Kampf um Gleichberechtigung
Wie Frauen in Frankfurt das Cricket-Feld erobern

Während Cricket traditionell als Männersport gilt, erobern immer mehr Frauen das Spielfeld und setzen sich für Gleichberechtigung und Sichtbarkeit in diesem Sport ein. Unter anderem auch in Frankfurt, wo der Furies Cricket Club zu Hause ist.

Von Jennifer Stange |
Ein Cricket-Feld aus der Vogelperspektive.
Cricket ist vor allem in Ländern des Commonwealth wie England, Indien, Pakistan oder Sri Lanja beliebt. 2028 in Los Angeles ist der Sport nach mehr als 100 Jahren wieder bei den Olympischen Spielen vertreten. (IMAGO / Dreamstime / Copyright: xDreamstimexJacquimar)
"Anu als Bowler hat jetzt den Ball geworfen und Raba hat ihn weggeschlagen. Das ist die Batterin und die Fielderin. Jetzt zum Beispiel in der Position: Raba hat den Ball gestoppt und zum Bowler zurückgeworfen." Samstagmorgen auf einer Wiese zwischen Sport-Campus und Niddapark in Frankfurt: Training des Frauenteams des Furies Cricket Clubs. Dass hier auf Bundesliganiveau Cricket gespielt wird, lässt der 20 Meter lange, etwa drei Meter breite abgewetzte Streifen Kunstrasen mitten in der Wiese kaum erahnen.
"Ich bin Karina, ich spiele seit drei, nein, seit vier Jahren Cricket und bin seit drei Jahren hier in Frankfurt und liebe diesen Sport." Für Cricket hat die Anfang 20-Jährige Fußball verlassen. Karina Kirmeier steht am Rand des Cricket-Pitches, also am Kunstrasenstreifen, und kann, was die Durchschnitts-Darmstädterinnen und -Darmstädter wahrscheinlich nicht können: Cricket erklären. Ein Spiel zwischen zwei Mannschaften mit jeweils elf Spielerinnen und Spielern, in dem einerseits das Bowling- und Fielding-Team versucht, möglichst viele Runs und Punkte zu erzielen, während das Batting-Team versucht, gegnerische Spielerinnen und Spieler vom Spielfeld zu nehmen, also zu "dismissen" – nach bestimmten Regeln.

Cricket-Clubs in München, Hamburg oder Frankfurt

"Wir nennen es die Gesetze des Cricket, nicht Regeln", sagt Anuradha Doddaballapur. Gesetze, die sich anders als beim Fußball oder Basketball den Zuschauenden nicht gleich vollständig erschließen. Doddaballapur ist in der Cricket-Nation Indien geboren und aufgewachsen. Sie kam für ihre Promotion im Bereich Biotechnologie nach Frankfurt. Was sie am meisten vermisste, war ihr Sport. Es gab zwar einen Cricket-Club, allerdings kein Frauenteam.
Überall dort, wo ein großer Anteil der Bevölkerung aus Commonwealth-Ländern wie Indien, Pakistan, England und Sri Lanka kommt, gibt es Cricket-Clubs, beispielsweise in München, Hamburg oder eben Frankfurt. Einwanderer- und Expats-Gemeinschaften prägen das Vereinsleben, gesprochen wird Englisch.

Anuradha ist Kapitänen der Frauen-Cricket-Nationalmannschaft

Anuradha hat bereits in Indien auf Bundesliganiveau Cricket gespielt und ist mit Ende 30 Kapitänin der deutschen Frauen-Cricket-Nationalmannschaft. Als eine von nur zwei Frauen in Deutschland hat sie vor wenigen Wochen vom International Cricket Council eine Leistungssporttrainer-Lizenz erhalten.
Aus ihrer Generation stammen die Pionierinnen weltweit, die den einstigen Männersport erobern, Frauen-Cricket inspirieren und fördern. Zeitgleich in Indien, Australien, England, Pakistan und Deutschland erobern Frauen die Cricket-Ovals. Erobern, denn dieses Engagement ist notwendigerweise auch eines um Geschlechtergerechtigkeit.

Frauen in Frankfurt haben sich Zeit auf dem Rasen erkämpft

Am Samstag gehört der Rasen am Rand des Frankfurter Stadtteils Bockenheim den Frauen des Frankfurt Furies Cricket Clubs. Das war kein Geschenk; das haben sich die Frauen in Frankfurt erkämpft. Damit sind sie weiter als viele andere Cricket-Frauen auf der ganzen Welt und Fußball-Frauenteams in Deutschland, die auch nicht selten um Spielzeiten auf den Plätzen kämpfen müssen.
Egal ob in Indien oder Deutschland, Frauen, sagt Anuradha, müssen immer auf mehreren Ebenen kämpfen. Mit ihrem Team aus Frankfurt hat sie in wenigen Jahren bereits zweimal die Deutsche Cricket-Meisterschaft gewonnen. Außer ihr gehört auch Teamkollegin Rameesha Shahid, eine Informatikerin aus Pakistan, zur deutschen Nationalmannschaft. "Ich habe so viel Cricket auch in Pakistan gespielt, aber die Nationalmannschaft ist schon sehr special." Und das macht ihre Familie zu Hause, in einem Land wo Cricket eine Art Religion ist, macht das sehr stolz.
Cricket wird nach über 100 Jahren als Männer- und Frauenwettbewerb zu den Olympischen Spielen 2028 in LA wieder auferstehen.. Und sollte sich ein deutsches Team qualifizieren, sind bestimmt Spielerinnen von der Wiese zwischen Nidda Park und Bockenheim dabei.