Daimler ist aus Vorstandssicht "ein Unternehmen, das sich in einer in der Historie noch nie dagewesenen Transformationen befindet", sagte Finanzvorstand Harald Wilhelm erst kürzlich bei der Vorstellung der Quartalszahlen. Und nun ist raus, wie diese Transformationen unter anderem aussehen. Nachzulesen ist das in einer E-Mail des Gesamtbetriebsrats an alle Mitarbeiter, die dem Deutschlandfunk vorliegt. Sie bezieht sich auf ein Führungskräfte-Treffen.
Dort habe, so ist in der Mail zu lesen, Daimler-Vorstandschef Ola Källenius erstmals konkrete Zahlen zu einer geplanten Umstrukturierung genannt. Demnach sollen deutschlandweit zehn Prozent aller Führungskräfte-Stellen abgebaut werden. Projiziert auf die Daimler-Standorte in alle Welt, wären dies etwa 1.100 Stellen.
Betriebsrat lehnt Lohnkürzungen kategorisch ab
Der Gesamtbetriebsrat sehe durchaus die schwierige Situation des Konzerns, der immerhin im zweiten Quartal dieses Jahres erstmals einen Milliardenverlust einfuhr. Aber eine Kröte werde man, so der Text der Mitarbeitermail, auf gar keinen Fall schlucken: "Vorschläge der Unternehmensleitung zur Personalkosten-Reduzierung waren beispielsweise die Nicht-Weitergabe von Tariferhöhungen der Tarifrunde 2020 oder das Hinauszögern von individuellen Entgelt-Erhöhungen. Dies haben wir kategorisch abgelehnt."
Der Daimler-Konzern verweist in einer schriftlichen Stellungnahme auf die großen Herausforderungen, denen sich die Autoindustrie derzeit stellen muss. Hier müsse gegengesteuert werden. Alle Betriebsabläufe würden daher auf ihr Kosteneinsparpotential überprüft. Und weiter: "Wir befinden uns mit den Arbeitnehmervertretungen in konstruktivem Dialog, werden uns zu Spekulationen des Betriebsrates aber nicht äußern."
Abbau von Führungskräften und der Versuch, sich von Tariferhöhungen für die Mitarbeiter freizuschwimmen - für Professor Ferdinand Dudenhöffer, Auto-Experte an der Universität Duisburg-Essen, kommt all dies nicht überraschend: "Die Meldung war zu erwarten. Denn bei der Übernahme hat Källenius schon angekündigt, dass er Mercedes und Daimler neu aufstellt. Das Gleiche gilt übrigens auch für BMW und andere. Also, wir haben große Einsparungsprogramme in der Autoindustrie und die treffen auch die Beschäftigten."
Auto-Experte Dudenhöffer: "Nicht zu sparen wäre naiv und risikoreich"
Diese Einsparungsprogramme kommen nicht von ungefähr und bei dem, was heute bekannt geworden ist, wird es nicht bleiben, meint Dudenhöffer, der auf zwei Ursachen verweist: "Auf der einen Seite müssen wir in die Elektromobilität gehen. Auf der anderen Seite haben wir konjunkturell große Schwierigkeiten. Beides führt dazu, dass der Druck auch auf die Kosten und damit auf die Beschäftigten in den nächsten Monaten wächst."
Allerdings glaubt Dudenhöffer auch, dass die Autoindustrie um derlei unpopuläre Maßnahmen nicht herumkommt: "Es ist so, dass alle derzeit Einsparungen machen müssen, und dass man schaut, inwieweit man mit weniger Mitarbeitern zu Rande kommt. Nicht zu sparen bedeutet einfach, naiv in die Zukunft zu gehen und damit mehr zu riskieren als jetzt rechtzeitig die Sparpolitik auszurollen."
Kommenden Donnerstag will Daimler seine Umstrukturierungspläne zeitgleich in New York und in London vorstellen zunächst den Aktionären im Rahmen eines Kaptalmarkt-Tages. Allerdings soll dann auch die Öffentlichkeit informiert werden.