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CSU-Politiker Kreuzer zur Flüchtlingspolitik
"Bis März müssen wir unsere Grenzen im Griff haben"

Die hohe Zahl von Flüchtlingen müsse innerhalb der nächsten Wochen reduziert werden, sagte der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion in Bayern, Thomas Kreuzer, im Deutschlandfunk. Der Vorschlag von CDU-Vize-Chefin Julia Klöckner gehe in die richtige Richtung.

Thomas Kreuzer im Gespräch mit Tobias Armbrüster |
    Der Vorsitzender der CSU-Landtagsfraktion Thomas Kreuzer in bayerischen Landtag
    Thomas Kreuzer (CSU) (dpa / picture alliance / Sven Hoppe)
    Die CSU halte es allerdings für besser, Kontingente einzuführen, die sich auf Aufnahmelager im Ausland bezögen, beispielsweise in der Türkei oder im Libanon. Nur wer dort in das Kontingent aufgenommen werde, dürfe dann nach Deutschland einreisen. So machten es auch die USA, Australien, Kanada und Großbritannien. Wichtig sei vor allem eine Obergrenze.
    Außerdem müsse der Familiennachzug für zwei Jahre ausgesetzt werden, forderte Kreuzer. Auf Kritik aus der SPD, dass dies so nicht vereinbart worden sei, entgegnete er, dann müsse dies eben noch vereinbart werden. Die Parteivorsitzenden hätten dies auch bereits besprochen. Die SPD müsse sich "hier bewegen, alles andere ist an der Realität vorbei". Wenn man den Familiennachzug nicht beschränke, brauche man über eine Grenzsicherung gar nicht zu diskutieren. Jeder könne sich ausrechnen, dass das nicht machbar sei, dass bei einem Flüchtling fünf weitere Personen nachzögen. Kreuzer betonte, die dauernde Diskussion um Machtfragen führe nicht weiter. Die SPD sei "nahezu handlungsunfähig". Nur unter größtem Druck komme etwas zustande, kritisierte Kreuzer.
    Der CSU-Politiker erklärte weiter, er unterstütze ausdrücklich den europäischen Ansatz von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Doch glaube er nicht, dass es auf dieser Ebene rasch zu einer Lösung kommen werde. Deshalb brauche man jetzt nationale Maßnahmen.

    Das Interview in voller Länge:
    Tobias Armbrüster: Kaum ein Tag ist in diesem Monat, in diesem Jahr bereits vergangen, ohne ein kritisches Wort aus der CSU über Angela Merkel und ihre Flüchtlingspolitik. Die SPD macht sich offenbar schon Sorgen: Am Wochenende warnte die Generalsekretärin Katarina Barley bereits, dass unter dem Streit die Handlungsfähigkeit der Regierung leide. Und wir haben es auch gerade gehört von Ralf Stegner: Auch der macht sich Sorgen, dass sich die Unions-Parteien da regelrecht zerlegen und somit die Handlungsfähigkeit der Regierung blockieren. - Am Telefon ist jetzt Thomas Kreuzer, der Fraktionschef der CSU im bayerischen Landtag. Schönen guten Morgen.
    Thomas Kreuzer: Guten Morgen.
    Armbrüster: Herr Kreuzer, hat Ihre Partei bemerkt, dass sie der Koalition mit diesem Konfrontationskurs, den sie da fährt, dass sie der Großen Koalition damit schadet?
    Kreuzer: Es geht hier nicht um die Große Koalition und um irgendwelche Rechenspiele. Wenn die SPD sich jetzt hier beklagt, dann sage ich ihr, sie ist sowieso nicht handlungsfähig. Sie sollte endlich einmal der Begrenzung des Familiennachzugs zustimmen, wo sie sich beharrlich weigert. Dies wäre richtig. Sondern es geht hier um die Lösung eines wirklich schwerwiegenden Problems. Wir müssen den Zustrom von Migranten und Flüchtlingen nach Deutschland eindämmen, wir müssen eine Obergrenze einführen, und das ist das, was wir durchsetzen wollen. Die dauernde Diskussion um Machtfragen, um Streit führt uns nicht weiter, sondern wenn wir dieses Problem nicht lösen, werden wir in unserem Land große Schwierigkeiten bekommen.
    Armbrüster: Beim Stichwort Asylpaket II, da sagt die SPD, dass die Union immer wieder mit neueren Nachforderungen ankommt.
    Kreuzer: Die SPD sollte der Aussetzung des Familiennachzugs von zwei Jahren zustimmen. Wir haben mindestens 500.000 Bleibeberechtigte in einem Jahr bekommen und vielleicht mehr.
    Armbrüster: Herr Kreuzer, da sagt die SPD beim Thema Familiennachzug, das sei so nie beschlossen worden.
