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"Damit ich beim Kochen gleichzeitig den Deutschlandfunk hören kann"

22. Januar 2004: Wolfram Siebeck über seinen favorisierten Sender in der "Zeit".

06.01.2012
    "Da steht man also in der Küche, bis zur Fassungsgrenze angefüllt mit Äpfeln, Nüssen, Nächstenliebe und seelischem Frieden – und schaltet das Küchenradio ein. Dieses hat der Weihnachtsmann gebracht, damit ich beim Kochen gleichzeitig den Deutschlandfunk hören kann, der als einziger Sender keine Werbung verbreitet.

    Ein Sender ohne Werbung! Kann man sich das überhaupt noch vorstellen? Er ist nicht immer sauber zu empfangen, der DLF, aber verglichen mit den Dudelsendern anderer Funkhäuser wenigstens sauber in ästhetischer Hinsicht. Da stört mich beim Zwiebelschneiden keine aufdringliche Stimme mit Nachrichten aus dem Autohaus Meyer der nahen Kreisstadt: 'Der neue Opel ist da! Nutzen Sie das freie Wochenende und überzeugen Sie sich vom automobilistischen Fortschritt! Wir stehen für Sie bereit von 10:00 bis 18:00 Uhr, auch am Sonntag!' Und wenn ich, Messer in der Rechten, mit der Linken das Hüftgelenk der Poularde suche, erfahre ich schlimmstenfalls, dass nicht nur Vizepräsident Cheney bei Halliburton sein Geld verdient, sondern auch andere Mitglieder der US-Regierung. Normalerweise aber sind es Leute wie Brahms, Vivaldi und Hindemith, die meine kühnen Schnitte ins Hühnerfleisch begleiten, und ihnen sind Nebeneinkünfte zu gönnen."

    Sendezeichen aus 50 Jahren DLF
    50 Jahre Deutschlandfunk