Die "Wir schaffen das"-Haltung von Angela Merkel und die "Wir brauchen Obergrenzen"-Haltung der CSU prallten in München aufeinander. Noch bevor die Kanzlerin ihre Rede auf dem Parteitag der Christsozialen hielt, hatten die etwa 1.000 Delegierten einen Leitantrag in der Flüchtlingsdiskussion beschlossen - mit nur einer Gegenstimme.
Der Kernpunkt - die Begrenzung des Zuzugs nach Deutschland. Schon auf Seite zwei des Antrags heißt es: "Wir brauchen eine Obergrenze." Deutschland habe für dieses Jahr im EU-Vergleich sein Soll mehr als erfüllt. Für das nächste Jahr brauche es ein Kontingent für Bürgerkriegsflüchtlinge, entsprechend der leistbaren Kapazitäten des Landes. Konkrete Zahlen nennt die CSU in ihrem Antrag nicht. Gleichzeitig betont die Schwesterpartei der CDU, dass der Familiennachzug ausgesetzt werden und die Prüfung von Asylanträgen schnell abgewickelt werden müsse, um ausreisepflichtige Asylbewerber "konsequent und kompromisslos" abzuschieben.
Merkel verteidigt Haltung gegen Obergrenze
Diese Punkte und andere waren also beschlossen, als die Kanzlerin die Bühne in München betrat. In ihrer Rede lobte sie ausdrücklich die bayerischen Bemühungen in der Flüchtlingskrise: "Sie alle leisten Überragendes, wenn es darum geht, den Zugang der vielen Flüchtlinge zu ordnen, zu kontrollieren und zu steuern." Die Forderung nach einer Obergrenze für Bürgerkriegsflüchtlinge wies sie allerdings erneut zurück. Sie forderte, alle Kraft in eine internationale Lösung der Flüchtlingskrise zu setzen, etwa durch den Schutz der EU-Außengrenzen und eine bessere Zusammenarbeit mit der Türkei. "Mit diesem Ansatz, so die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren, schaffen wir es im Unterschied zu einer einseitig festgelegten nationalen Obergrenze, im Interesse aller zu handeln", so Merkel.
Die Kanzlerin steht damit in klarer Opposition zur CSU. Vor einem Jahr sei das Verhältnis zwischen Merkel und der Schwesterpartei noch deutlich besser gewesen, twitterte unsere Korrespondentin Katharina Hamberger aus München.
Nach der Kanzlerin betrat schließlich CSU-Chef Horst Seehofer die Bühne - und stellte der Kanzlerin entgegen: "Wir sind der festen Überzeugung, dass diese große historische Aufgabe, die Integration von Flüchtlingen in unserem Land, dass auch die Zustimmung der Bevölkerung nicht auf Dauer zu haben sind, wenn wir nicht zu einer Obergrenze für die Zuwanderung bei den Flüchtlingen kommen", sagte er unter kräftigem Beifall. Für dieses Ziel arbeite die CSU weiter hartnäckig.
Die beiden Reden der Parteichefs zeigen: Es zeichnet sich keine Bewegung im unionsinternen Streit über die Begrenzung der Zuwanderung von Bürgerkriegsflüchtlingen ab.
Seehofer resümierte nach seiner Rede auf dem Parteitag auch, er habe sich "ein bisschen mehr" von der Kanzlerin erhofft. Die Kanzlerin verließ den Saal schließlich durch einen Seiteneingang. Ohne offiziellen Abschiedsgruß.
(pr/ach)