    "Die SPD ist doch völlig unfähig"
    Kreuzer: Dann soll sie es jetzt beschließen. Die SPD ist doch völlig unfähig. Sie wollen eine Begrenzung und lehnen jeden Vorschlag ab und machen selber keine Vorschläge. Und wenn Gabriel irgendetwas in den Raum stellt, dann ist es zunächst meistens der Stegner, der dagegen ist, oder andere. Also mit der SPD kommen wir schon zurecht. Die weiß nicht, welche Richtung die Dinge nehmen sollen. Und der Familiennachzug ist unbedingt notwendig, diese Begrenzung, weil wir damit rechnen müssen, dass bei einem Flüchtling fünf Menschen nachziehen, und dann können Sie sich die Zahlen ja mal ausmalen. Das ist überhaupt nicht machbar.
    Armbrüster: Herr Kreuzer, es bleibt allerdings dabei: Das war ursprünglich nicht so vereinbart. Wäre es nicht sinnvoll, wenn Sie das tatsächlich so durchbringen wollen, dass Sie sich einfach auf die Dinge verständigen, die Sie tatsächlich schon grundsätzlich mit der SPD vereinbart haben, und dass Sie das in Gesetzesform gießen?
    Kreuzer: Es geht jetzt um die Vereinbarung vom 5. November, die Gabriel mit unterschrieben hat, soviel ich weiß, dass dies vereinbart worden ist mit dem Familiennachzug, dass der zwei Jahre ausgesetzt wird, und daran führt überhaupt kein Weg vorbei. Ich sage Ihnen noch mal: Wir brauchen doch gar nicht über Grenzsicherung diskutieren, wenn wir 500.000 Flüchtlinge haben. Wenn man dies mal fünf beim Familiennachzug nimmt, dann sind es ja zweieinhalb Millionen. Das ist überhaupt nicht zu machen. Die SPD soll sich jetzt hier mal bewegen. Alles andere ist an der Realität vorbei.
    Armbrüster: Die SPD sagt, wir warten auf unsere europäischen Partner und wir versuchen, vor allem das Problem an der Wurzel zu lösen, in der Türkei, in Verhandlungen mit der Türkei, dass von dort nicht mehr so viele Flüchtlinge kommen, was ja eine Hauptursache ist für diese hohe Flüchtlingszahl in Europa.
    Kreuzer: Dafür bin ich auch. Wir müssen dies lösen. Allerdings soll man dann auch sagen, wie die Türkei dies machen soll. Die Flüchtlinge an der Grenze militärisch und polizeilich zurückhalten wahrscheinlich und internieren. Das wird nicht ganz einfach sein. Man sagt also, wir können unsere Grenzen nicht sichern, aber die Türkei soll die Ausreise verhindern. Das ist schwierig. Aber das hat mit dem Familiennachzug nichts zu tun. Die Türkei kann nicht einen bei uns gestarteten Familiennachzug verhindern, und ich sage Ihnen noch mal, da geht es um zweieinhalb Millionen Menschen, und dies hat wieder die SPD zu verantworten, genau wie die SPD und die Grünen dafür verantwortlich sind, dass so viele Menschen aus dem Balkan noch in Deutschland sind, weil sie sich ewig geweigert haben, hier entsprechend vernünftige Regelungen für sichere Drittstaaten einzuführen.
    Armbrüster: Herr Kreuzer, Sie kommen jetzt immer auf das Thema Familiennachzug zurück. Deshalb würde ich gerne von Ihnen wissen: Heißt das, ohne eine Regelung dabei, bei diesem Thema, wird es für Sie kein Asylpaket II geben?
    "Angela Merkel versucht, die Dinge europäisch zu lösen"
    Kreuzer: Dies ist im Asylpaket II so vereinbart worden zwischen den Parteivorsitzenden und ich halte dieses Thema schon für ausgesprochen wichtig. Ich halte aber auch die anderen Themen für wichtig, die im Paket enthalten sind. Deswegen glaube ich, dass man das jetzt so beschließen sollte, und die SPD wird sich genauso bewegen wie bei den sicheren Herkunftsstaaten Kosovo und die anderen Balkan-Länder. Auch hier hat sie sich ja ewig geweigert, irgendwas zu machen. Die sind nahezu handlungsunfähig. Nur unter größtem Druck kommt irgendetwas zustande, und das wird diesmal wieder so passieren.
    Armbrüster: Und Angela Merkel geht es genauso? Bei ihr kommt auch nur unter größtem Druck etwas zustande?
