Schon beim Frühstück schaut Canan Coskun in den Nachrichten auf ihrem Handy nach, ob es bald wieder Arbeit für sie geben wird. Als Gerichtsreporterin hat die 30-Jährige seit Jahren nur noch mit Prozessen gegen Journalistenkollegen zu tun.
"So schaue ich nach, ob wieder Kollegen verhaftet wurden. Denn wenn die Polizei bei mir bis fünf Uhr morgens noch nicht war, dann könnten sie woanders zugeschlagen haben."
Ihren Humor hat sich Coskun bewahrt. Sonst sei ihr Job nicht auszuhalten, sagt sie.
Schließlich ist ihr Arbeitsplatz der Ort, an dem die Pressefreiheit in der Türkei endet: Der schwer bewachte Justizpalast von Istanbul. Ein massiger Bau, in festungsartigem Halbrund errichtet. Die Regierung nennt ihn stolz den "größten Justizpalast Europas".
Schließlich ist ihr Arbeitsplatz der Ort, an dem die Pressefreiheit in der Türkei endet: Der schwer bewachte Justizpalast von Istanbul. Ein massiger Bau, in festungsartigem Halbrund errichtet. Die Regierung nennt ihn stolz den "größten Justizpalast Europas".
"Ich empfinde dieses Gebäude jedesmal als eine Art Riesenungeheuer, das mich - wenn ich den Vorplatz betrete - mit seiner hässlichen Fratze erwartet."
Traurige Routine
Heute wird wieder mal gegen Kollegen ihrer Tageszeitung "Cumhuriyet" verhandelt. Der Vorwurf lautet: Verrat von Staatsgeheimnissen. Am Eingang wird Coskuns kleiner Lederrucksack durchleuchtet und durchsucht, bevor sie in den zweiten Stock weitereilen kann. Der Eingang zum Gerichtssaal ist von Wachbeamten versperrt. Coskun muss draußen warten. Außer ihr sind nur zwei Reporter gekommen - Prozesse gegen Journalisten sind in der Türkei längst zur traurigen Routine geworden. Und auch die Berichterstattung über die Prozesse selbst wird von der Justiz behindert, beklagt Coskun.
"Es heißt dann, für die Presse sei kein Platz im Saal. Für diese wichtigen Prozesse werden immer die kleinsten Säle gewählt. Da passen dann höchstens 20 Zuschauer hinein. Einmal musste ich über einen Prozess berichten, war aber gleichzeitig selbst angeklagt in einem anderen Gerichtssaal. So musste ich hin und her laufen."
Coskun musste sich wegen des Vorwurfs der Störung des Gerichts verantworten, wurde aber später freigesprochen. Andere haben weniger Glück gehabt: Mindestens 130 Journalisten sitzen nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen derzeit in türkischen Gefängnissen.
Von Polizisten beobachtet und gefilmt
Nach zwei Stunden kommen Anwälte und Angeklagte aus dem Gerichtssaal. Dieses Mal bleiben Coskuns Kollegen vorläufig auf freiem Fuß. Der Prozess ist wieder einmal um zwei Monate vertagt worden. Per SMS schickt Coskun eine Kopie der Gerichtsentscheidung vorab an die Redaktion.
Draußen vor dem Gericht beschreibt der Anwalt der Angeklagten die ständigen Vertagungen der Gerichtsverhandlungen als Taktik, um den Druck auf die Betroffenen aufrechthalten. Während der improvisierten Pressekonferenz werden Coskun und ihre Kollegen von Polizisten beobachtet und gefilmt. Einer der Angeklagten ist Coskuns Kollege Erdem Gül, der bereits ein halbes Jahr im Gefängnis verbracht hat. Er ist dankbar, dass sich Coskun nicht einschüchtern lässt.
"Das ist deshalb so wichtig, weil es ja schon zur Routine in der Türkei geworden ist, dass Journalisten verhaftet und verurteilt werden. Und immer weniger Zeitungen oder Fernsehstationen hierzulande interessieren sich dafür, weil sie sich selbst zensieren. Das ist ja auch beabsichtigt."
Draußen vor dem Gericht beschreibt der Anwalt der Angeklagten die ständigen Vertagungen der Gerichtsverhandlungen als Taktik, um den Druck auf die Betroffenen aufrechthalten. Während der improvisierten Pressekonferenz werden Coskun und ihre Kollegen von Polizisten beobachtet und gefilmt. Einer der Angeklagten ist Coskuns Kollege Erdem Gül, der bereits ein halbes Jahr im Gefängnis verbracht hat. Er ist dankbar, dass sich Coskun nicht einschüchtern lässt.
"Das ist deshalb so wichtig, weil es ja schon zur Routine in der Türkei geworden ist, dass Journalisten verhaftet und verurteilt werden. Und immer weniger Zeitungen oder Fernsehstationen hierzulande interessieren sich dafür, weil sie sich selbst zensieren. Das ist ja auch beabsichtigt."
Dutzende Anklagen gegen das Blatt
Dann eilt Coskun in die Redaktion ihrer Zeitung "Cumhuriyet". Drei ihrer Kollegen sitzen derzeit im Gefängnis, dutzende Anklagen laufen gegen das Blatt. Die Redaktion kämpft ums Überleben. Und Coskun weiß: Auch sie könnte jederzeit für ihre Gerichtsreportagen angeklagt werden.
"In der Türkei gibt es kein Rechtssystem, das die individuellen Rechte des Einzelnen schützt. Immer werden Gruppen der Gesellschaft zu Feinden erklärt und dann wird ihnen einfach das Recht entzogen."
Und davon würde die Welt nichts erfahren, wenn es nicht Canan Coskun und ihre Berichte aus dem dunklen Innern des Istanbuler Justizpalastes gäbe.
"In der Türkei gibt es kein Rechtssystem, das die individuellen Rechte des Einzelnen schützt. Immer werden Gruppen der Gesellschaft zu Feinden erklärt und dann wird ihnen einfach das Recht entzogen."
Und davon würde die Welt nichts erfahren, wenn es nicht Canan Coskun und ihre Berichte aus dem dunklen Innern des Istanbuler Justizpalastes gäbe.