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Daniel Günther (CDU)
"Es geht jetzt darum, die Flügel in der Union zusammenzuhalten"

Nach der Wahl von Armin Laschet zum CDU-Parteivorsitzenden gehe es nun darum, die unterschiedlichen Flügel der Partei einzubinden, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) im Dlf. Der Erwartungsdruck auf Armin Laschet und auch den unterlegenen Kandidaten Friedrich Merz sei groß.

Daniel Günther im Gespräch mit Stephan Detjen |
Der unterlegene Friedrich Merz (r.) gratuliert Armin Laschet zur Wahl als Parteivorsitzender beim digitalen Bundesparteitag der CDU.
Der unterlegene Friedrich Merz (r) gratuliert Armin Laschet zur Wahl als Parteivorsitzender beim digitalen Bundesparteitag der CDU (dpa)
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) zeigt sich zufrieden mit der Wahl Armin Laschets zum neuen CDU-Vorsitzenden. "Armin Laschet ist Armin Laschet, das hat er in der Rede deutlich gemacht", sagte Günther unmittelbar nach dessen Wahl im Gespräch mit Dlf-Hauptstadtkorrespondent Stephan Detjen.
Es sei ein verdammt knappes Ergebnis, das zeige, "Friedrich Merz hat eine Unterstützung auch in der Partei und es geht jetzt darum, dass die Delegierten, die ihn als Favoriten hatten, dass die auch wirklich dabeibleiben, dass wir auch wirklich die Flügel zusammenhalten, die wir in der Union haben, und das ist eine große Aufgabe für Armin Laschet, aber ich sage sehr deutlich: auch für Friedrich Merz, denn es ist auch seine Verantwortung mit dem Wählerpotenzial, was er an sich gebunden hat, auch der CDU zu helfen."

Kritik an Merz und Spahn

Merz hatte nach seiner Niederlage bei der Abstimmung am Samstag dem neugewählten CDU-Chef Armin Laschet angeboten, als Bundeswirtschaftsminister ins Kabinett einzutreten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnte dies ab und auch Laschet wies den Vorstoß zurück. Günther zeigte sich nicht verwundert über das Verhalten: Friedrich Merz ist halt Friedrich Merz." Zur Politik gehöre auch ein bisschen Demut und Respekt. Das sollte Friedrich Merz für sich beherzigen, sagte Günther. Kritik übte Günther auch an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der während einer Fragerunde vor der Abstimmung über den künftigen Parteivorsitzenden für Laschet geworben hatte.
Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident Schleswig-Holstein, nimmt an einer Pressekonferenz im Landeshaus Kiel zu den geplanten Maßnahmen gegen die Coronakrise für Schleswig-Holstein teil.
Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident Schleswig-Holstein (dpa/picture alliance/Gregor Fischer)

Über die K-Frage entscheiden CDU und CSU gemeinsam

Die K-Fragen müssten CDU und CSU gemeinsam entscheiden, betonte Daniel Günther im Dlf. Aus der Sicht des Schleswig-Holsteinischen Ministerpräsidenten spricht "eine ganze Menge dafür, dass diese Entscheidung Kanzlerkandidatur nicht über das Knie gebrochen werden muss."

Beratungen über Lockdown-Verlängerung

Mit Blick auf das vorgezogene Treffen von Kanzler Angela Merkel mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am Dienstag (19. Januar) und einer möglichen Verschärfung des Lockdowns sagte er: "Eine reine Maßnahmenverlängerung oder gegebenenfalls Verschärfung von Maßnahmen halte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht für den richtigen Weg."