    Kreuzer: Angela Merkel versucht, die Dinge europäisch zu lösen. Das unterstütze ich ausdrücklich, weil es mir natürlich auch am liebsten wäre, wenn wir Sicherheit an den Schengen-Außengrenzen herstellen könnten und wenn wir die Dinge in den Ländern lösen könnten, wo die Menschen ankommen. Der Unterschied zwischen Angela Merkel und der CSU ist nur folgender: Wir glauben, dass dies auf die Schnelle nicht zu machen ist, da in Europa ein erhebliches Maß an Uneinigkeit herrscht, und deswegen fordern wir nationale Maßnahmen, also Sicherung unserer eigenen Außengrenzen. Wir müssen dort lückenlos kontrollieren und jedem, der keine Zugangsberechtigung hat, sagen, dass er in dieses Land nicht kommen kann, und ihn zurückweisen.
    Armbrüster: Herr Kreuzer, da ist jetzt am Wochenende Julia Klöckner, die CDU-Vize, mit einem eigenen Vorschlag vorgeprescht. Sie will, dass Deutschland eigene Flüchtlingszentren zum Beispiel an der deutsch-österreichischen Grenze einrichtet, und sie will auch sogenannte Tageskontingente einführen für Asylbewerber, die tatsächlich nach Deutschland und in die Kommunen reingelassen werden. Ist das für sie ein guter Vorschlag?
    Kreuzer: Es ist ein Vorschlag in die richtige Richtung, da der Vorschlag zeigt, dass wir nationale Maßnahmen ergreifen müssen. Das ist ja bisher nicht so klar gesagt worden und deswegen bin ich gern bereit, den Vorschlag mit zu prüfen. Wir halten es allerdings für besser, Kontingente einzuführen, die im Ausland beantragt werden, beispielsweise in den Flüchtlingslagern in der Türkei oder im Libanon, und wer dort in dieses Kontingent aufgenommen wird, hat einen normalen Zugang zu Deutschland. Er kann ganz normal einreisen, muss nicht mit Schlauchbooten über das Mittelmeer. Aber wer nicht in diesem Kontingent enthalten ist, kann nicht mehr einreisen. So machen das auch die USA, Australien, Kanada und Großbritannien. Aber wir müssen über die Sache diskutieren. Wichtig ist nur, dass wir eine Obergrenze brauchen und dass nur noch die Menschen einreisen können, denen Deutschland dies gestattet.
    "Wir haben eigentlich keine Zeit mehr"
    Armbrüster: Diesen Vorschlag mit den Flüchtlingszentren in der Türkei und in anderen Ländern, den hat ja auch Julia Klöckner in ihrem Plan drin. Hat sie da vielleicht bei Ihnen kopiert?
    Kreuzer: Es gibt ja diese Flüchtlingszentren und Flüchtlingslager bereits. Wir haben dies ja schon lange vorgeschlagen. Wir haben ja im Moment die Problematik, und dies ist eine Sache, die doch einen ausgesprochen besorgen muss, dass die Menschen mit Schlauchbooten übers Mittelmeer fahren und dort in nicht geringer Zahl ertrinken. Das müssen wir stoppen, indem wir legale Möglichkeiten innerhalb einer Obergrenze und eines Kontingents geben, hier herzukommen. Aber es muss auch jeder wissen: Wenn er nicht in dem Kontingent enthalten ist, hat er keine Chance, in die Bundesrepublik Deutschland zu kommen und hier irgendwelche Leistungen in Anspruch zu nehmen.
    Armbrüster: Herr Kreuzer, die Leitung hat gerade einige Aussetzer. Vielleicht könnten Sie noch kurz etwas näher an ein Fenster gehen, oder zumindest versuchen, mit dem Handy etwas ruhiger stehen zu bleiben. - Ich würde gerne diese eine Frage noch stellen: Wie lange geben Sie Frau Merkel noch, um auf diese Forderung einzugehen?
    Kreuzer: Wir haben eigentlich keine Zeit mehr. Wir haben im Moment zwei bis 3000 Menschen, die täglich zu uns kommen. Es waren im letzten Jahr wenige hundert und wir haben dann 1,1 Millionen erreicht. Das heißt, wenn wir nichts tun, werden wir diese Zahl bei Weitem übertreffen, und dies verträgt Deutschland nicht. Deswegen muss diese Angelegenheit innerhalb weniger Wochen angegangen werden. Ich meine, wir müssten im März spätestens unsere Grenzen zusammen mit unserem Nachbarn Österreich und den Balkan-Staaten im Griff haben, um hier zu verhindern, dass Millionen kommen, vielleicht zwei Millionen dieses Jahr, und dass wir hier große Probleme in Deutschland bekommen.
    Armbrüster: Live bei uns hier im Deutschlandfunk war das Thomas Kreuzer, der Fraktionschef der CSU im bayerischen Landtag. Vielen Dank, Herr Kreuzer, für Ihre Zeit heute Morgen.
    Kreuzer: Danke auch. Auf Wiederhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.