Jochen Spengler: Schwarzarbeit ist kein Kavaliersdelikt mehr und wird mit bis zu 300.000 Euro geahndet. Dennoch ist Schwarzarbeit im Kommen. Auch deshalb versucht die Große Koalition in ihrem neuen Haushaltsentwurf, Schwarzarbeit in privaten Haushalten einzudämmen. Putzhilfen, Kinderbetreuung oder Handwerksdienste sind teilweise steuerlich absetzbar. Auch der Kabarettist Thomas Freitag hat mit Schwarzarbeit offenbar schon seine Erfahrungen gemacht.
O-Ton Thomas Freitag: 10:20 Uhr: der deutsche Handwerksmeister schaut den verstopften Siffon an und sagt den klassischen Handwerkersatz, "Oh, oh, oh dat wird teuer". Ein wichtiger Satz. "Oh, oh, oh, oh dat wird teuer" ist einer von vier Sätzen, die der deutsche Handwerker in seiner Ausbildung lernt. Die anderen drei Sätze lauten: "An ihrer Stelle würde ich das alles neu machen lassen", "Dat war ich nicht, dat war schon vorher kaputt" und "Brauchen sie unbedingt eine Rechnung?".
Spengler: Brauchen sie unbedingt eine Rechnung, fragt Thomas Freitag. - Wie kann man Schwarzarbeit eindämmen? Damit befasst sich Heinrich Kahle. Er ist Schwarzarbeit-Fahnder und als solcher Selbständigen auf der Spur, die keine Steuern zahlen. Und er ist Mitorganisator des Bundestreffens der kommunalen Fahnder, die heute im niedersächsischen Gifhorn ihre Erfahrungen austauschen. Guten Morgen, Herr Kahle.
Heinrich Kahle: Guten Morgen, Herr Spengler.
Spengler: Auch wenn Sie als Ermittler mit Tausendenden anderen die Schwarzarbeit bekämpfen, können Sie verstehen, dass sich zum Beispiel ein Hartz-IV-Empfänger auch mal so sein bescheidenes Budget aufbessern mag?
Kahle: Persönlich ist das sehr verständlich, denn von 345 oder 347 Euro im Monat zu leben, ist ganz schön schwer.
Spengler: Wen oder was genau bekämpfen Sie?
Kahle: Die Bekämpfung der Schwarzarbeit wird wahrgenommen von den Dienstkräften des Hauptzollamtes und von den Dienstkräften der Landkreise und Städte. Da ich als Vertreter eines Landkreises spreche, ist der Zuständigkeitsbereich in meinem Beritt der der Selbständigen, die also eigentlich ein Gewerbe haben müssten. Ich sage "müssten", denn in der Regel haben unsere Schwarzarbeiter kein Gewerbe, oder sie begehen unerlaubte Handwerksausübung.
Spengler: Geben Sie mal ein Beispiel. Wer hat da kein Gewerbe und tut aber so?
Kahle: Ein ganz einfaches Beispiel ist: Ich nehme meinen Laptop, schreibe darauf einen Briefkopf, trete als Gewerbetreibender gegenüber dem Kunden auf und auf die Frage "geht's auch ohne" kriegen sie als Antwort "nein, auch die Mehrwertsteuer muss ausgewiesen werden". Der Kunde weiß also gar nicht, dass er hier einem Schwarzarbeiter aufsitzt. Er glaubt vermeintlich, ein ordentlich geführtes Unternehmen beauftragt zu haben.
Spengler: Der Kunde macht sich damit nicht strafbar?
Kahle: Der Kunde nicht, solange er es nicht weiß. Wenn der Kunde das natürlich mit dem Schwarzarbeiter verabredet, indem er weiß, dass der das gar nicht darf, in dem Fall würde er wegen Beauftragung mit Schwarzarbeit ebenfalls belangt werden.
Spengler: Herr Kahle, wie kommen Sie denn so einem Schwarzarbeiter auf die Spur?
Kahle: Ich will mal vorsichtig sagen, es gibt den aufmerksamen Bürger, aber es gibt auch Denunzianten, aber der aufmerksame Bürger oder andere ebenfalls involvierte Behörden - sei es das Finanzamt, seien es die Berufsgenossenschaften, sei es das Hauptzollamt oder auch die Polizei und Steuerfahndung.
Spengler: Was machen Sie dann konkret, wenn Sie auf einer Spur sind?
