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"Cumbia": Von der Straße in die Clubs

In Argentinien ist der Cumbia angesagt - ein Paartanz, der ursprünglich aus Kolumbien stammt und eher zum Arme-Leute-Entertainment gehörte. Emiliano Gómez aber mixte die Cumbia mit Techno, und heraus kam ein Sound, der mittlerweile weltweit auf Begeisterung stößt.

Von Camilla Hildebrandt |
    Cumbia kommt von dem Wort cumbé, einem populären, afrikanischen Tanz. Mit den Sklaven kam der Cumbé nach Kolumbien, vermischte sich mit indianischen und spanischen Elementen, und so entstand die Cumbia. Getanzt sieht sie für Nichteingeweihte aus wie Salsa oder Merengue, mit feinen, kleinen Unterschieden. Und gehört wird der lockere, eingängige Rhythmus heute noch in fast ganz Südamerika vor allem von der armen Bevölkerung.

    Cumbia nun in den hippen Clubs von Buenos Aires? Mag schon sein, sagt Emiliano Gómez, Begründer von "El hijo de la Cumbia”. Aber was so alles zur "neuen Cumbia" gezählt wird, ist noch lange nicht seine Musik.

    "Ich mache keine Elektronische Cumbia, auch wenn es sogenannt wird. Ich verstehe es als New-Roots-Cumbia oder Urbanisierte Cumbia. Meine Meinung: Das ist nicht Wow, eine Bewegung, die Furore macht, sondern etwas, was noch am Wachsen ist."

    Ich bin hier, um von allem, was ich gesehen habe, zu erzählen
    Vom Leben im Viertel.


    Hier entsteht fast jeden Tag Neues, meint der 27-jährige Argentinier.
    Oft nimmt es seinen Anfang in den Randzonen der 12-Millionen-Metropole, im großen, armen Speckgürtel, Gran Buenos Aires.

    "Von Gran Buenos Aires geht auch die Bewegung der "neuen Cumbia" aus, und nicht vom Internet, Digitale Cumbia, Techno-Cumbia, nein. Das Neue entwickelte sich in der Cumbia-Szene selbst. Ganz klar: das Beispiel von DJ Taz. Der hat 2001 seine CD "Su Majestad" rausgebracht. Niemand redet heute darüber, aber das war der Beginn dieser Bewegung hier in Argentinien."
    Was danach kam, und über´s Internet weiterentwickelt wurde – alles Marketing, ohne großes, musikalisches Fundament."

    Emiliano selbst ist in San Martín aufgewachsen, einer der größten "Villas" - Armenviertel. Dort hörte man nur Cumbia. Und Emiliano besaß als Jugendlicher eine ganze Plattensammlung davon.

    "Ich habe dann mit zwölf angefangen selbst Musik zu machen. Ich komme aus einer einfachen Familie, wo Instrumente kaufen, überhaupt etwas kaufen, immer schwierig war. Alles was man dort erreicht, bedeutete sehr, sehr viel Arbeit und Opfer bringen. Ich habe immer in verschiedenen Cumbia-Bands mitgespielt. Erst mit 16 hatte ich eine eigene Band, die meine Sachen spielte."

    "Die Cumbia wird hier in Argentinien dafür benutzt, um die Leute der Unterschicht zu unterhalten, auf dass sie nicht an ihre sozialen Probleme denken."

    Emiliano Gómez will genau das ändern. Seine Musik soll die Menschen vereinen, anstatt sie voneinander zu trennen, seine Songs sollen animieren den Blick über den Tellerrand zu wagen.

    "Die Musik hat diese Aufgabe, dass sie in die Armenviertel Argentiniens gelangt und die Leute dort sagen: Wow, es gibt noch mehr da draußen, als in meiner kleinen Welt. Es ist nicht alles, Tschiki, Tschiki."

    "Durch die Musik können die Menschen andere Rhythmen kennen lernen, andere Erfahrungen, andere Kulturen, ohne Einschränkungen zu spüren. Denn kulturelle Eingrenzung ist wie festgebundene Füße zu haben."

    "Bewusstsein des Viertels”, "Das Contra ohne Ende" oder "Das Ghetto bewegt sich” heißen seine Songs. Eine Referenz an die berühmte "Bewegung von unten".

    "Hinter "el hijo de la Cumbia" steht diese Idee, dass "wenn wir uns unten bewegen, werden die oben irgendwann fallen". Also, es sind Titel eines Films, den ich mit Musik erzählen möchte. Und die Liedtitel sind kleine Fährten, die ich lege, für das Rätsel, das du hörst. Aber ich werde dir nicht verraten, was ich mir vorgestellt habe, dass du dir vorstellen sollst, OK?"