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COVID-19-Maßnahmen
Welche Beschränkungen wirklich funktionieren

Die AHA-Regeln und regelmäßiges Lüften haben sich in der Corona-Pandemie bewährt. Andere Maßnahmen, wie das jüngst diskutierte Beherbergungsverbot, rufen bei vielen jedoch Unmut oder Unverständnis hervor. Eine Bestandsaufnahme.

Von Volkart Wildermuth |
Zuschauer verfolgen auf der Tribüne das Testspiel zwischen dem FC Heidenheim und der SpVgg Unterhaching.
Ob und wie viele Zuschauer bei einem Fußballspiel zugelassen werden, hängt von vielen Faktoren ab. (dpa / picture alliance / Sascha Walther)
Kurz vor den Herbstferien mussten sich viele Menschen in Deutschland mit der Frage auseinandersetzen, ob und wohin sie verreisen dürfen. Beim Thema Ansteckung mit Corona blieben viele Fragen offen. Auch deshalb sind die Beschränkungen innerhalb Deutschlands sehr umstritten.
Wer steckt sich aktuell an?
Die Zahlen der Corona-Neuinfektionen gehen weiter nach oben. Derzeit sind es Jugendliche und junge Erwachsene, die am stärksten betroffen sind. Bei den 15- bis 34-Jährigen – so das Robert-Koch-Institut - stecken sich innerhalb von sieben Tagen 30 auf 100.000 Personen an. Im Vergleich: Bei den Älteren lag diese Inzidenz bei rund 10. Zurzeit wird die Epidemie also eindeutig von jungen Menschen getragen, aber die Infektionen bleiben eben nicht auf die Jungen beschränkt: nach und nach werden sie weitergereicht an die Älteren.
Das Alter ist der entscheidende Risikofaktor bei COVID-19 und das heißt in der Konsequenz: Es wird mehr schwere Verläufe geben und auch mehr Tote. Im Vergleich zum Monat September liegen mehr als doppelt so viele Menschen mit COVID-19 auf den Intensivstationen, einzelne Klinken verschieben bereits wieder Operationen. Das ist im Vergleich zum Frühjahr noch auf einem niedrigen Niveau, aber die Trends sind eindeutig, nicht nur bei den Infektionen, sondern auch bei den schweren Verläufen.
Wo stecken sich die Menschen an?
Das Virus ist inzwischen fast überall in Deutschland zu finden, nicht nur in den Hotspots. Die Großstädte sind besonders betroffen, wohl auch, weil hier mehr gefeiert wird. Hotspots gibt es aber auch in eher ländlichen Gebieten. Nur in Eisenach und dem Hildburger Landkreis gibt es aktuell überhaupt keine Neuinfektionen.
Es gibt Ausbrüche in Betrieben wie beispielsweise Schlachtereien oder Frachtzentren. Auch Klinken und Altenheime sind betroffen – und das sorgt bei vielen für große Besorgnis. Besonders leicht aber hat es SARS-CoV-2 bei Familienfeiern, großen Hochzeiten und Partys. Hier kommen viele Faktoren zusammen: viele Leute, Gedränge über längere Zeit, Alkohol, Tanzen, Singen und lautes Reden.
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Welche von der Politik ergriffenen Maßnahmen sind wissenschaftlich belegt?
Zum ersten und ganz eindeutig sind das die AHA-Regeln und das Lüften. Abstand halten und Maske tragen - das zeigen viele Studien inzwischen – macht es dem Virus schwer. Händewaschen und Lüften sind von anderen Erregern her als effektive Gegenmaßnahmen etabliert. Auch wenn die Schmierinfektion bei SARS-CoV-2 wahrscheinlich keine so große Rolle spielt, so verhindert man mit Händewaschen, dass man es parallel mit anderen Erregern zu tun bekommt. Also hier sind die Daten eindeutig.
Was andere Maßnahmen wie Sperrstunde, Treffen nur noch in kleinen Gruppen, Reiseverbote etc. betrifft: hier fehlen die Studien. Und so gibt es dann auch einige Wissenschaftler, die sagen: Wir sollten erst die Studien machen - und dann die Verordnungen. Nach Auffassung von Dlf-Journalist Volkart Wildermuth ist das aber nicht realistisch. Dafür müsste man große Experimente machen: In einer Stadt gilt die Sperrstunde, dort lässt man es laufen und wartet vier Wochen ab, werten nach und nach aus und in einem halben Jahr entsteht darauf eine solide Publikation.
Bis dahin hat sich das Virus aber dann schon dramatisch ausgebreitet. Deshalb gibt es keine Alternative dazu, sich mit begrenzten Informationen voranzutasten. Gibt es Ausbrüche bei Partys und Feiern, dann ist die Sperrstunde ein plausibler Weg, das zumindest ein wenig auszubremsen.
Wie lassen sich besonders gefährdete ältere und alte Menschen schützen?
Alte Menschen sind Teil der Gesellschaft - und sogar ein großer Teil davon. Viele von ihnen sind gesund, rüstig und aktiv. Nach den Erfahrungen vom Frühjahr möchte man eine Isolation verhindern. Gezielt kann man diese Altersgruppe jedoch nur in Heimen schützen. Hier gibt es neue Möglichkeiten mit Schnelltests, um Sicherheit und Kontaktmöglichkeiten miteinander zu verbinden. Am Donnerstag (15.10.2020) tritt dazu eine neue Teststrategie in Kraft. Dennoch: Auch hier gibt es keine Studien, aber das scheint vielen ein gangbarer Weg. Der beste Schutz für alle bleibt, dass die Infektionszahlen generell eher niedrig bleiben.
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Was ist mit den Reiseeinschränkungen?
Die einen weisen darauf hin, dass es keine großen Ausbrüche in Hotels oder in der Bahn gab. Auch wenn das stimmt, so Volkart Wildermuth, muss Urlaub per se noch nicht unproblematisch sein. Nach dem Sommer gab es viele Infektionen über Reiserückkehrer. Tatsache bleibt: Auch wenn eine Ansteckung nicht im Hotel erfolgte, gibt es Faktoren, die die Verbreitung beeinflussen. Abstandhalten ist plötzlich für viele ein Fremdwort. Deshalb können Beherbergungsverbote durchaus einen Effekt haben. So könnte die Situation an den Urlaubsorten entzerrt werden.
Droht der Politik, dass sie Akzeptanz für aufgestellt Regeln verliert?
Nach Ansicht von Dlf-Wissenschaftsjournalist Volkart Wildermuth ist das in jedem Fall ein Problem. Die AHA-Regeln werden größtenteils befolgt, auch weil es klar nachvollziehbare Vorgaben gibt. Auch die Einführung einer Sperrstunde ist eine klare Ansage, das machen die meisten mit.
Anders ist das bei den Reisebeschränkungen: Sie sind unübersichtlich und können sich von Tag zu Tag ändern - das mindert die Akzeptanz in der Bevölkerung. Außerdem ist der Nutzen nicht eindeutig benennbar. Für Politiker in Verantwortung ist die Situation deshalb nicht leicht: Die Zahlen steigen, die Bevölkerung erwartet, dass sie gegensteuern. Was sich am Ende als wirklich effektiv herausstellt, ist nicht eindeutig.
Die Verantwortung allein den Politikern zu übertragen, reicht aber nicht: Alle müssen in den nächsten Monaten vernünftiger sein. Es kommt auf jeden Einzelnen an.



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Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)