"Wir stehen jetzt in dem Hauptarbeitsraum vom Fablab."
Einer top ausgestatteten freien Entwicklungswerkstatt, die keine Wünsche offenlässt: Von Laptops, Hightech-3D-Druckern und Laser-Cuttern über Nähmaschinen, bis zu Lötkolben, Hammer und Säge ist jedes Werkzeug verfügbar – Daniel Düsentrieb hätte seine helle Freude.
"Ganz vorne gibt es einen Workshop-Bereich, in dem Leute irgendwas ganz technisches diskutieren."
Wie man mit einem abgestellten Fahrrad Strom erzeugen kann zum Beispiel, oder wie Sensoren am Rad Daten über den Zustand der Straßen aufzeichnen könnten.
"Die man dann wieder dazu verwenden kann, Routenplaner zu bauen, die einem die perfekte Strecke wählen, zum Fahrradfahren."
Simon Jockers Augen leuchten, wenn er von den Ideen seiner Mitstreiter erzählt, die das Fahrradfahren in der Stadt attraktiver und sicherer machen sollen. Der Medieninformatiker ist Mitorganisator des 1. Cyclehack in Berlin und somit einer Aktion, die zeitgleich überall auf der Welt stattfindet. Die Idee kommt aus Glasgow.
"Die Kollegen in Schottland, die sich das ausgedacht haben, die haben dann angefangen, das zu dokumentieren, was sie machen und haben das übers Web und über Social Media verbreitet und dann hab ich beschlossen, dass wir das auch in Berlin machen."
Mit Erfolg: Rund 30 Männer und Frauen haben sich trotz hochsommerlicher Temperaturen und Fußball-EM eingefunden, um drei Tage lang zu tüfteln und zu basteln. Einer von Ihnen: Physikstudent Fridolin, der mit seiner Gruppe in eine Felge Rotorblätter basteln will, die unter anderem das Rad drehen sollen, wenn man das Fahrrad zum Beispiel auf Sattel und Lenker parkt:
"Das Ganze hat zwei Anwendungen: Wenn das Rad steht, könnte man es über einen Nabendynamo laufen lassen und damit irgendwas aufladen – das grundsätzliche Problem wird größer werden in Zukunft, dass das Fahrrad ständig Strom braucht - das Zweite ist, dass man beim Fahren tatsächlich den Fahrtwind nutzen kann und von der Seite angetrieben wird vom Wind."
Ob es diese Idee eines Tages auf den Markt schafft, steht noch in den Sternen. Anders als eine, die bei einem Cyclehack in Schottland entwickelt wurde und die auf der Insel bereits vor allem Freundinnen gefunden hat.
"Das ist eine kleine Klammer, mit der kann man eine Münze an einem Rock befestigen, damit der nicht hochfliegt beim Fahrradfahren."
Motiviert von den guten Erfahrungen in anderen Städten und gefördert von Stiftungen, Fahrradfirmen und dem Land, ist die Arbeit in Berlin im vollen Gange.
"Ich denke, ganz viele Sachen sind positive Impulse, also wenn jemand zum Beispiel Vorschläge macht dafür, wie man den Verkehr an einer problematischen Kreuzung in seiner Stadt besser gestalten kann, dann ist das nicht unbedingt was, was hinterher Leute auf eine Veranstaltung wie einen Cyclehack zurückführen, aber eine Veranstaltung wie das Cyclehack kann halt ein Impuls sein, um Leute zusammenzubringen, die an solchen Sachen arbeiten."
So werden am Computer Skizzen erstellt und Gedankenspiele veranstaltet.
Eine andere Gruppe um den Softwareforscher Fabian Manske vom Fraunhoferinstitut will die Teilnehmer an Fahrraddemos präzise zählen:
"Wir hatten zuerst überlegt, eine Laserlichtschranke quer über die Fahrbahn leuchten zu lassen – das funktioniert aber nicht, wenn sie im Pulk fahren. Nächste Variante ist ein Druckschlauch der quer über die Straße gelegt wird, der ist an einem Ende verschlossen und am anderen Ende befindet sich ein Drucksensor und ein Mikrocontroller und wir können die Druckveränderung messen, wenn ein Radfahrer über den Druckschlauch fährt."
Wer bei über 30 Grad Celsius ein ganzes Wochenende in einer Erfinderwerkstatt verbringt, der muss ein wahrer Enthusiast für seine Sache sein, sagt Simon Jockers, und kein Hippster für den das Rad ein Coolness-Accessoir ist.
"Die meisten Leute sind wahrscheinlich lieber am See und deswegen sind die Leute die hier sind, alles Leute, die es wirklich ernst meinen."
Und alles Leute, die überzeugt davon sind, dass noch viel mehr Menschen aufs Rad umsteigen sollten und die alles dafür tun, damit das in Zukunft auch passiert - nur so kann der Einfluss der Radfahrer größer werden. Denn derzeit ist die Situation als Radfahrer in den Städten oft noch ziemlich frustrierend, findet Simon Jockers, der auch im kommenden Jahr wieder ein Cyclehack veranstalten will.
"Für mich ist Cyclehack eine Möglichkeit, diese Energie, die man da so entwickelt, dann halt in positive Bahnen zu lenken. Also man kann sich entweder den ganzen Tag über Fahrradinfrastruktur aufregen, oder man kann versuchen selber was zu dem Ganzen beizutragen und das können kleine Sachen sein oder große Politische."