Archiv


Danckert rechnet nicht mit Freispruch für Schiedsrichter Hoyzer

Der Sport-Politiker Peter Danckert (SPD) hat sich vor der Entscheidung im Revisionsprozess um den größten Wettskandal im deutschen Fußball ausdrücklich gegen einen Freispruch für den ehemaligen Schiedsrichter Robert Hoyzer ausgesprochen. Ein solches Urteil des Bundesgerichtshofs würde einem Justizirrtum nahe kommen, sagte der Jurist am Freitag.

Moderation: Stefan Heinlein |
    Stefan Heinlein: Am Telefon begrüße ich den Vorsitzenden des Bundestagssportausschusses, Peter Danckert, SPD. Guten Morgen!

    Peter Danckert: Guten Morgen Herr Heinlein!

    Heinlein: Herr Danckert, wir haben es gehört, es bleibt spannend. Auf was wetten Sie denn heute, Freispruch, Haftstrafe oder juristische Verlängerung?

    Danckert: Also so wie ich den fünften Strafsenat erwarte, kann ich mir einen Freispruch nicht vorstellen, so dass ich also sagen würde, entweder wird das Urteil des Landgerichts bestätigt oder es kommt zu einer neuen Verhandlung.

    Heinlein: Warum sind Sie anderer Meinung als der Bundesanwalt?

    Danckert: Also ich muss vielleicht fairerweise vorausschicken, dass ich nicht jedes Detail des angefochtenen Urteils kenne. Das ist natürlich Voraussetzung, um da wirklich eine ganz seriöse Bemerkung dazu zu machen. Ich glaube, dass die Argumentation des Bundesanwalts deshalb nicht richtig ist, weil man sozusagen dieses Wettgeschehen als eine Einheit sehen muss, in der ja auch andere Teilnehmer da sind, und wenn ein Teil der Beteiligten manipuliert - und das steht hier außer Frage, jedenfalls nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils -, dann, denke ich, liegt auch eine Täuschungshandlung vor. Das wird die entscheidende Frage sein, und nun warten wir mal ab bis um 10:00.

    Heinlein: Aber der Bundesanwalt sagt ja wiederum klipp und klar, nach derzeitigem Recht kann die Manipulation von Fußballspielen nicht als Betrug geahndet werden. Fehlt ganz einfach der richtige Paragraph für ein Urteil?

    Danckert: Na ja, wir haben ja, wie der Volksmund schon sagt, drei Juristen, vier Meinungen. Also es gibt da nichts, was man wie eine Mathematikaufgabe mit drei Unbekannten auflösen kann und dann hat man das richtige Ergebnis, sondern das ist eine Frage der Bewertung, und von da aus sage ich mal, der Bundesanwalt hat seine Meinung da verkündet, immerhin hat ein deutsches Gericht, das Landgericht hier in Berlin, eine Entscheidung getroffen, die von einem Betrugstatbestand dann ausgeht. Also schon daran kann man erkennen, da gibt es dann auch keine höherrangigen Dinge. Letztendlich wird es der fünfte Strafsenat entscheiden, und da, denke ich, ist es nicht so, obwohl ich auch Theo Zwanziger an dieser Stelle gut verstehe, da wird nicht das gesunde Volksempfinden Maßstab sein, sondern eine Gesamtschau der Dinge, und ich rechne eigentlich damit, dass vom Grundsatz her die Entscheidung aufrechterhalten wird. Vielleicht ist an der einen oder anderen Stelle nachzubessern bei einer erneuten Verhandlung. Das ist meine persönliche Meinung. Ich habe im Übrigen in meinem Leben, früheren Leben - ich bin ja nicht nur Bundestagsabgeordneter, sondern auch Strafverteidiger gewesen - auch viele überraschende Ausgänge von solchen Revisionsverhandlungen persönlich miterlebt, auch Fälle, in denen die Verteidigung und die Bundesanwaltschaft auf Aufhebung plädiert haben, und der zuständige Senat hat dann die Revision verworfen. Also da ist alles denkbar, und wir werden abwarten müssen, um 10:00 Uhr wissen wir es genau.

    Heinlein: Alles ist denkbar, sagen Sie. Wäre es für Sie denn ein juristischer Fehler, eine Art Justizirrtum, sollte Hoyzer heute freigesprochen werden?

