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CSU moniert "Maßlosigkeit" und "Hass" der Guttenberg-Kritiker

Hans-Peter Friedrich ist "wirklich tief berührt" von der Kritik an Karl-Theodor zu Guttenberg und fragt, ob man sich als Politiker alles vom politischen Gegner gefallen lassen müsse.

Hans-Peter Friedrich im Gespräch mit Jasper Barenberg | 02.03.2011
    Jasper Barenberg: Für Angela Merkel kommt der Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg zur Unzeit. Möglichst rasch muss die Kanzlerin nun jemanden finden, der im Verteidigungsministerium die Herkules-Aufgabe Bundeswehrreform stemmen kann. Aber auch die Parteivorsitzende selbst hat ein Problem, weil auch sie in der Kritik steht und weil ihr drei Wochen vor der wichtigen Landtagswahl in Baden-Württemberg der Star im Kabinett abhanden gekommen ist. Der hat alle Wahlkampftermine im Südwesten absagen lassen, Angela Merkel ihren gestern Abend in Stuttgart naturgemäß nicht.

    Einer Wagenburg glich die Parteizentrale der CSU in München in den letzten Tagen, jedenfalls nach außen reihte die Führung eine Solidaritätserklärung für Karl-Theodor zu Guttenberg an die andere. Viele in der Partei sahen ihn als Hoffnungsträger in schwierigen Zeiten. Die steigenden Zustimmungen in Umfragen, sie waren vor allem auf ihn zurückzuführen, kaum auf Parteichef Horst Seehofer. Wie groß ist jetzt also der Schaden, wo der Überflieger zu Guttenberg abgestürzt ist? – Am Telefon begrüße ich den Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Einen schönen guten Morgen, Hans-Peter Friedrich.

    Hans-Peter Friedrich: Guten Morgen!

    Barenberg: Herr Friedrich, Parteichef Seehofer hatte ja die Losung ausgegeben, ein Minister stürzt nur, wenn es die eigene Partei will, und die will es nicht. Hat sich die CSU die Sache jetzt anders überlegt und Karl-Theodor zu Guttenberg fallen lassen?

    Friedrich: Nein. Die CSU wollte nicht, dass er stürzt. Die CSU wollte ihn halten. Es gab am Montag noch eine wirklich beeindruckende Solidarität, auch im Parteivorstand. Aber er hat einfach die Kraft nicht mehr gehabt, das war gestern auch spürbar. Es ist eine Stimmung gegen ihn veranstaltet worden auf vielen Ebenen und er hat einfach am Schluss nicht mehr die Kraft gehabt zu kämpfen, und die Folgen haben wir dann gestern erlebt.

    Barenberg: In der Sache nötig war der Rücktritt aus Ihrer Sicht also nicht?

    Friedrich: Wissen Sie, was mich so bedrückt bei der ganzen Geschichte, ist die Art und Weise, wie man Jagd auf ihn gemacht hat. Das ist sehr unwürdig gewesen und das wirft auch ein schlechtes Licht auf die Politik insgesamt. Mit welchen Ausdrücken er überzogen wurde, wie man mit Hass ihm begegnet ist, das hat mich alles sehr, sehr tief bedrückt.

    Barenberg: Wer hat denn Jagd gemacht auf Karl-Theodor zu Guttenberg?

    Friedrich: Nun, also wenn Sie sich erinnern an die Debatte im Deutschen Bundestag, wo er mit unglaublichen Ausdrücken belegt wurde, vom politischen Gegner, von der Opposition, wenn diejenigen, die ihn noch gestern als Hoffnungsträger sehen, ihn jetzt als Sargnagel der Demokratie bezeichnen, dann spürt man auch, wie man ihm doch geneidet hat all seinen Erfolg und vergisst dabei, dass viele Menschen ihn als Hoffnung gesehen haben und heute noch sehen, und ich glaube, es ist auch eine Beschimpfung dieser Menschen.

    Barenberg: Als Sargnagel der Demokratie, das ist ja ein Zitat des Bundestagspräsidenten Lammert, also ein Mann aus den eigenen Reihen. Gibt Ihnen das nicht zu denken, dass auch in den eigenen Reihen in den letzten Tagen die Kritik spürbar gewachsen ist an Karl-Theodor zu Guttenberg?

