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"Da hat sich nicht viel geändert"

Der Präsident des Bayrischen Finanzzentrums, Wolfgang Gerke, bewertet den Kauf der Privatbank Sal. Oppenheim als positiv für die Geschäftsstrategie der Deutschen Bank. Die Position der Bank im deutschen Markt ändere sich dadurch jedoch nicht.

Wolfgang Gerke im Gespräch mit Gerd Breker | 29.10.2009
    Gerd Breker: Trotz des dritten Milliardengewinns in Folge blickt die Deutsche Bank nur verhalten optimistisch in die Zukunft. Die Altlasten der Krise, sie seien in einigen Geschäftssparten und Produktbereichen nach wie vor spürbar. Und trotz der schwierigen Gesamtlage zahlt das Haus wieder üppige Boni, denn Investmentbanking wirft erneut satte Gewinne ab. Zudem wird die Deutsche Bank Marktführer im lukrativen Geschäft mit reichen Privatkunden auf dem Heimatmarkt. Sie kaufte für rund 1,3 Milliarden Euro die traditionsreiche, aber angeschlagene Privatbank Sal. Oppenheim. Am Telefon bin ich nun verbunden mit Wolfgang Gerke, Präsident des Bayerischen Finanzzentrums. Guten Tag, Herr Gerke!

    Wolfgang Gerke: Grüß Gott, Herr Breker.

    Breker: Herr Gerke, die Deutsche Bank wird größer, wie überhaupt die Finanzkrise die Banken hat größer werden lassen. Ist das eine gute Entwicklung?

    Gerke: Nein, die Entwicklung ist nicht gut, aber man kann sie auch nicht aufhalten. Das ist ja die Überlegung, ob man Banken zerschlagen sollte. Das macht nur dann Sinn, wenn der Wettbewerb behindert ist, aber im Moment herrscht durchaus noch heftiger Bankenwettbewerb und wir müssen akzeptieren, dass Banken – da zählt so auch die Deutsche Bank dazu – so groß sind, dass im Ernstfall in der Tat wir, die Steuerzahler, der Staat, mithaften. Aber das kann man nicht lösen, indem man die Banken zerschlägt, sondern da muss man entsprechende höhere Anforderungen an diese Banken stellen, also mehr Eigenkapital sollten sie vorhalten, und man muss sie besser kontrollieren auf internationalem Niveau. Da ist noch viel zu tun und da ist der G-20-Gipfel leider sehr enttäuschend ausgefallen.

    Breker: Herr Gerke, Sie haben es angedeutet: Die Deutsche Bank ist mit diesem Zukauf nun erst recht so groß, dass der Staat erpressbar geworden ist.

    Gerke: Das war er letzten Endes vorher schon. Ich glaube, da hat sich nicht viel geändert. Auf der anderen Seite muss man sagen, für die Deutsche Bank ist das eine interessante Geschäftsstrategie, stärker zu werden bei vermögenden Kunden, bei Unternehmerfamilien, bei Stiftungen, bei Family Offices, und insofern kommt die Deutsche Bank hier durch eine Gelegenheit zusätzlich an ein Kundensegment heran, wenn es das halten kann. Da muss man natürlich noch das große Fragezeichen machen: Ist das ein günstiges Geschäft bei den Konditionen, die man jetzt bezahlen muss? Aber die Position der Deutschen Bank im deutschen Markt insbesondere ändert sich dadurch in keiner entscheidenden Form.

    Breker: Die Beratung der Reichen, sie ist lukrativ, das Investmentgeschäft inzwischen auch wieder. Die Gewinne sprudeln wie eh und je?

