"Wir wollen als Menschen Dinge, die man spürt, die man anfassen kann."
Stecker in die Buchse, Plug and Play - das Innenleben digitaler Musik-Instrumente bleibt im Verborgenen. Mit seinen "Dada Machines" macht der Musiker und Klangtüftler Christian Heiß es sichtbar, ja geradezu sinnlich erfahrbar.
"Ich habe sofort einen Zugang, wenn ich sehe, da haut ein Stock auf eine Trommel. Ganz anders, als wenn nur eine Box wackelt und es macht bumm."
So bringen die "Dada Machines" in digitale Computermusik einen Hauch von analoger Wärme. Die Komposition entsteht zwar nach wie vor über eine Audio-Software am Rechner. Doch Töne, Melodien und Harmonien werden an Instrumenten oder über Alltagsgegenstände erzeugt. Das Prinzip ist einfach: Computer, Audio-Schnittstelle, Elektromagnete und -motoren aus dem Modellbau - mehr braucht es nicht für die "Dada Machines".
Start-up im Kellerstudio
Zusammen mit Johannes Lohbihler hat Christian Heiß daraus ein kleines Start-Up-Unternehmen gemacht. In einem Kellerstudio in München-Schwabing haben die beiden die ersten Prototypen entwickelt: Johannes, der Produktdesigner, Christian, Theatermacher und Musiker beim Weilheimer Notwist-Ableger Lali Puna.
Johannes Lohbihler knibbelt Stecker in ein kleines, schwarzes Kästchen im CD-Format, dem Herzen der "Dada Machines", der Audioschnittstelle zwischen dem Computer und den Elektromagneten.
"Der wandelt Midi-Signale, die wir in fast allen Musikprogrammen haben, in Stromstöße um", sagt Lohbihler. "Ich hab erst mal nur zwei Stecker rein. Jetzt habe ich quasi am iPad, am Sequenzer, eine Note platziert. Man kann dann immer mehr Noten platzieren. Und dann fangen die Motoren an zu laufen."
Die Impulse kommen aus der Software, der Controller wandelt sie in Stromstöße um und lässt die Motoren klicken und klackern.
Wenn der Motor 24 Volt bekommt, dreht er das Glockenspiel
Ortswechsel: Das Jugendtheater der Münchner Kammerspiele, die Schauburg in Schwabing. Hier hat Christian Heiß das Prinzip der "Dada Machines" in diversen Stücken auf der Bühne umgesetzt, etwa in Jule Vernes "20.000 Meilen unter dem Meer".
"Das ist ein Glockenspiel und da sind Drehmagnete angebracht aus einem Türschloss. Da habe ich jede einzelne Halterung selber gefräst und hab da den Klöppel dran gemacht. Immer wenn der 24 Volt bekommt, der Motor, dann dreht der. Und eine Feder holt das zurück."
Autor:
"Schön ist natürlich, dass die Motoren selber auch Geräusche machen. Was ja zusätzlich noch einen Reiz hat."
Christian Heiß:
"Genau. Das Klackern. Man merkt einfach, dass da was arbeitet. Und der Reiz war natürlich auch, sein eigenes Orchester haben zu können, wenn man das will. Ich könnte mir nie ein Orchester leisten mit fünf Leuten, die hier so was spielen. Ich möchte aber gerne dafür schreiben."
Was Christian Heiß nicht möchte: Echte Musiker aus Fleisch und Blut durch seine "Dada Machines" ersetzen. Denn menschliche Emotionen können Maschinen nicht transportieren.
Pop-Duo "Joasihno" setzt Dada Machines für Live-Musik ein
In einem kleinen Proberaum in einem Gewerbegebiet in München-Westend bauen Nico Sperrig und Cico Beck ihre Instrumente auf. Als experimentierfreudiges Pop-Duo "Joasihno" sind sie die ersten, die "Dada Machines" auch für die Live-Umsetzung ihrer Musik verwenden.
"Diese Motoren, die gibt es zu kaufen, und diesen Schlegel haben wir einfach selber dran gebaut. Einfach mit Kabelbinder. Aber diese Halterung, die wurde für uns von einem Schlosser konstruiert, dass man die auch im Winkel verstellen kann. Das ist jetzt vor allem bei dieser Konstruktion für das Xylophon wichtig, dass man die Abstände der Motoren zueinander verschieben kann, damit man unterschiedliche Töne am Xylophon spielen kann."
Cico Beck:
"Ich habe hier im Computer schon Midi-Spuren vorbereitet, und die spielt er dann ab."
Cico Beck sitzt vor einer Insel aus Instrumenten: Glockenspiel, Tamburin, Xylophon - präpariert mit kleinen Elektromotoren, verkabelt mit dem Computer und dem Controller der "Dada Machines".
Bei Kraftwerk war es die Menschmaschine, die Automation imitierte. "Dada Machines" imitiert nun die Komposition, vom Digitalen ins Reale. Dada heißt eben auch verrückt - im ganz wörtlichen Sinne. Erfinder Christian Heiß:
"Um die genaue Klärung des Begriffs Dada haben wir uns eigentlich nicht gekümmert. Also ich weiß natürlich, was das ist. Aber es ist erst mal eine positive Assoziation von verrückt für mich."