Noch bis zu vier Wochen warten auf die Olympia-Entscheidung – für den Deutschen Olympischen Sportbund ist das inzwischen nicht mehr vorstellbar. Der DOSB hätte vom Internationalen Olympischen Komitee erwartet, sich jetzt zu einer Verlegung der Spiele durchzuringen – auf Sommer nächsten Jahres. So formulierte es DOSB-Chef Alfons Hörmann.
Anti-Doping-Strukturen aufgebrochen
Eine solche Verschiebung forderte auch Speerwurf-Olympiasieger Thomas Röhler im ZDF: "Wir Athleten – international kann ich da sprechen für die Leichtathletik – sind der Meinung, dass 2021 aktuell die meiste Sicherheit bietet. Olympische Spiele sind das größte Fest und da wollen wir die optimale Leistung unter fairen Bedingungen haben. Die sind aus meiner Sicht gar nicht mehr gegeben, da Athleten am Strand trainieren, gar nicht mehr trainieren oder auch Anti-Doping-Strukturen bisweilen schon aufgebrochen sind, weil durch Quarantäne gar nicht mehr ordentlich getestet werden kann."
Das IOC schreibt in seiner Mitteilung, es prüfe Szenarien, den Starttermin der Sommerspiele zu ändern. Wie diese Szenarien aussehen und um welche Alternativ-Termine es darin geht, schreibt es nicht. Nur so viel: Eine Absage Olympia stehe nicht zur Debatte.
Freitag findet kritisiert IOC für "Hinhaltetaktik" und "Führungsversagen"
"Ich finde die Entscheidung respektlos gegenüber den Athletinnen und Athleten", sagt die Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, Dagmar Freitag. Im Interview mit dem Hessischen Rundfunk spricht sich auch die SPD-Politikerin für eine Verschiebung der Sommerspiele auf 2021 aus: "Das halte ich für machbar, nach jetzigem Stand jedenfalls. Aber diese Hinhaltetaktik des IOC, die produziert einen massiven Vertrauensverlust und zeigt auch ein eklatantes Führungsversagen. Und dem IOC muss klar sein: Wer nicht selbst entscheidet, über den wird entschieden."
Von der CDU-Fraktion im Bundestag heißt es: Olympia als weltweit größtes Sportereignis und globale Bemühungen, den Corona-Virus einzudämmen – das passe nicht zusammen. Daher plädiert auch die CDU-Fraktion für eine Verlegung auf Sommer 2021 – "frühestens", wie ihr sportpolitischer Sprecher Eberhard Gienger schreibt. Er fordert eine schnelle Entscheidung.
Gastgeberland Japan hält Verschiebung nun doch für möglich
Eine möglicherweise entscheidende Wendung hat sich im olympischen Gastgeberland vollzogen: in Japan. Dort hatte Premierminister Abe bisher ebenso eisern am geplanten Olympia-Termin festgehalten wie das IOC. Mittlerweile hält er eine Verschiebung für möglich: "Wenn es schwierig ist, die Olympischen Spiele vollständig stattfinden zu lassen, dann müssen wir mit Blick vor allem auf die Interessen und die Gesundheit der Sportler entscheiden."
24. Juli 2020 bis 9. August. Dass dieser Termin für das Internationale Olympische Komitee noch zu halten sein wird, ist kaum vorstellbar. Der Druck, die Sommerspiele in Tokio zu verschieben, wird größer. Und die ohnehin schon raren Stimmen wie die von Ringer-Weltmeister Frank Stäbler werden noch seltener. Er äußert Verständnis für die Vier-Wochen-Frist des IOC: So lange die geplante Austragung im Bereich des Möglichen liege, müsse man sie in Betracht ziehen. Allerdings sagt Stäbler selbst, dass da wohl der Wunsche Vater des Gedanken sei.