Mark Wiegleb schiebt eine LED-Leuchtschiene in eine schwarze Pappschachtel und steckt das Anschlusskabel auf eine Mini-Platine. Noch ein paar letzte Handgriffe, dann ist der Ampelcountdown, Marke Eigenbau, fertig.
"Wir bauen eine Ampel nach, und die Idee ist, die Grünphase einer Ampel zu messen und dann dem Radfahrer anzuzeigen, zwölf Sekunden vor dem Ende, mit einer abnehmenden LED-Anzeige, wann die Grünphase auf Rot umspringt, damit er entscheiden kann, ob er nochmal richtig in die Pedale tritt, oder sagt, schaff ich nicht mehr."
Was Wiegleb und sein Mitstreiter Jomi Anjani und Conni Schmidt in den letzten 48 Stunden entwickelt, zusammengebaut und programmiert haben, soll das Leben von Radfahrern erleichtern. Genauer gesagt: Energie sparen. Das kleine Gerät zeigt Radfahrern an, wie viele Sekunden die Ampel, auf die sie gerade zu fahren, noch grün ist.
Eine simple Konstruktion. Sie könnte in einer etwas robusteren Version neben jede Ampel in Berlin geschraubt werden, ohne großen Aufwand und Kosten.
"Wir haben ein kleines Kabel, was einen Foto-Resistor dran hat und den hängen wir in das Grüne Licht rein, das Signallicht der Ampel. Der misst die Phasen, weiß wie lange die Grünphase ist, wie lange die Rotphase ist und gibt das an den LED-Streifen, den Countdown weiter und der dann zeigt, es ist noch so lange rot und es ist so lange noch grün."
Weit entfernt von Kopenhagen oder Amsterdam
Wiegleb und Anjani haben ihre Ampel-Erweiterung in einem hippen Großraumbüro in einem Kreuzberger Hinterhof entwickelt – beim sogenannten Cycle Hack. Rund 50 Fahrrad-Schrauber, Designer, Programmierer und Soziologen sind an diesem Wochenende zusammen gekommen, um die Welt ein bisschen fahrradfreundlicher zu machen, sagt Michael Hörz, einer der beiden Organisatoren.
"Beim Cycle Hack geht es darum, in 48 Stunden möglichst schnell praktische Lösungen zu finden, wie man Fahrrad fahren, sicherer und besser machen kann."
Denn das sei auch in der Hauptstadt nach wie vor notwendig. Zwar hat sich in den vergangenen Jahren in Berlin manches verbessert. Auch das kürzlich vom Rot-Rot-Grünen Senat beschlossene Mobilitätsgesetz, das unter anderem mehr und sicherere Radwege vorsieht, sei ein wichtiger Schritt, meint Hörz. Von Städten wie Kopenhagen oder Amsterdam, sei Berlin aber noch sehr, sehr weit entfernt.
"Bis wirklich ein Radverkehrsgesetz, das verabschiedet wurde, umgesetzt wird, kann es noch drei, vier Jahr dauern. Und bei unserem Cycle Hack geht es eben auch darum schnelle und praktische Lösungen zu finden, und Probleme aufzuzeigen, die die Entscheider noch gar nicht erkannt haben."
Viele, die hier die vergangen zwei Tage und Nächte – ehrenamtlich – gebastelt und geschraubt haben, eint: Das Fahrrad ist für sie mehr als ein reines Fortbewegungsmittel. Sie sind Radenthusiasten, ein Auto besitzt hier kaum jemand.
Entstanden ist dabei unter anderem ein Konzept für öffentliche Fahrrad-Luftpumpen, ein Kinderspiel für den Schulweg mit dem Rad - oder ein Messgerät für Feinstaub, das Jakob Kluger mit seinem Team gebastelt hat.
Daten gewinnen für die Politik
"Kernstück ist ein Minicomputer und ein recht günstiges Messmodul, ein Bauteil, das die GPS-Kooerdinaten aufzeichnet und eine SD-Karte, die speichert."
Das kleine Gerät kann jeder Radfahrer auf seinen täglichen Strecken und aufzeichnen, wie viel Feinstaub er wo einatmet.
"Hier wird die Luft angesogen, das Gerät habe ich in meinem Rucksack dabei und läuft, während ich durch die Stadt fahre."
"Und aus dem Rucksack guckt dann der Schlauch raus?"
"Genau!"
Radfahrer können damit die Feinstaubbelastung in der ganzen Stadt messen – und nicht nur, wie heute üblich - an bestimmten Messpunkten. Gewonnen werden Daten, die die Politik für Streckenveränderungen, oder Sperrungen nutzen könnte.
Könnte - denn Organisator Michael Hörz und seinen Mitstreitern ist bewusst, dass nicht alle Ideen zeitnah oder überhaupt umgesetzt werden.
"Die Grundidee ist möglichst uneingeschränkt, frei zu überlegen, aber natürlich kann man Sachen vorschlagen. Es gibt Teilweise auch Sachen die Fahrradfirmen interessieren. Aber dass man auch an die Verkehrsplaner der Stadt herantreten kann und sagt: wir hätten hier mal ne Idee die das für alle Beteiligten schöner machen könnte."