    Friedrich: Nein. Also grundsätzlich verstehe ich natürlich, dass man kritisiert, wobei: Er hat Fehler eingeräumt, das Ausmaß der Fehler wird man sicher noch feststellen. Ich glaube nicht alles, was im Netz von irgendwelchen Menschen irgendwo eingestellt wird, aber das wird die Uni Bayreuth ja alles im Einzelnen prüfen. Ich verstehe Kritik, aber die Maßlosigkeit der Kritik und der Hass, der dahinter steckt, der hat mich wirklich tief berührt. Und wissen Sie, für uns als Politiker ist die Frage, was muss man sich eigentlich alles so gefallen lassen, hat man als Politiker keine Würde, die auch irgendwo Respekt einfordert von den anderen, vom politischen Gegner, von der Öffentlichkeit. Das alles habe ich in der Diskussion vermisst.

    Barenberg: Mit anderen Worten, Herr Friedrich, wer im Privatleben stiehlt, auch wenn es sich um geistiges Eigentum handelt, der kann aus Ihrer Sicht Minister bleiben?

    Friedrich: Noch mal: Ich verstehe, dass man das kritisiert. Ich verstehe auch diejenigen in der Wissenschaft, die das kritisieren, auch heftig kritisieren. Ich verstehe auch die Enttäuschung vieler Menschen über die Fehler, die Karl-Theodor zu Guttenberg gemacht hat. Die Art und Weise finde ich abstoßend, wie man jetzt mit ihm umgegangen ist, und deswegen tut mir das alles sehr leid.

    Barenberg: Karl-Theodor zu Guttenberg hat gestern in seiner Erklärung kein Wort verloren zum Vorwurf des vorsätzlichen Betruges. Wäre das nicht geboten gewesen bei der Gelegenheit?

    Friedrich: Nein. Wie gesagt, das ist alles jetzt Gegenstand der weiteren Überlegungen auch der Universität Bayreuth. Wissen Sie, ich glaube, dass auch viele, viel zu viele Menschen viel zu leichtgläubig an Dinge herangehen, im Internet irgendeine Seite aufrufen, dort wird irgendwas behauptet, sie können nicht kontrollieren, ist das wirklich wahr, ist der Wahrheitsgehalt dessen, was sie da lesen, wirklich nachvollziehbar, nachprüfbar. Auch da sollte jeder mal selbstkritisch damit umgehen, wie er sich Informationen besorgt und wie er damit umgeht.

    Barenberg: Wie hoch schätzen Sie jetzt den Schaden für die CSU?

    Friedrich: Na ja, gut, Karl-Theodor zu Guttenberg ist für die CSU, für die Union insgesamt, aber auch für die Politik natürlich, wie Sie gesagt haben, ein Hoffnungsträger gewesen, und ich glaube, er ist es für viele immer noch, und natürlich jemanden so in dieser Art und Weise zu verlieren, das ist immer sehr, sehr traurig, aber auch natürlich nicht gut für eine Partei. Andererseits: Das Leben muss auch irgendwie weitergehen.

    Barenberg: Die Bundeswehr steht vor gewaltigen Veränderungen, vor gewaltigen Aufgaben. Wer wird der Nachfolger von Karl-Theodor zu Guttenberg werden, um das fortzusetzen?

    Friedrich: Also wir sind in Gesprächen, die jetzt stattfinden werden, und wir werden dann auch einen Vorschlag der Frau Bundeskanzlerin machen. Es gibt mehrere CSU-Politiker, die dafür infrage kommen, und die Gespräche werden jetzt geführt in diesen Tagen.

    Barenberg: Also ein CSU-Politiker wird es schon werden?

    Friedrich: Gehen Sie davon aus, dass wir die Frau Bundeskanzlerin mit einem oder mehreren Vorschlägen konfrontieren werden, und dann werden wir sehen, wie wir in der Geschichte weitermachen.

    Barenberg: Und zu diesen Vorschlägen wird auch ein Politiker mit Nachnamen Friedrich zählen?

    Friedrich: Also wie gesagt, wir werden das alles beraten in den nächsten Stunden und Tagen und sobald es dann etwas gibt, was es zu berichten gibt, erfahren Sie das natürlich sofort.

    Barenberg: Hans-Peter Friedrich, der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag. Vielen Dank für das Gespräch.

    Friedrich: Gerne!

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