Detjen: Was war in der hinter uns liegenden Woche für Sie das schönste Erlebnis: der Sieg von Holstein Kiel über Bayern München oder der Sieg von Armin Laschet über Friedrich Merz auf dem CDU-Bundesparteitag?
Günther: Oha, das ist sehr schwer zu sagen, was da das Beste war. Ich bin ja, muss ich der Fairness halber einräumen, Bayern München-Fan und auch Mitglied. Also von daher habe ich da auch ein bisschen mit den Bayern mitgetrauert. Aber als Ministerpräsident, und in diesem Fall war ich natürlich schon für Holstein Kiel und habe mich auch die ganze Zeit richtig darüber gefreut. Von daher würde ich mal sagen, das war schon echt ein großartiges Spiel und wirklich ein verdienter Sieg, auch im Elfmeterschießen, für Holstein, aber jetzt liegt es ja gerade erst kurz zurück. Na klar habe ich mich auch mit Armin Laschet gefreut und auch für meine CDU, dass das geklappt hat.
Detjen: Da sind Sie immerhin Mitglied.
Günther: Genau, das bin ich auch.
Detjen: Aber Sie hatten sich ausdrücklich für Armin Laschet ausgesprochen. Insofern waren da die Verhältnisse, glaube ich, wirklich in jeder Hinsicht ziemlich klar. Armin Laschet ist zum Vorsitzenden gewählt worden. Was hat den Ausschlag gegeben?
Günther: Es ist natürlich immer schwer zu sagen, was wirklich am Ende den Ausschlag gibt, aber mein Eindruck war schon, dass es Armin Laschet wirklich gelungen ist, mit seiner Rede auch noch mal die letzten Unentschlossenen auf seine Seite zu ziehen. Er hat es wirklich geschafft, mit der Rede wirklich Delegierte auch zu fesseln. Er hatte einen super Spannungsbogen drin und hat, finde ich, wirklich hervorragend auch, ich sage mal, denjenigen, die ein bisschen skeptisch ihm gegenüber waren, weil sie glaubten, er steht für ein reines Weiter-so, ein bisschen klarer aufzuzeigen, dass er zwar für Kontinuität steht, was viele wichtig finden, aber gleichzeitig er eben auch deutlich macht, dass er ein anderer Vorsitzender sein wird, dass er auch andere Themen setzen wird, die einfach wichtig für das nächste Jahrzehnt sind. Und das hat er wirklich brillant gemacht und damit, denke ich, auch noch viele auf seine Seite gezogen.

"Laschet hat gezeigt, wie man selbst digital Emotionen rüberbringen kann"