Kahle: Wir leiten ein Ermittlungsverfahren ein und sammeln jetzt Beweise. Beweise heißt durch Observation. Wir befragen Zeugen. Eventuell beschlagnahmen wir Konten, durchsuchen und konfrontieren dann den Schwarzarbeiter mit den Tatbeständen.
Spengler: Und dann?
Kahle: Dann wird das gemacht, was der gesetzliche Auftrag ist. Es wird geahndet. Er bekommt ein Verfahren, das in der Regel mit einem Bußgeldverfahren endet, wobei auch der Gewinn, den er illegalerweise erzielt hat, abgeschöpft wird und die Abschöpfung kann über dem Satz des Bußgeldes liegen. Der Gesetzgeber sagt sogar "muss". Aber vor allen Dingen vertreten wir die Meinung, nicht nur die Ahndung ist erforderlich, wie der Gesetzgeber es vorschreibt, sondern wir wollen bekämpfen und bekämpfen kann man am besten, wenn man dem Schwarzarbeiter Wege in die Legalität aufzeichnet.
Spengler: Was heißt das, Wege in die Legalität aufzeichnen? Sie wollen ihn nicht unbedingt bestrafen, sondern Sie wollen ihn auf den Weg der Besserung führen? Wie?
Kahle: Ganz genau. Teilweise ist das ganz einfach. Ich habe jetzt die Möglichkeit, ihm zu sagen, wie kann er denn selbständig arbeiten: 20 Euro in die Hand nehmen, zu seiner Gemeinde gehen und ein Gewerbe ordnungsgemäß anmelden und dann auch Steuern zahlen und am Wettbewerb sich halt messen lassen.
Spengler: Um welche Summen geht es da eigentlich? Wie hoch sind die Betrugssummen? Sind das eher kleine Fische, die Sie fangen, oder sind das schon erklägliche Beträge?
Kahle: Natürlich ist unsere Intention, wir möchten gerne den Großen haben, und darauf legen wir auch den großen Wert. Wir treffen also immer wieder auch Firmen an, die in sechsstelliger Höhe Umsätze erzielen, ohne dass sie ein Gewerbe angemeldet haben. Wir haben Firmen, die als Aktiengesellschaften aufgetreten sind, quer durch die ganze Republik arbeiten, und denen versuchen wir dann hier den Weg zu ebnen.
Spengler: Aber da klingt es jetzt nicht so, als müssten Sie die nur an die Hand nehmen und auf den Weg der Besserung führen. Das klingt ja schon richtig nach krimineller Methode.
Kahle: Da ist eine gehörige Portion kriminelle Energie enthalten und trotzdem geben wir die Hoffnung nicht auf, dass es gelingt, und sehr häufig gelingt es.
Spengler: Wie ist denn Ihre Erfolgsquote?
Kahle: Unsere Erfolgsquote liegt zurzeit bei 20 Prozent der erwischten, ertappten Schwarzarbeiter. Bei einem Fünftel unserer Delinquenten ist es gelungen, in die Legalität zu kommen, wobei wir ihn auch begleiten, nicht nach dem Motto, jetzt habe ich mich legalisiert, anschließend mache ich schwarz weiter. Nein, der bleibt im Fokus der Ermittler.
Spengler: Aber die Quote ist noch steigerungsfähig. Was benötigen Sie denn, um noch besser zu sein?
Kahle: Noch besser zu sein, natürlich die politische Unterstützung. Wir fordern zum Beispiel, dass die Rechte der kommunalen Fahnder gleichgestellt werden mit den Rechten der Bediensteten der Hauptzollämter.
Spengler: Was heißt das? Was dürfen die, was Sie nicht dürfen?
Kahle: Ich kann das an einem Beispiel mal plastisch darstellen.
Spengler: Aber kurz, weil wir so viel Zeit nicht mehr haben, Herr Kahle.
Kahle: Ein Schwarzarbeiter, der in der Zeitung wirbt, mit einer Zeitungsannonce, mit einer Telefonnummer. Nur im Rahmen eines Auskunftsersuchens, einer zeugenschaftlichen Befragung des Telekommunikationsanbieters kann ich hier als Zeuge diese Firma vernehmen und kriege dann die Antworten. Bei den Dienstkräften des Hauptzollamtes ist es einfacher. Die gehen zur Regulierungsbehörde der Telekommunikation und kriegen sofort auf dem kurzen Dienstweg, will ich mal sagen, diese Antworten. Das sind solche Rechte, die dort erweitert werden müssen. Und der Bürokratieabbau ist ganz, ganz wichtig.
