So kann man auch, wenn Taborn seine Kunst als unbegleiteter Solist zum Besten gibt, auf Überraschungen gefasst sein. Sein Pianospiel ist von ungeheurer Virtuosität und Dynamik - und es lebt von Kontrasten. So schöpft seine Anschlagskultur das ganze überhaupt mögliche Spektrum aus - von leisesten Tongebungen an der Grenze zur Stille bis hin zum brachialsten Fortissimo.
Ragtime und Stride-Piano, lyrisches Spiel und Free-Eskapaden, Expressionismus, Minimalismus - all das und mehr bringt der 47-jährige New Yorker auf eine verblüffende Weise zusammen, die seinen intuitiven Vortrag nie ins Chaos führt, sondern erkennen lässt, dass die Wege des Jazz noch lange nicht zum Ziel geführt haben. Craig Taborn ist jedenfalls ganz weit vorne.
Aufnahme vom 27.4.12 aus dem Kammermusiksaal im Beethovenhaus Bonn.