Dirk Müller: Als Oligopol wird eine Marktform bezeichnet, bei der viele Nachfrager wenigen Anbietern gegenüberstehen. So ist es in den Grundlagen der Volkswirtschaft zu finden. Also wenige, die das Produkt anbieten, sehr viele, die es kaufen wollen, oder auch kaufen müssen. Genau dies wird von vielen Seiten seit Jahren den Mineralölkonzernen vorgeworfen, zu hohe Benzinpreise und zu willkürliche Preisänderungen, über die sich die Autofahrer gleich mehrmals täglich an den Zapfsäulen ärgern können. Nun wird heute das Bundeskartellamt offiziell einen neuen Bericht nachlegen. Es geht um "the big five", wie sie in Fachkreisen genannt werden, also die großen fünf, Aral/BP, Shell, Jet, Esso und Total.
Dürfen die Mineralölkonzerne schalten und walten, wie sie wollen? Darüber sprechen wir nun mit dem CSU-Politiker Johannes Singhammer, stellvertretender Fraktionschef der Union im Deutschen Bundestag, dort auch zuständig für den Verbraucherschutz. Guten Morgen.
Johannes Singhammer: Guten Morgen, Herr Müller!
Müller: Herr Singhammer, werden die Autofahrer abgezockt?
Singhammer: Also wer an Zufälle noch glaubt, dass immer zur fast gleichen Zeit die Benzinpreise heraufgesetzt werden, ich denke, der ist mehr als gutwillig, und deshalb liegt der Gedanke nicht nur nahe, sondern viele fühlen sich, glaube ich, zurecht hier schlecht behandelt, und es ist die Aufgabe der Politik, diesem gemeinsamen und letztlich irgendwo abgestimmten Verhalten der Mineralölgesellschaften einen Riegel vorzuschieben.
Müller: Sie gehören demnach nicht mehr zu den Gutgläubigen?
Singhammer: Da gehöre ich schon lange nicht mehr dazu und wir stellen fest, dass es in der Tat, wie der Bericht ja auch gezeigt hat, die fünf großen marktbeherrschenden Unternehmen sind, deren Konzernsitz allesamt nicht in Deutschland gelegen ist. Deutschland verfügt über keinen derartigen großen Wettbewerber und ist auch nicht beteiligt an Firmen, die über große eigene Möglichkeiten der Rohölgewinnung, der Rohölquellen verfügen. Daraus ergeben sich eine Reihe von Schwierigkeiten und Herausforderungen, die wir lösen müssen und auch werden, und dabei, denke ich, macht es auch Sinn, sich an den Erfahrungen von Nachbarländern zu orientieren, die durchaus mit ähnlichem oder fast gleichem Marktgebaren dieser Konzerne zu tun haben.
Müller: Herr Singhammer, wenn Sie sagen, Sie wissen das oder vermuten das schon seit Langem – das tun ja auch viele Ihrer Kollegen im Deutschen Bundestag -, warum hat sich da bislang noch nichts getan?
Singhammer: Ich denke, dass es richtig war, dass das Bundeskartellamt sehr präzise über einen längeren Zeitraum das Gebaren untersucht hat, und nach dem, was man vorher schon zu hören bekommen hat, ist es in der Tat so, dass ja die Mineralölkonzerne eine Absprache exakt vermeiden, denn dann wäre in der Tat das Kartellamt mit harten Maßnahmen am Zug. Aber genau das wird vermieden und deshalb muss die Politik auch sehr sorgfältig darauf achten, richtig zu reagieren. Das kann man allerdings auch.
Müller: Jetzt haben wir das oder viele haben es so verstanden, als es jetzt um die Mechanismen ging, das heißt, wie die Mineralölkonzerne schalten und walten. Sie sagen, es ist keine Absprache. Aber dennoch ist es koordiniert, dennoch hat es offenbar System. Warum ist das keine Absprache?
Singhammer: Es ist dann keine Absprache, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass sich in einem Hinterzimmer oder in einer Telefonkonferenz Mitarbeiter oder die Spitzen dieser Konzerne vereinbaren, um zu einem festgelegten Zeitpunkt gemeinsam die Preise zu erhöhen und die Verbraucher abzukassieren.
Müller: Aber alle ziehen nach, wenn der Erste vorgegeben hat. Das haben wir eben gehört. Das ist keine Absprache?
Singhammer: Das ist jedenfalls in dem Sinne keine Absprache, aber auch dagegen gibt es Mittel.