Spengler: Heinrich Kahle, Schwarzarbeit-Fahnder in Niedersachsen. Danke für das Gespräch. Es gibt gesetzlich noch einiges zu tun, haben wir gelernt.
O-Ton Thomas Freitag: 10:20 Uhr: der deutsche Handwerksmeister schaut den verstopften Siffon an und sagt den klassischen Handwerkersatz, "Oh, oh, oh dat wird teuer". Ein wichtiger Satz. "Oh, oh, oh, oh dat wird teuer" ist einer von vier Sätzen, die der deutsche Handwerker in seiner Ausbildung lernt. Die anderen drei Sätze lauten: "An ihrer Stelle würde ich das alles neu machen lassen", "Dat war ich nicht, dat war schon vorher kaputt" und "Brauchen sie unbedingt eine Rechnung?".
Spengler: Brauchen sie unbedingt eine Rechnung, fragt Thomas Freitag. - Wie kann man Schwarzarbeit eindämmen? Damit befasst sich Heinrich Kahle. Er ist Schwarzarbeit-Fahnder und als solcher Selbständigen auf der Spur, die keine Steuern zahlen. Und er ist Mitorganisator des Bundestreffens der kommunalen Fahnder, die heute im niedersächsischen Gifhorn ihre Erfahrungen austauschen. Guten Morgen, Herr Kahle.
Heinrich Kahle: Guten Morgen, Herr Spengler.
Spengler: Auch wenn Sie als Ermittler mit Tausendenden anderen die Schwarzarbeit bekämpfen, können Sie verstehen, dass sich zum Beispiel ein Hartz-IV-Empfänger auch mal so sein bescheidenes Budget aufbessern mag?
Kahle: Persönlich ist das sehr verständlich, denn von 345 oder 347 Euro im Monat zu leben, ist ganz schön schwer.
Spengler: Wen oder was genau bekämpfen Sie?
Kahle: Die Bekämpfung der Schwarzarbeit wird wahrgenommen von den Dienstkräften des Hauptzollamtes und von den Dienstkräften der Landkreise und Städte. Da ich als Vertreter eines Landkreises spreche, ist der Zuständigkeitsbereich in meinem Beritt der der Selbständigen, die also eigentlich ein Gewerbe haben müssten. Ich sage "müssten", denn in der Regel haben unsere Schwarzarbeiter kein Gewerbe, oder sie begehen unerlaubte Handwerksausübung.
Spengler: Geben Sie mal ein Beispiel. Wer hat da kein Gewerbe und tut aber so?
Kahle: Ein ganz einfaches Beispiel ist: Ich nehme meinen Laptop, schreibe darauf einen Briefkopf, trete als Gewerbetreibender gegenüber dem Kunden auf und auf die Frage "geht's auch ohne" kriegen sie als Antwort "nein, auch die Mehrwertsteuer muss ausgewiesen werden". Der Kunde weiß also gar nicht, dass er hier einem Schwarzarbeiter aufsitzt. Er glaubt vermeintlich, ein ordentlich geführtes Unternehmen beauftragt zu haben.
Spengler: Der Kunde macht sich damit nicht strafbar?
Kahle: Der Kunde nicht, solange er es nicht weiß. Wenn der Kunde das natürlich mit dem Schwarzarbeiter verabredet, indem er weiß, dass der das gar nicht darf, in dem Fall würde er wegen Beauftragung mit Schwarzarbeit ebenfalls belangt werden.
Spengler: Herr Kahle, wie kommen Sie denn so einem Schwarzarbeiter auf die Spur?
Kahle: Ich will mal vorsichtig sagen, es gibt den aufmerksamen Bürger, aber es gibt auch Denunzianten, aber der aufmerksame Bürger oder andere ebenfalls involvierte Behörden - sei es das Finanzamt, seien es die Berufsgenossenschaften, sei es das Hauptzollamt oder auch die Polizei und Steuerfahndung.
Spengler: Was machen Sie dann konkret, wenn Sie auf einer Spur sind?
Kahle: Wir leiten ein Ermittlungsverfahren ein und sammeln jetzt Beweise. Beweise heißt durch Observation. Wir befragen Zeugen. Eventuell beschlagnahmen wir Konten, durchsuchen und konfrontieren dann den Schwarzarbeiter mit den Tatbeständen.
Spengler: Und dann?
