Freezma, Fitnessmodel aus Neuseeland, packt für seine Fans die "Triple S" der Modemarke Balenciaga aus. Über 120.000 Menschen schauen dieses Video auf YouTube. Und hören, wie der Turnschuhfan einen gar nicht so absurden Vergleich zieht:
"It reminds me of Skechers."
Der Schriftzug auf der Zunge erinnere Freezma an die Schrift einer Schuhmarke namens Skechers, die nicht unbedingt unter dem Adjektiv "cool" gelistet wird. Trotz der eher uncoolen Assoziation, trotz des eher ungewöhnlichen Aussehens des "Triple S", nämlich klobig und übergroß - der Schuh der Modemarke ist sofort ausverkauft und leitet eine neue Ära ein: Dad-Sneakers. Eine Ära, die eigentlich kurz vor dem "Triple S" begann, im August 2017 als Kanye West mal wieder einen Turnschuh auf den Markt brachte.
"Der Trend ging letztes Jahr los. Die aktuelle Inspiration kommt eigentlich von Adidas in Kollaboration mit Kanye West und das müsste der Yeezy Wave Runner sein. Das ist der 700er. Der wurde bisher nur in Amerika releast, in Europa kam der noch nicht raus. Und ab dem Augenblick, wo der Schuh rauskam, gab es relativ viele Versionen von verschiedenen Herstellern, die so abgekupfert waren."
Mode vom Spielfeldrand
Marc Leuschner, absoluter Turnschuh-Auskenner, der seine Liebe zum Job gemacht hat: vor zehn Jahren übernahm er die Geschäftsführung eines Sneakershops in Berlin. Er beobachtet die Trendbewegung dieser Dad-Sneaker ganz genau.
"Allgemein muss man sagen, ist der Trend jetzt - ob nun im Lifestyle-Segment oder tatsächlich im Fashion-Segment - eher bulkige Schuhe, das heißt: dicke Sohlen. Auch Buffalo feiert gerade ein bisschen sein Revival. Es gibt ja allgemein in der Modeszene viele 90er-Jahre-Revivals."
Wieder die 90er. Sie lassen uns seit zwei Jahren modisch nicht in Ruhe. Jetzt sind wir also endlich bei den Schuhen angekommen. Der Dad-Sneaker kommt nämlich von Papa - nicht dem hier um die Ecke, sondern vom amerikanischen Papi. Dad halt, der in unförmiger Chinohose und weißen "Crossfit-Turnschuhen" am Fußballfeldrand steht und seine sportlichen Kinder anfeuert. Der "Crossfit-Schuh" hatte schon damals eine dicke Sohle, sah aus wie ein schwerer Laufschuh, denn er musste ja all dem standhalten, was man eigentlich so im Fitnessstudio anstellt. Ami-Dad hat ihn aus Bequemlichkeit für sich entdeckt. Stabiler Schuh für die Mall - oder eben am Fußballfeldrand stehen.
Die 90er als willkommene Abwechslung
Dass gerade die Schuhe aus den 90ern uns heimsuchen ist keine Überraschung. Zum einen verläuft Mode in Zyklen, zum anderen brauchte die Sneakerszene neue Hingucker, beziehungsweise Absetzungsmerkmale zum Mainstream. Denn die letzten Jahre wurden von sehr zurückgenommenen, sogenannten "cleanen" Turnschuhen wie den "Stan Smith" beherrscht. Geht man durch Berlins Mitte zum Beispiel, sieht man den weißen, unaufgeregten Schuh an fast jedem Fuß. Da ist der klobig-hässliche Sneaker eine willkommene Abwechslung. Der noch ungewohnte Look lockt die Turnschuh- und Modefans in den Laden, um ein solches Paar zu ergattern.
Das mit dem Ergattern ist nur nicht so leicht, denn die bezahlbaren Varianten der gängigen Turnschuhhersteller sind schnell ausverkauft. Wer nicht bei Wind und Wetter vor Sneakerläden campt, hat eigentliche keine Chance. Na ja, und die Versionen von Balenciaga, Louis Vuitton, Dior und Co. sind mit über 500 Euro eher etwas für Menschen, denen Statussymbole wichtiger sind als Mode.