Müller: Das ist eine Reaktion?
Singhammer: Das ist eine Reaktion und man kann natürlich diese Art des Abguckens, wie Sie es im Bericht genannt haben, sehr viel schwerer machen oder vermeiden, und da, denke ich mal, ist das österreichische Modell ein gutes. Österreich hat festgelegt schon seit einiger Zeit, dass nicht mehr praktisch im Halbstundentakt die Preise bei den Tankstellen verändert werden können, sondern nur noch einmal pro Tag, und zwar dann genau Mittags um zwölf Uhr, sodass sich jeder darauf einstellen kann, und damit diese Art des Abguckens ganz schwierig wird.
Müller: In Australien läuft es auch so. Hat man damit gute Erfahrungen gemacht?
Singhammer: Da hat man gute Erfahrungen gemacht, jedenfalls in einem Bundesstaat Australiens, nicht in ganz Australien. Aber da kommt noch etwas hinzu, dass die Konzerne dort eine Preiserhöhung 24 Stunden vorher ankündigen müssen. Auch damit kommt Transparenz hinein, der Verbraucher kann sich darauf einstellen, tanke ich heute noch, oder morgen fahre ich jedenfalls die Tankstelle, die jetzt schon angekündigt hat, den Benzinpreis zu erhöhen, garantiert nicht an. Damit wird diese Form des Abguckens und der heimlichen Absprache jedenfalls sehr, sehr schwer gemacht.
Müller: Herr Singhammer, jetzt reden wir noch einmal über die Politik, was die Politik machen kann. Wir haben auch in Vorbereitung der Sendung gelesen, dass es vor gut einem Jahr einen Entwurf gegeben haben soll von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, damals noch Wirtschaftsminister, der dann irgendwo hin verschwunden ist. Wissen Sie, wo der gelandet ist?
Singhammer: Über einen derartigen Entwurf ist mir nichts bekannt. Ich denke, dass es richtig ist, einerseits nicht zu zögern, aber auf der anderen Seite eine rechtlich einwandfreie Lösung zu finden, und ich denke, dass die Vorlage des Berichts des Kartellamts genau diese sorgfältige Prüfung jetzt beinhaltet, auf dessen Grundlage dann auch rechtlich wirksame, gerichtsfeste Maßnahmen auch eingeleitet werden können.
Müller: Jetzt hat gerade die Öffentlichkeit in den vergangenen Monaten sehr viel über die Macht der Lobbyisten in Berlin erfahren. Die Atomlobby stand da ganz oben. Wie ist es mit der Mineralölkonzern-Lobby?
Singhammer: Also ich kann als Abgeordneter nur sagen, ich fühle mich von der Lobby der Mineralölkonzerne in keiner Weise weder unter Druck gesetzt, noch sonst beeinflusst. Wir stellen da keinerlei besondere Auffälligkeiten fest. Wir stellen allerdings fest, dass eine wachsende Zahl von Menschen diese Art der Preispolitik nicht mehr mitmacht und uns in der Politik zurecht den Auftrag gibt, das zu unterbinden.
Müller: Tanken Sie denn auch noch selbst?
Singhammer: Natürlich tanke ich auch selber, weil ich natürlich auch viel unterwegs bin, und ich orientiere mich dann immer auch an den Wochentagen, wenn es geht, ärgere mich jedes Mal, dass es kurz nach dem Wochenende mit den Preisen wieder in den Keller geht.
Müller: Dann reden wir darüber, was Sie tun können. Wann wird der Bundestag, wann werden die Regierungsfraktionen aktiv?
Singhammer: Wir werden jetzt sehr schnell aktiv. Ich denke, den heutigen Tag sollte man diesen Bericht, die Vorstellung dieses Berichts wirklich noch abwarten, das macht Sinn, und dann geht's los.
Müller: Und gibt es Widerstände von der FDP?
Singhammer: Ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendjemand im Deutschen Bundestag gibt, der ein derartiges Preisverhalten, das die Menschen nicht nur nervt in unserem Land, sondern das sie als nicht anständig empfinden, gut heißt.
Müller: Es fragen sich dennoch viele, warum hat sich die letzten Jahre nichts getan.