Kahle: Dann wird das gemacht, was der gesetzliche Auftrag ist. Es wird geahndet. Er bekommt ein Verfahren, das in der Regel mit einem Bußgeldverfahren endet, wobei auch der Gewinn, den er illegalerweise erzielt hat, abgeschöpft wird und die Abschöpfung kann über dem Satz des Bußgeldes liegen. Der Gesetzgeber sagt sogar "muss". Aber vor allen Dingen vertreten wir die Meinung, nicht nur die Ahndung ist erforderlich, wie der Gesetzgeber es vorschreibt, sondern wir wollen bekämpfen und bekämpfen kann man am besten, wenn man dem Schwarzarbeiter Wege in die Legalität aufzeichnet.
Spengler: Was heißt das, Wege in die Legalität aufzeichnen? Sie wollen ihn nicht unbedingt bestrafen, sondern Sie wollen ihn auf den Weg der Besserung führen? Wie?
Kahle: Ganz genau. Teilweise ist das ganz einfach. Ich habe jetzt die Möglichkeit, ihm zu sagen, wie kann er denn selbständig arbeiten: 20 Euro in die Hand nehmen, zu seiner Gemeinde gehen und ein Gewerbe ordnungsgemäß anmelden und dann auch Steuern zahlen und am Wettbewerb sich halt messen lassen.
Spengler: Um welche Summen geht es da eigentlich? Wie hoch sind die Betrugssummen? Sind das eher kleine Fische, die Sie fangen, oder sind das schon erklägliche Beträge?
Kahle: Natürlich ist unsere Intention, wir möchten gerne den Großen haben, und darauf legen wir auch den großen Wert. Wir treffen also immer wieder auch Firmen an, die in sechsstelliger Höhe Umsätze erzielen, ohne dass sie ein Gewerbe angemeldet haben. Wir haben Firmen, die als Aktiengesellschaften aufgetreten sind, quer durch die ganze Republik arbeiten, und denen versuchen wir dann hier den Weg zu ebnen.
Spengler: Aber da klingt es jetzt nicht so, als müssten Sie die nur an die Hand nehmen und auf den Weg der Besserung führen. Das klingt ja schon richtig nach krimineller Methode.
Kahle: Da ist eine gehörige Portion kriminelle Energie enthalten und trotzdem geben wir die Hoffnung nicht auf, dass es gelingt, und sehr häufig gelingt es.
Spengler: Wie ist denn Ihre Erfolgsquote?
Kahle: Unsere Erfolgsquote liegt zurzeit bei 20 Prozent der erwischten, ertappten Schwarzarbeiter. Bei einem Fünftel unserer Delinquenten ist es gelungen, in die Legalität zu kommen, wobei wir ihn auch begleiten, nicht nach dem Motto, jetzt habe ich mich legalisiert, anschließend mache ich schwarz weiter. Nein, der bleibt im Fokus der Ermittler.
Spengler: Aber die Quote ist noch steigerungsfähig. Was benötigen Sie denn, um noch besser zu sein?
Kahle: Noch besser zu sein, natürlich die politische Unterstützung. Wir fordern zum Beispiel, dass die Rechte der kommunalen Fahnder gleichgestellt werden mit den Rechten der Bediensteten der Hauptzollämter.
Spengler: Was heißt das? Was dürfen die, was Sie nicht dürfen?
Kahle: Ich kann das an einem Beispiel mal plastisch darstellen.
Spengler: Aber kurz, weil wir so viel Zeit nicht mehr haben, Herr Kahle.
Kahle: Ein Schwarzarbeiter, der in der Zeitung wirbt, mit einer Zeitungsannonce, mit einer Telefonnummer. Nur im Rahmen eines Auskunftsersuchens, einer zeugenschaftlichen Befragung des Telekommunikationsanbieters kann ich hier als Zeuge diese Firma vernehmen und kriege dann die Antworten. Bei den Dienstkräften des Hauptzollamtes ist es einfacher. Die gehen zur Regulierungsbehörde der Telekommunikation und kriegen sofort auf dem kurzen Dienstweg, will ich mal sagen, diese Antworten. Das sind solche Rechte, die dort erweitert werden müssen. Und der Bürokratieabbau ist ganz, ganz wichtig.
Spengler: Heinrich Kahle, Schwarzarbeit-Fahnder in Niedersachsen. Danke für das Gespräch. Es gibt gesetzlich noch einiges zu tun, haben wir gelernt.