    Gerke: Ja, aber das Investmentgeschäft ist hoch riskant und deshalb sprudeln die Gewinne dort auch. Man hat einfach ein höheres, schnelleres Rad, was man da dreht, und das ist das, was uns Sorgen machen kann, wenn das einmal schief geht, dass dann doch die Gesamtwirtschaft davon beeinflusst ist, während das Geschäft mit den vermögenden Privatkunden, die Vermögensverwaltung, das ist für eine Bank nicht mit großem Risiko behaftet, denn die bringen ja letzten Endes Geld und die Bank kassiert Provisionen und dieses Geschäft ist insofern ein schöner Ausgleich für das Investmentbanking und die Produkte, die man im Investmentbanking strickt, die kann man dann auch noch in der Vermögenssparte mit anlegen bei vermögenden Privatkunden.

    Breker: Herr Gerke, Sie haben es eben schon mal kurz angedeutet. Sie sind gegen eine Zerschlagung der Großbanken. Der Londoner Notenbankchef Mervyn King hatte ja gefordert, dass man den spekulativen Teil der Banken trennt vom ganz normalen Kundengeschäft. Sie sind mehr dafür, dass man das über Rückhaltung von Eigenkapital regelt?

    Gerke: Ja. Zwei Wege: Ich würde auf der einen Seite die Eigenkapitalausstattung stärken. Das heißt für mich sogar ganz brutal: Wer Bonuszahlungen leistet, der sollte immer einen gewissen Prozentsatz davon in eine Sicherheitsrücklage stellen. Das gleiche gilt für Dividenden. Ich würde internationaler kontrollieren. Es geht nicht an, dass Banken vor der heimischen Aufsicht sich drücken können. Aber ich halte nichts von solchen Aktionen, in denen man Banken zerschlägt. Ich halte auch nichts davon, die Sparten zu trennen. Gerade bei der Deutschen Bank hat es sich als sehr segensreich erwiesen, dass sie, wenn sie im Investmentbanking Verluste macht, nicht gleichzeitig Verluste im Retailbanking macht. Insofern glaube ich, ist es der schwierigere Weg, den ich vorschlage, aber es ist der marktkonformere Weg.

    Breker: Zumal, wenn man bedenkt, mit welchen Summen Boni-Rücklagen gebildet werden?

    Gerke: Ja! Wenn man sich mal Goldman Sachs anschaut: Die verdienen im Moment blendend, okay, aber dafür müssen sie auch höhere Renditen nur mit höheren Risiken erzielen, und da ist es doch gut, wenn man den Investment-Bankern, die ihre Provisionen, ihre Bonus-Zahlung häufig sehr kurzfristig gezahlt bekommen, hier vorsichtshalber doch auferlegt, erstens, dass sie die nicht sofort ausbezahlt bekommen, sondern erst, wenn sich wirklich erwiesen hat, dass die Geschäfte auch rentabel nachhaltig waren, und zweitens, dass man immer bei der Bank eine Sicherheitsrücklage einbehält für schwierigere Zeiten. Das würde auch im Konjunkturzyklus sehr segensreich sein. Man könnte dann nämlich eine antizyklische Kreditpolitik betreiben. Bei den Banken ist ja im Moment genau das Gegenteil der Fall.

    Breker: Wenn es keine Spekulationsrücklagen geben sollte, wenn es keine internationalen Regeln geben sollte, Herr Gerke, ist dann der nächste Crash gewiss?

    Gerke: Der nächste Crash, der kommt auch ohne diese Maßnahmen. Da bin ich mir ganz sicher. Uns Menschen fällt immer wieder was ein, einen Crash und vorher eine Euphorie zu produzieren. Wichtig ist nur, dass beim nächsten Mal die Welle nicht so hoch ist, dass sie uns alle mitnimmt. Deshalb bin ich so dafür, dass die Banken beim nächsten Mal in der Lage sind, ihre Probleme selbst aus ihren Sicherheitsreserven zu lösen und dazu nicht die Staatengemeinschaft brauchen.

    Breker: Im Deutschlandfunk war das der Präsident des Bayerischen Finanzzentrums, Wolfgang Gerke. Herr Gerke, danke für dieses Gespräch.

    Gerke: Schönen Tag noch!