Singhammer: Nun, ich denke, Politik ist nicht nur eine Sache, aus dem Bauch heraus einem Unwohlgefühl nachzugeben, sondern es muss auf einer kalkulierbaren Grundlage geschehen, und diese kalkulierte Grundlage gibt eben exakt der Bericht des Bundeskartellamts, der über einige Jahre jetzt errichtet und dargestellt worden ist, ermittelt worden ist. Das ist die exakte Grundlage und das ist auch nötig.
Müller: Bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk Johannes Singhammer (CSU), stellvertretender Fraktionschef der Union im Deutschen Bundestag. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Singhammer: Danke schön!
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Bundeskartellamt
Dürfen die Mineralölkonzerne schalten und walten, wie sie wollen? Darüber sprechen wir nun mit dem CSU-Politiker Johannes Singhammer, stellvertretender Fraktionschef der Union im Deutschen Bundestag, dort auch zuständig für den Verbraucherschutz. Guten Morgen.
Johannes Singhammer: Guten Morgen, Herr Müller!
Müller: Herr Singhammer, werden die Autofahrer abgezockt?
Singhammer: Also wer an Zufälle noch glaubt, dass immer zur fast gleichen Zeit die Benzinpreise heraufgesetzt werden, ich denke, der ist mehr als gutwillig, und deshalb liegt der Gedanke nicht nur nahe, sondern viele fühlen sich, glaube ich, zurecht hier schlecht behandelt, und es ist die Aufgabe der Politik, diesem gemeinsamen und letztlich irgendwo abgestimmten Verhalten der Mineralölgesellschaften einen Riegel vorzuschieben.
Müller: Sie gehören demnach nicht mehr zu den Gutgläubigen?
Singhammer: Da gehöre ich schon lange nicht mehr dazu und wir stellen fest, dass es in der Tat, wie der Bericht ja auch gezeigt hat, die fünf großen marktbeherrschenden Unternehmen sind, deren Konzernsitz allesamt nicht in Deutschland gelegen ist. Deutschland verfügt über keinen derartigen großen Wettbewerber und ist auch nicht beteiligt an Firmen, die über große eigene Möglichkeiten der Rohölgewinnung, der Rohölquellen verfügen. Daraus ergeben sich eine Reihe von Schwierigkeiten und Herausforderungen, die wir lösen müssen und auch werden, und dabei, denke ich, macht es auch Sinn, sich an den Erfahrungen von Nachbarländern zu orientieren, die durchaus mit ähnlichem oder fast gleichem Marktgebaren dieser Konzerne zu tun haben.
Müller: Herr Singhammer, wenn Sie sagen, Sie wissen das oder vermuten das schon seit Langem – das tun ja auch viele Ihrer Kollegen im Deutschen Bundestag -, warum hat sich da bislang noch nichts getan?
Singhammer: Ich denke, dass es richtig war, dass das Bundeskartellamt sehr präzise über einen längeren Zeitraum das Gebaren untersucht hat, und nach dem, was man vorher schon zu hören bekommen hat, ist es in der Tat so, dass ja die Mineralölkonzerne eine Absprache exakt vermeiden, denn dann wäre in der Tat das Kartellamt mit harten Maßnahmen am Zug. Aber genau das wird vermieden und deshalb muss die Politik auch sehr sorgfältig darauf achten, richtig zu reagieren. Das kann man allerdings auch.
Müller: Jetzt haben wir das oder viele haben es so verstanden, als es jetzt um die Mechanismen ging, das heißt, wie die Mineralölkonzerne schalten und walten. Sie sagen, es ist keine Absprache. Aber dennoch ist es koordiniert, dennoch hat es offenbar System. Warum ist das keine Absprache?
Singhammer: Es ist dann keine Absprache, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass sich in einem Hinterzimmer oder in einer Telefonkonferenz Mitarbeiter oder die Spitzen dieser Konzerne vereinbaren, um zu einem festgelegten Zeitpunkt gemeinsam die Preise zu erhöhen und die Verbraucher abzukassieren.
Müller: Aber alle ziehen nach, wenn der Erste vorgegeben hat. Das haben wir eben gehört. Das ist keine Absprache?
Singhammer: Das ist jedenfalls in dem Sinne keine Absprache, aber auch dagegen gibt es Mittel.
Müller: Das ist eine Reaktion?
Singhammer: Das ist eine Reaktion und man kann natürlich diese Art des Abguckens, wie Sie es im Bericht genannt haben, sehr viel schwerer machen oder vermeiden, und da, denke ich mal, ist das österreichische Modell ein gutes. Österreich hat festgelegt schon seit einiger Zeit, dass nicht mehr praktisch im Halbstundentakt die Preise bei den Tankstellen verändert werden können, sondern nur noch einmal pro Tag, und zwar dann genau Mittags um zwölf Uhr, sodass sich jeder darauf einstellen kann, und damit diese Art des Abguckens ganz schwierig wird.
