro Spieltag, die dem Club dadurch entgehen würden.
Doch das sind nicht die einzigen Einnahmen, die wegfallen. Oliver Leki ist Finanzvorstand beim SC Freiburg, und gleichzeitig Vize bei der DFL. Im SWR Sport erklärte er vergangene Woche, wie ernst die Lage aktuell für die Vereine ist:
„Das ist wie bei jedem, anderen Unternehmen auch, wenn sie ihr Produkt eine längere Zeit nicht mehr anbieten können. Wir produzieren natürlich etwas, das ist ein Fußballspiel. Wenn da sämtliche Einnahmen wegfallen, und es gibt drei große Blöcke: Das sind Sponsoringeinnahmen, das sind die TV-Einnahmen, das sind die größten, und die Zuschauereinnahmen, und wenn die komplett wegfallen, Kostenblöcke natürlich weiterhin vorhanden sind, auch wenn man die versucht, ein Stück weit zu optimieren, dann wird das kein Unternehmen auf der Welt über einen längeren Zeitraum aushalten."
„Finanzielle Schieflagen bis hin zu Insolvenzen drohen"
Es geht also auch darum, Kosten zu reduzieren. Viele Bundesligaprofis verzichten inzwischen auf Teile ihres Gehalts, in der Regel kürzen sie 20 % Ihres Lohns freiwillig. Die Spieler von Borussia Mönchengladbach haben damit angefangen, Mainz 05 hat mit anderen Vereinen wie Bayern München oder Borussia Dortmund nachgezogen. Beim BVB soll so ein zweistelliger Millionenbetrag eingespart werden. Christoph Breuer lehrt an der Sporthochschule Köln Sportmanagement. Für ihn ist dieses Vorgehen ein erster wichtiger Schritt, um die Krise anzugehen:
„Finanzielle Schieflagen bis hin zu Insolvenzen drohen, wenn es nicht gelingt die Kostenstruktur sehr zeitnah den veränderten Einnahmen anzupassen. Freiwillige Gehaltsverzichte tragen dazu bei, können das Finanzproblem jedoch nicht vollends lösen. Insbesondere wenn die Spieltagsausfälle anhalten, und auch bis Ende des Jahres keine Zuschauer bei Spielen zugelassen werden."
In der vergangenen Spielzeit gaben die 18 Bundesligisten laut dem DFL-Wirtschaftsreport fast 1,5 Mrd. Euro für die Gehälter der Profispieler und Trainerstab aus. Diese Personalkosten aus dem Spielbetrieb sind der größte Ausgabenposten. Falls also Spieler und Trainer aller Erstligisten auf 20 Prozent ihres Gehalts verzichten, würden die Vereine knapp 300 Mio. Euro einsparen.
Existenznot nur bei bestimmten Vereinen
Das könnte halbwegs die noch fehlenden Fernseheinnahmen auffangen. Die Zuschauereinnahmen würde das aber nicht ersetzen, ganz zu Schweigen vom Ausfall aller Einnahmen, wenn die Saison abgebrochen würde. Krisenfest sind für Christoph Breuer von der Sporthochschule Köln finanzstarke Klubs wie Bayern München oder Borussia Dortmund, aber auch die TSG Hoffenheim, die in den letzten Jahren erfolgreich gewirtschaftet habe. Für Vereine wie Mönchengladbach, Frankfurt, Augsburg, oder Köln wird die Krise laut dem Sportmanagement-Experten an die Substanz gehen, eine Insolvenz drohe ihnen aber voraussichtlich nicht.
„Unsicherer ist dagegen die Situation für Klubs wie Werder Bremen, Mainz, Union Berlin, oder Paderborn. Hier wirkt das Szenario eines Abbruchs der Saison sowie von zuschauerfreien Spielen bis Ende des Jahres bedrohlich. Noch bedrohlicher ist die Situation für jene wenigen Klubs, die es trotz des Fußballbooms in den letzten Jahren nicht geschafft haben, ihre strukturelle Verschuldung aufzulösen, sondern weiter Schulden schreiben, wie etwa für den FC Schalke 04", erklärt Breuer.
Die Werksvereine aus Leverkusen und Wolfsburg besitzen zudem ein Sicherheitsnetz. Denn bei Verlusten würden in dem Fall die Mutterunternehmen Bayer und VW einspringen müssen.
Eine Deutschlandfunk-Abfrage an alle 18 Bundesligisten, ob Liquiditätsprobleme in der gegenwärtigen Situation drohen, blieb größtenteils unbeantwortet. Die Antworten, die kamen, blieben allgemein.
So erstellt Fortuna Düsseldorf aktuell einen Finanzplan für alle möglichen Szenarien, aus dem sich unterschiedliche Maßnahmen ableiten. Je nachdem wann und ob überhaupt wieder gespielt werden kann. So gehen auch die anderen Klubs vor, die alle unterschiedlich gut in den letzten Jahren gewirtschaftet haben.
Solidaritätsfonds bei Saisonabbruch nicht mehr möglich
Deshalb ist die Idee eines Solidaritätsfonds aufgekommen, in der solvente Vereine Konkurrenten in Not unterstützen sollen. So wie es jetzt die vier Champions-League Teilnehmer Bayern München, Borussia Dortmund, RB Leipzig und Bayer Leverkusen initiiert haben, die dafür bis zu 20 Mio. Euro zur Verfügung stellen – falls die Saison noch fortgesetzt werde.
Sonst habe diese Idee eindeutige Grenzen, wie Oliver Leki vom SC Freiburg im SWR erklärte:
„Für den Fall, dass überhaupt nicht mehr gespielt werden kann, würde ich schon davon ausgehen, dass zu Jahresende eine ganz große Zahl an Vereinen wirklich existenzielle Probleme haben wird. Da schließt sich eben auch die Solidaritätsfrage an. Wenn es nahezu allen Vereinen dann so geht, dass sie nicht mehr in der Lage sind, ihren Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten, ist es dann sozusagen auch schwer zu beantworten, weil es dann letztendlich auch nichts mehr gibt, womit man Solidarität auch zeigen kann. Das wird für den Fall, dass wir gar nicht mehr ans Spielen kommen, praktisch unmöglich sein."