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"Da laufen die Fahrgäste der Deutschen Bahn in Scharen weg"

Die Zugausfälle in Mainz schaden dem ohnehin schlechten Image der Deutschen Bahn, meint Heidi Tischmann von Verkehrsclub Deutschland. Sie glaubt, dass der Staatskonzern langfristig Kunden verliert. Kunden blieben kaum Möglichkeiten, wegen der Zugausfälle Ansprüche zu erheben.

Heidi Tischmann im Gespräch mit Sören Brinkmann |
    Sören Brinkmann: Die Probleme verschärfen sich, denn bisher gab es vor allem abends und nachts Zugausfälle und Umleitungen, betroffen vor allem die Fernzüge, die den Mainzer Hauptbahnhof zu den Tageszeiten nicht mehr angefahren haben. Inzwischen gelten die Einschränkungen ganztägig und treffen auch die Pendler im Rhein-Main-Gebiet. Immerhin wird der Bahnhof von Tausenden Fahrgästen zum Beispiel auf dem Weg von und nach Frankfurt, Wiesbaden oder Darmstadt genutzt. – Vor der Sendung habe ich mit Heidi Tischmann vom Verkehrsclub Deutschland gesprochen, sie ist dort die Bahnexpertin, und ich habe sie gefragt, was die Kunden jetzt beachten sollten.

    Heidi Tischmann: Mainz ist ja sowieso schon schlecht angebunden, zumindest im Fernverkehr, und dieses aktuelle Problem betrifft jetzt ja auch den Nahverkehr. Das ist eine Situation, die wirklich nicht tragbar ist. Die Kunden haben wenig Möglichkeiten, die Fahrgäste. Sie können Fahrgemeinschaften bilden, um im Nahverkehr zu ihrer Arbeitsstätte gelangen zu können, und von der Deutschen Bahn erwarten wir, dass sie zumindest Schienenersatzverkehr aktuell anbietet, dass die Leute zumindest mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein können.

    Brinkmann: Wie ist es mit Schadenersatzansprüchen?

    Tischmann: In diesem Fall haben die Fahrgäste leider keinen Anspruch auf Erstattung. Natürlich werden sie ihre Monatskarte, die sie jetzt nicht nutzen können im Nahverkehr, zurückgeben können und das Geld zurück verlangen können, das auf jeden Fall. Aber sie können nicht irgendwelche Erstattungen verlangen dafür, dass der Zug nicht fährt.

    Brinkmann: Nun wird es durch die Berichterstattung wohl inzwischen kaum noch Menschen geben, die zum Mainzer Hauptbahnhof kommen und überrascht sind von den Zugausfällen. Sollten die Leute überhaupt noch wie gewohnt und ohne Vorplanung zum Hauptbahnhof dort kommen?

    Tischmann: Inzwischen hat die Deutsche Bahn gelernt, das muss man ihr lassen. Ihre Informationspolitik ist ja schon besser geworden. Man kann im Internet gucken, ob ein Zug verspätet ankommt oder überhaupt fährt. Ich denke schon, Sie haben recht mit Ihrer Frage. Die Leute können sich wahrscheinlich über die Medien besser informieren zurzeit, dann müssen sie gar nicht zum Bahnhof gehen. Aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass dieser Zustand, der jetzt in Mainz herrscht, noch lange vorhält, weil das kann sich ein Unternehmen Deutsche Bahn eigentlich überhaupt nicht leisten. Das Image der Deutschen Bahn ist sowieso schon schlecht, gerade auch mit den Zugausfällen durch das Hochwasser, und jetzt dieses noch durch den Personalmangel in Mainz. Das ist wirklich ein ganz, ganz schlechtes Image für die Deutsche Bahn.

    Brinkmann: Sie haben jetzt das Image mehrfach angesprochen. Abgesehen davon und vom Schaden für das Image, könnte so ein Fall die Bahn auch langfristig Kunden kosten?

    Tischmann: Auf jeden Fall. Man sieht das jetzt ja auch auf der Strecke zwischen Berlin und Hannover, die gesperrt ist wegen des Hochwassers. Da laufen die Fahrgäste der Deutschen Bahn in Scharen weg, weil sie eine längere Fahrzeit haben, weil sie nach Wolfsburg ja überhaupt nicht mehr kommen mit dem Fernverkehr. Das ist für die Deutsche Bahn ein ganz schlechtes Zeichen. Unsere Kritik geht aber auch an die Eigentümerin der Deutschen Bahn. Das ist ja die Bundesregierung. Die Deutsche Bahn, das Unternehmen, ist ja zu 100 Prozent im Eigentum der öffentlichen Hand. Die öffentliche Hand, also die Bundesregierung, muss sich viel mehr um ihr Unternehmen Deutsche Bahn kümmern, dass sie wieder ein leistungsfähiges Unternehmen ist und wird.

    Brinkmann: Es ist auffällig, dass es aktuell jetzt mehrere Baustellen gibt. Sie haben die Eisenbahnbrücke angesprochen zwischen Hannover und Berlin, jetzt dieser Problemfall in Mainz. Sie meinen, das ist hausgemacht?

    Tischmann: Es ist schon so. Was die Deutsche Bahn ja schon lange zugibt, dass sie nicht genügend Züge hat. Das ist auch ein Problem, dass zum Beispiel die Reservierungen nicht mehr funktionieren, dass die Züge anders gereiht sind als angekündigt. Es gibt so viele Probleme gerade bei der Deutschen Bahn, weil die Züge fehlen, durch das Hochwasser, dadurch, dass sie eine schlechte Personalplanung haben. Das ist insgesamt ein ganz, ganz schlechtes Angebot, was die Deutsche Bahn AG ihren Fahrgästen gerade bietet, und da möchte ich gerne noch mal sagen: Es ist ja demnächst Fahrplanwechsel im Dezember und Herr Grube hat ja schon angekündigt, dass die Fahrpreise erhöht werden wegen der gestiegenen Energiekosten, und das kann die Deutsche Bahn sich in diesem Jahr wirklich überhaupt nicht leisten, in diesem Fall auch noch die Fahrpreise anzuheben.

    Brinkmann: Die Bahn ist zu 100 Prozent im Besitz des Bundes. Was muss der Eigentümer machen?

    Tischmann: Die Bundesregierung interessiert sich ja für den Bahnverkehr eigentlich überhaupt nicht. Sie hat vor 20 Jahren im Zuge der Bahnreform diesem Unternehmen Deutsche Bahn diese Aufgabe erteilt, den Fernverkehr zu organisieren und das zur Zufriedenheit der Fahrgäste zu machen, und dann hat sie sich überhaupt nicht mehr darum gekümmert, und das sollte sie viel mehr in die Hand nehmen. Die Vorstellung des VCD ist auch, im Nahverkehr wird ja der Nahverkehr auf der Schiene auch von den Bundesländern bestellt, und das gleiche wünschen wir uns im Fernverkehr auf der Bundesebene, dass die Bundesebene organisiert, der Fernverkehr findet dort und dort statt. Zum Beispiel Mainz ist ja fast abgehängt vom Fernverkehr. Dass solche "Randgebiete" auch weiterhin vom Fernverkehr angefahren werden, dafür hat der Bund zum Beispiel zu sorgen.

    Brinkmann: Der Verkehrsclub Deutschland fordert mehr Engagement des Bundes beim Betrieb der Eisenbahn und als Eigentümer der Deutschen Bahn AG – ein Gespräch mit Heidi Tischmann vom Verkehrsclub Deutschland.


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