Müller: In Australien läuft es auch so. Hat man damit gute Erfahrungen gemacht?
Singhammer: Da hat man gute Erfahrungen gemacht, jedenfalls in einem Bundesstaat Australiens, nicht in ganz Australien. Aber da kommt noch etwas hinzu, dass die Konzerne dort eine Preiserhöhung 24 Stunden vorher ankündigen müssen. Auch damit kommt Transparenz hinein, der Verbraucher kann sich darauf einstellen, tanke ich heute noch, oder morgen fahre ich jedenfalls die Tankstelle, die jetzt schon angekündigt hat, den Benzinpreis zu erhöhen, garantiert nicht an. Damit wird diese Form des Abguckens und der heimlichen Absprache jedenfalls sehr, sehr schwer gemacht.
Müller: Herr Singhammer, jetzt reden wir noch einmal über die Politik, was die Politik machen kann. Wir haben auch in Vorbereitung der Sendung gelesen, dass es vor gut einem Jahr einen Entwurf gegeben haben soll von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, damals noch Wirtschaftsminister, der dann irgendwo hin verschwunden ist. Wissen Sie, wo der gelandet ist?
Singhammer: Über einen derartigen Entwurf ist mir nichts bekannt. Ich denke, dass es richtig ist, einerseits nicht zu zögern, aber auf der anderen Seite eine rechtlich einwandfreie Lösung zu finden, und ich denke, dass die Vorlage des Berichts des Kartellamts genau diese sorgfältige Prüfung jetzt beinhaltet, auf dessen Grundlage dann auch rechtlich wirksame, gerichtsfeste Maßnahmen auch eingeleitet werden können.
Müller: Jetzt hat gerade die Öffentlichkeit in den vergangenen Monaten sehr viel über die Macht der Lobbyisten in Berlin erfahren. Die Atomlobby stand da ganz oben. Wie ist es mit der Mineralölkonzern-Lobby?
Singhammer: Also ich kann als Abgeordneter nur sagen, ich fühle mich von der Lobby der Mineralölkonzerne in keiner Weise weder unter Druck gesetzt, noch sonst beeinflusst. Wir stellen da keinerlei besondere Auffälligkeiten fest. Wir stellen allerdings fest, dass eine wachsende Zahl von Menschen diese Art der Preispolitik nicht mehr mitmacht und uns in der Politik zurecht den Auftrag gibt, das zu unterbinden.
Müller: Tanken Sie denn auch noch selbst?
Singhammer: Natürlich tanke ich auch selber, weil ich natürlich auch viel unterwegs bin, und ich orientiere mich dann immer auch an den Wochentagen, wenn es geht, ärgere mich jedes Mal, dass es kurz nach dem Wochenende mit den Preisen wieder in den Keller geht.
Müller: Dann reden wir darüber, was Sie tun können. Wann wird der Bundestag, wann werden die Regierungsfraktionen aktiv?
Singhammer: Wir werden jetzt sehr schnell aktiv. Ich denke, den heutigen Tag sollte man diesen Bericht, die Vorstellung dieses Berichts wirklich noch abwarten, das macht Sinn, und dann geht's los.
Müller: Und gibt es Widerstände von der FDP?
Singhammer: Ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendjemand im Deutschen Bundestag gibt, der ein derartiges Preisverhalten, das die Menschen nicht nur nervt in unserem Land, sondern das sie als nicht anständig empfinden, gut heißt.
Müller: Es fragen sich dennoch viele, warum hat sich die letzten Jahre nichts getan.
Singhammer: Nun, ich denke, Politik ist nicht nur eine Sache, aus dem Bauch heraus einem Unwohlgefühl nachzugeben, sondern es muss auf einer kalkulierbaren Grundlage geschehen, und diese kalkulierte Grundlage gibt eben exakt der Bericht des Bundeskartellamts, der über einige Jahre jetzt errichtet und dargestellt worden ist, ermittelt worden ist. Das ist die exakte Grundlage und das ist auch nötig.
Müller: Bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk Johannes Singhammer (CSU), stellvertretender Fraktionschef der Union im Deutschen Bundestag. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Singhammer: Danke schön!
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