    Danckert: Also ich bin in der Nähe solcher Überlegungen, denn das, was da geschehen ist, hat nicht nur dem Fußball, dem deutschen Fußball, dem internationalen Fußball schwerstens geschadet, weil das Vertrauen in die Integrität der Schiedsrichter natürlich extrem gelitten hat. Jedes Mal wenn man heute ein Spiel beobachtet, denkt man, Mensch, was ist denn da jetzt wieder los. Also das sitzt tief, und diese Art von Manipulationen sind nicht akzeptabel. Also sollte wider Erwarten, also gegen meine Erwartung sich da ein Freispruch abzeichnen, dann ist in der Tat der Gesetzgeber gefragt, denn solche Manipulationen dürfen nicht folgenlos sein.

    Heinlein: Also der Gesetzgeber ist gefordert, es müssen Lücken im Gesetz gestopft werden, gerade mit Blick auf den Sport, gerade mit Blick auf Sportwetten?

    Danckert: Müssten gestopft werden. Ich sage das bewusst im Konjunktiv, weil noch erwarte ich eigentlich eine weiterführende Entscheidung des fünften Strafsenats, die ein Handeln des Gesetzgebers an dieser Stelle nicht notwendig macht, aber auch da sage ich noch mal, wir warten ab bis um 10:00 Uhr, dass die Entscheidung verkündet wird.

    Heinlein: Sollten Ihrer Erwartungen nicht eintreten, Robert Hoyzer also freigesprochen werden, würde dann der Manipulation von Fußballspielen Tür und Tor geöffnet, weil ja jeder Schiedsrichter, der dazu willens ist, oder Spieler, die bestochen werden, ja künftig das machen können, ohne juristische Konsequenzen befürchten zu müssen?

    Danckert: Also das wäre die fatale Folge einer solchen Entscheidung. Natürlich bleiben dann immer noch die Sanktionen, die der DFB verhängen kann, und das ist ja auch deutlich geworden durch die Aktivitäten von Theo Zwanziger und der ganzen Kontrollgremien, da ist ja auch sehr schnell gehandelt worden, aber strafrechtliche Sanktionen wären dann wohl nicht möglich, und unter dieser Prämisse, glaube ich, muss dann der Gesetzgeber handeln. Diese Lücke müsste dann geschlossen werden, aber, wie gesagt, ich sehe das noch nicht und lege mich hier so ein bisschen fest. Da werden vielleicht einige Spötter auftreten und sagen, na ja, der Danckert ist doch nicht so ein guter Jurist, aber es ist eine offene Partie mit der Tendenz, dass die Verurteilung gehalten wird.

    Heinlein: Nach dem Manipulationsskandal haben die meisten Wettanbieter ja ihre Bedingungen geändert. Das reicht aus Ihrer Sicht nicht aus, um künftig Manipulationen zu verhindern?

    Danckert: Ich glaube, das ist ein erster Schritt, der notwendig ist, um da eine Lücke zu schließen, die ja offensichtlich der Bundesanwalt an dieser Stelle auch gesehen hat, nach dem Motto, wenn die Wettanbieter schon nicht darauf verweisen, dass Manipulationen untersagt sind, warum soll man dann von einer Täuschungshandlung reden dürfen, dann liegt kein Irrtum vor. Also das ist ein Schritt, aber möglicherweise muss dann auch nach Auswertung des Urteils des fünften Strafsenats von heute der Gesetzgeber eingreifen, und ich kann mir gut vorstellen, dass wir dazu bereit sind. Ich sehe sogar eine Verpflichtung für uns.

    Heinlein: Ist es denn vor dem Hintergrund des Hoyzer-Skandals, egal wie es jetzt ausgeht, gut, dass künftig das staatliche Glücksspielmonopol aufrechterhalten wird? Die Ministerpräsidenten haben es ja in dieser Woche beschlossen.

    Danckert: Das ist jetzt wieder ein anderes Thema. Ich glaube, dass sehr viel größere Sicherheit gegeben ist, wenn das unter staatlicher Kontrolle läuft, und deshalb haben wir uns ja auch als Koalitionsfraktion entgegen den Bestrebungen einiger anderer Parteien oder einer anderen Partei im Bundestag auf den Standpunkt gestellt, jetzt sollen die Ministerpräsidenten erst mal in Folge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ihren Staatsvertrag zustande bringen, dann werden wir sehen, wie der sich umsetzen lässt, das wird ja auch noch eine schwierige Frage sein, immerhin führt das ja auch dazu, dass das Internetangebot ausgeschlossen bleiben soll, da werden wir sehen, ob das alles geht. Also ich sage an dieser Stelle, die Ministerpräsidenten haben den Vortritt an der Stelle, erst wenn das nicht gelingt, zieht die zweite Alternative, die das Verfassungsgericht mit seiner Entscheidung vom 28. März auch aufgezeigt hat, da muss der Bundesgesetzgeber eingreifen.