Kollegen hätten ihr berichtet, dass in einigen Teilen von Damaskus überhaupt kein Wassser mehr aus den Leitungen käme, sagte die Nothilfe-Koordinatorin. Woanders hätten die Menschen Quellen angezapft, aber das Wasser sei oft nicht trinkbar. Nur wer das Geld dazu habe, könne sich Trinkwasser kaufen, berichtete Katharina Ebel. Helfer versuchten, Tanks zu organisieren, um die Menschen mit Wasser zu versorgen. Die Reparatur des beschädigten Stausees sei langwierig.
Trotzdem sei die Lage der Menschen in Damaskus nicht mit der Situation in Aleppo vergleichbar, so die Einschätzung der Nothilfe-Koordinatorin. Zwar werde in Damaskus genauso wie in Aleppo Wasser als Kriegsmittel verwendet, was die Menschen in eine dramatische Notlage bringe. Anders als in Aleppo funktioniere in Damaskus aber das Behördensystem, sodass sich die Notlage leichter überbrücken ließe. Weil dort nicht so viel zerstört sei, werde es nicht zu einer ähnlich schlimmen Lage wie in Aleppo kommen, meinte Ebel.
In der früher umkämpften Stadt habe sich die Lage etwas beruhigt. Das habe zu einer Verbesserung der Situation der Menschen in Aleppo geführt. Viele hätten den zuletzt belagerten Ost-Teil der Stadt verlassen und seien inzwischen bei Verwandten oder Freunden untergekommen.
Das Interview in voller Länge:
Jürgen Zurheide: In Syrien sollen die Waffen schweigen – jetzt müsste man eigentlich sagen, sollten, also Konjunktiv, die Waffen schweigen. Sie tun es in Teilen, aber in anderen Teilen auch nicht, und vor allen Dingen ein Konflikt rückt immer mehr in den Mittelpunkt, nämlich der um die Wasserversorgung von Damaskus. Millionen Menschen leben dort, allerdings in einem bestimmten Tal sind die Rebellen am Drücker, am militärischen Drücker, und sie können möglicherweise die Wasserversorgung von Damaskus beeinflussen. Wie ist die humanitäre Lage insgesamt? Darüber wollen wir reden mit Katharina Ebel von den SOS-Kinderdörfern vor Ort. Ich begrüße sie zunächst: Guten Morgen, hallo, Frau Ebel!
Katharina Ebel: Hallo, guten Morgen!
Zurheide: Zunächst einmal die erste Frage: Wie wichtig ist denn zum Beispiel diese Wasserversorgung für Damaskus aus dem bestimmten Barada-Tal, wenn ich das jetzt richtig zuordne?
Ebel: Das war die Hauptwasserversorgung für Damaskus, das heißt also, sie ist enorm wichtig. Die Leute haben jetzt seit über zwei Wochen eine Wasserknappheit, das heißt, was meine Kollegen berichten, ist, dass in einigen Teilen von Damaskus überhaupt kein Wasser mehr aus der Leitung kommt, in anderen hat man Quellen angezapft, die aber nicht trinkbar sind. Das heißt also, alle zwei Tage gibt es für eine Stunde Wasser, aber trinkbar ist das nicht. Das heißt, die Leute schauen, dass sie Wasser dazukaufen, was natürlich auch nur funktioniert, wenn ich das Geld dafür habe. Und das heißt, Duschen ist auch nicht, die Gefahr von Krankheiten besteht, und das läuft jetzt seit gut zwei Wochen. Ich hab dann gefragt, was hat die Regierung denn überhaupt für Pläne, und sie sagten, sie versuchen vor allen Dingen für die Leute, die sich auch kein anderes Wasser dazukaufen können, jetzt Tanks zu organisieren, die durch die Gegend fahren, um viele Leute eben mit Wasser zu versorgen, aber bislang ist das noch nicht passiert.
"Die haben die Wasserversorgung in der Hand"
Zurheide: Also der Hintergrund ist offensichtlich klar, das heißt, die Rebellen haben eben Zugang zur Wasserversorgung und damit natürlich Millionen Menschen praktisch in der Hand. Ist das das Bild, was wir im Moment sehen?
Ebel: Na ja, letztendlich gab es Kämpfe, also die haben die Wasserversorgung in der Hand, ja, das stimmt, und dann wurde diese Wasserversorgung auch noch aus der Luft bombardiert, weil man eben diese Rebellen bekämpft hat, und dadurch wurde der Stausee quasi zerstört. Die Reparatur dieser Wasserversorgung würde jetzt über einen Monat dauern, das ist eher eine langwierige Geschichte.
Zurheide: Das heißt, wie ist im Moment die humanitäre Lage in Damaskus, weil wir die ganze ständig auf Aleppo geblickt haben, auch aus guten Gründen, aber inzwischen verschiebt sich offensichtlich der Fokus. Ist das richtig beobachtet von außen, was sind Ihre Informationen von vor Ort?
Ebel: Na ja, ob sich der Fokus jetzt verschiebt, also ich meine, man kann Damaskus jetzt noch lange nicht mit Aleppo vergleichen. Was sicherlich richtig ist, ist, dass Wasser als Kriegsmittel verwendet wird, das war in Aleppo genauso, da hat man auch die Wasserversorgung zerstört, schon relativ am Anfang, und natürlich besteht da eine große Abhängigkeit der Bevölkerung allein schon. Das versucht man jetzt in Damaskus auch, allerdings glaube ich nicht, dass sich das entwickeln wird wie in Aleppo. Natürlich, die Lage für die Leute ist dramatisch, aber dadurch, dass in Damaskus ansonsten noch alles funktioniert, auch das Behördensystem funktioniert, denke ich, dass da sehr viel schneller Hilfe oder dass sie das sehr viel schneller überbrücken können als in Aleppo, weil nicht so viel zerstört ist, weil diese Kriegshandlung nicht in Damaskus ansonsten stattfindet. Aber momentan glaube ich nicht, dass es zu einer ähnlichen Situation kommen wird.
"Viele sind bei Verwandten untergekommen"
Zurheide: Wie ist denn die humanitäre Lage in Aleppo? Auch da lohnt sich nachzufragen, wir haben ständig hingeschaut, als die kriegerischen Auseinandersetzungen besonders intensiv waren. Was wissen Sie dort im Moment zu berichten, hat die Beruhigung wirklich auch zu einer Verbesserung der Situation bei den Menschen geführt, oder sind wir da noch weit von entfernt, weil eben so viel zerstört ist?
Ebel: Also hier hat es tatsächlich zu einer Beruhigung der Lage geführt, auch für die Menschen eine Verbesserung, da viele aus den zerstörten Gebieten eben raus konnten, und anders, als man sich das vielleicht auch vorstellt, sind viele bei Verwandten untergekommen, bei Freunden untergekommen, entweder in Aleppo selber oder … (Telefonverbindung abgebrochen)
Zurheide: Das waren Informationen von Katharina Ebel vom SOS-Kinderdorf aus der Region aus Syrien. Danke schön!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.