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Dänemark und die Nato
Hilfe aus Tradition

Vor dem Nato-Gipfel hat Dänemark angeboten, die Nato-Mission im Irak zu führen. Dänemarks Unterstützung habe Tradition, sagte Christian Mölling, Vize-Direktor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, im Dlf. Das Land wolle sichtbar sein - und den USA Verlässlichkeit demonstrieren.

Christian Mölling im Gespräch mit Britta Fecke |
Nato-Flagge am 70. Jahrestag der Gründung der Organisation bei einer Zeremonie in Kopenhagen, Dänemark
Arbeiten zusammen: Dänemark und die Nato (Claus Bech / imago)
Fecke: Morgen beim Gipfel in London will die Nato eigentlich ihren 70. Geburtstag feiern, doch die Stimmung ist getrübt. Unter anderem durch die Fundamentalkritik des französischen Präsidenten Macron, Stichwort "Hirntod". Auch schwelt nach wie vor der Streit mit US-Präsident Trump über die Verteidigungsausgaben, und der Einmarsch der türkischen Truppen in Nordsyrien sorgt ebenfalls für Verstimmungen innerhalb der mächtigsten Militärallianz weltweit. Doch es gibt auch versöhnliche Töne. Dänemark hat angeboten, die Führung der Nato-Trainings Mission im Irak von Kanada zu übernehmen. Das Motiv des nordischen Nato-Partners möchte ich jetzt mit Christian Mölling besprechen, er ist der stellvertretende Direktor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.
Herr Mölling, überrascht Sie dieses Engagement Dänemarks im Nahen Osten?
Mölling: Nicht wirklich. Ich denke, man kann sehen, dass Dänemark bei seiner Sicherheits- und Verteidigungspolitik eben nicht auf Europa setzt, sondern im Wesentlichen auf die Nato. Was man da dran allerdings auch sehen kann, ist, dass Dänemark versucht, immer wieder für sich selbst Sichtbarkeit herzustellen. Das war in den letzten 20, 30 Jahren einfacher, als im Rahmen der Nato diverse Operationen stattgefunden haben. Heute wird das immer schwieriger, weil die Nato sich ja auf die Abschreckung zurück konzentriert hat, da ist man nicht mehr so schnell sichtbar.
"Dänemark muss zeigen, wofür es seine Armee hat"
Da ist so eine Mission oder die Führerschaft einer solchen Mission zu übernehmen natürlich immer eine Gelegenheit, sowohl zu Hause als auch im Rahmen der Allianz zu kommunizieren, dass man ein aktives Mitglied ist. Man darf nicht vergessen, Dänemark gehört mit zu den kleinsten Mitgliedern der Nato, hat auch eine relativ kleine Armee und muss deswegen eigentlich immer wieder versuchen zu zeigen – auch zu Hause –, dass es selbst da ist und wofür es eigentlich seine Armee hat.
Fecke: Würden Sie es so einschätzen, dass Dänemark zwar eines der kleinsten, aber schon immer eines der aktivsten Mitglieder der Nato ist?
Mölling: Ja, das hat lange Tradition in Dänemark. Man hat sich eigentlich frühzeitig von einer Sicherheitsordnung verabschiedet, in der die Europäische Union eine solche wesentliche Rolle übernimmt. Und deswegen hat man sich im Rahmen der Reorientierung der dänischen Sicherheitspolitik nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sehr klar auf die Nato orientiert. Und deswegen hat das lange Tradition, dass die Dänen immer dann, wenn es darum ging, eine Operation im Rahmen der Nato zu starten, ganz früh ganz vorne mit dabei gewesen sind. Einfach, um sozusagen in diesem erstem Moment mit dabei zu sein und auch vor allem den Amerikanern zu signalisieren: "Hey, wir sind da, wir sind verlässliche Partner, wir gehen mit euch überall hin".
Finnland und Schweden brauchen die Nato
Fecke: Gucken wir mal in die andere Richtung. Auch Finnland und Schweden sind näher an die Nato herangerückt, haben ihre Zusammenarbeit intensiviert. Spielt da auch die Sorge vor der russischen Präsenz mit rein?
Mölling: Ich glaube, das ist die wesentliche Sorge. Finnland und Schweden haben traditionell eine Art von Politik, in der sie sich nicht im Militärbündnis einbringen wollen oder dürfen. Beide Staaten überlegen derzeit, ob sie es machen sollten, das hat aber ganz unterschiedliche Gründe, warum das zurzeit für sie innenpolitisch nicht möglich ist. Gleichzeitig wissen sie aber, was auch immer in der nordischen Region, in Europa passiert, muss bedeuten, dass alle Europäer zusammenarbeiten. Und da ist die Nato der wesentliche Hebel und der wesentliche Akteur.
Das heißt, wenn man seine eigene Sicherheit sicher stellen will, als Finne oder als Schwede, dann muss man so nah wie möglich an die Nato heranrücken. Das heißt, wir sind hier in der Situation, wo Finnen und Schweden gemeinsam mit den Nato-Staaten üben, die Nato-Staaten deren Lufträume und Gebiete mitnutzen können, weil im Zweifelsfalle, wenn es tatsächlich zu einem Krieg kommen würde, sind das sogenannte gemeinsame Operationsräume. Da kann man nicht mehr darauf Wert legen oder nicht mehr darauf warten, dass ein Grenzpolizist einen durchlässt, sondern man muss tatsächlich militärisch im gesamten nordischen Gebiet operieren können.
USA sind wichtiger Bezugspunkt
Fecke: Sie haben es gerade für Dänemark schon gesagt. Gilt das ebenfalls für die anderen nordischen Länder, dass Sie eher auf die Nato setzen als auf die EU, wenn es um Probleme geht im außenpolitischen Bereich?
Mölling:Wenn es um den militärischen Bereich geht, auf alle Fälle. Da setzen beide auf die Nato auf der einen Seite und, genauso wie Dänemark auch, auf die bilateralen Beziehungen zu den USA. Beide Staaten, die Finnen als auch die Schweden, unterhalten jeweils bilaterale Verteidigungsabkommen oder Verteidigungsbeziehungen zu den USA, und haben diese in den letzten zwei Jahren sogar noch einmal formalisiert und verstärkt, indem sie mit den USA gemeinsame Abkommen geschlossen haben. Das heißt, hier sind die USA trotz der Rede vom Hirntod ein ganz wichtiger Bezugspunkt für die individuelle Sicherheit der Staaten, auch in der nordischen Region.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.