Detjen: Das ist ja fast eine ähnliche Erklärung, wie wir sie Ende 2018 nach dem Hamburger Parteitag gehört haben, wo es auch hieß, da waren es am Ende die Reden, die den Ausschlag gegeben haben. Und jetzt haben wir uns alle gefragt, wie ist das digital? Die Kandidaten sprechen da in eine Kamera ins Leere, sehen gar nicht, wie die Menschen im Saal reagieren. Würden Sie auch sagen, Friedrich Merz hat noch mal den Fehler von Hamburg gemacht und die falsche Rede gehalten?
Günther: Zumindest würde ich mal sagen, seine Rede war ähnlich, wie ich sie in Hamburg auch erlebt habe, wenig wirklich auch die Leute emotional erreicht. Es ist natürlich auf einem Parteitag, der digital ist, das ist ganz klar, irgendwie so um Längen noch mal schwieriger. Aber Armin Laschet hat es auch geschafft. Er hat auch gezeigt, wie man selbst digital, indem man in einen leeren Saal spricht, trotz alledem Emotionen rüberbringen kann. Das ist Friedrich Merz genauso wenig digital gelungen, wie es auf dem Präsenzparteitag 2018 ihm gelungen ist. Und von daher waren wirklich zwischen diesen beiden Reden wirklich Längen und das machte dann natürlich auch wirklich den Ausschlag, weil sie unmittelbar hintereinander geredet haben.
Armin Laschet steht vor dem Rednerpult beim CDU-Parteitag und hebt den Daumen seiner rechten Hand.
Neuer CDU-Vorsitzender Armin Laschet
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet konnte sich bei der Wahl zum CDU-Vorsitz gegen Friedrich Merz durchsetzen. Doch die Partei bleibt gespalten: "Da werde noch die Zusammengehörigkeit getestet", meint Dlf-Hauptstadtkorrespondent Stephan Detjen. Klar sei, Laschet werde die Kanzlerkandidatur ansteuern.
Detjen: 521 zu 466 Stimmen war das Ergebnis für Armin Laschet in der Stichwahl. Es sind da mehr als 80 Delegierte, die im ersten Wahlgang sich für Norbert Röttgen entschieden hatten, zu Merz übergelaufen. Hätte das Ergebnis für Laschet am Ende deutlicher sein können oder vielleicht sogar deutlicher sein müssen, um die Partei jetzt wieder zusammenzuführen?
Günther: Es ist auch da natürlich immer schwer zu sagen, woran lag es, dass Delegierte, die vorher sich für Röttgen entschieden haben, dann im zweiten Wahlgang Merz gewählt haben. Ich hätte auch eher die Erwartungshaltung und die Vermutung gehabt, dass diejenigen, die Norbert Röttgen im ersten Wahlgang wählen, im zweiten Wahlgang dann eher welche sind, die Armin Laschet wählen. Ich kann das auch aus meinem eigenen Landesverband sagen, wo wir auch einige hatten, die vorher angekündigt haben, dass sie Norbert Röttgen wählen, und für die war vollkommen klar, dass dann im zweiten Wahlgang definitiv Armin Laschet die Stimme bekommt. Ich hätte geglaubt, dass das auch weiterverbreitet ist. Das war offenkundig nicht so. Woran es gelegen hat, kann ich auch schwer - ich sage mal nach so kurzer Dauer auch – einschätzen.
Aber richtig ist: Das ist schon ein verdammt knappes Ergebnis. Es ist etwas deutlicher als beim letzten Parteitag, aber nicht viel deutlicher. Aber natürlich zeigt es: Friedrich Merz hat eine Unterstützung auch in der Partei und es geht jetzt darum, dass die Delegierten, die ihn als Favoriten hatten, dass die auch wirklich dabeibleiben, dass wir auch wirklich die Flügel zusammenhalten, die wir in der Union haben, und das ist eine große Aufgabe für Armin Laschet, aber ich sage sehr deutlich: auch für Friedrich Merz, denn es ist auch seine Verantwortung mit dem Wählerpotenzial, was er an sich gebunden hat, auch der CDU zu helfen.
Detjen: Wenn Armin Laschet Sie jetzt fragen würde - vielleicht hat er das ja schon getan, wahrscheinlich duzen Sie sich: Daniel, was muss ich denn tun, um in dem Landesverband Schleswig-Holstein jetzt die Leute, die Merz gewählt haben oder diejenigen, die eben im ersten Wahlgang Röttgen gewählt haben und dann im zweiten Wahlgang sich für Merz entschieden haben, was muss ich tun, um die jetzt da in Schleswig-Holstein zu erreichen? Welche Mitglieder der CDU, welche Delegierte stehen Ihnen dann da vor Augen und was könnten Sie da antworten auf so eine Frage?
Günther: Ich könnte es mir jetzt leicht machen in der Antwort und sagen, bei uns muss er sich nun gar keine Sorgen machen, weil wir bei uns kaum Delegierte hatten, die Friedrich Merz gewählt haben, sondern bei uns teilte sich das eher zwischen Röttgen und Armin Laschet ohnehin auf, und ich glaube, im zweiten Wahlgang hat Armin Laschet fast alle Stimmen aus Schleswig-Holstein bekommen, aber in der Tat, wenn ich auch auf andere Länder blicke ...
Detjen: Das war aber eine geheime Abstimmung. So ganz genau können Sie es auch nicht wissen.
Günther: Nein, natürlich kann ich das nicht genau wissen, aber wir haben ja vorher auch eine Delegiertenbesprechung gemacht und auch im Vorfeld haben sich viele unserer Mitglieder auch öffentlich dazu positioniert. Von daher ist es ungefähr einschätzbar, wie die Stimmungslage bei uns ist, aber natürlich ist es so, es gibt auch Landesverbände, die mit deutlicher Mehrheit auch Friedrich Merz gewählt haben und da ist klar, die brauchen eben auch ein Angebot. Und mein Eindruck ist - und das hat Armin Laschet ja auch als Vorsitzender des größten Landesverbandes, den wir als CDU haben, in Nordrhein-Westfalen gezeigt - dass es ihm wirklich gelingt, auch die unterschiedlichen Flügel einzubinden. Denn Armin Laschet ist Armin Laschet, das hat er in der Rede deutlich gemacht – er steht für die Mitte –, aber trotzdem ist es ihm in Nordrhein-Westfalen gelungen, Mitglieder, die Friedrich Merz-Fans sind, ja auch zu integrieren. Und wenn ihm das in diesem großen Landesverband, der ja fast 300 Delegierte stellt, gelungen ist, habe ich gar keinen Zweifel daran, dass es ihm auch in der CDU Deutschlands gelingen wird.

Wirtschaftsminister-Posten: "Friedrich Merz ist halt Friedrich Merz"

Detjen: Norbert Röttgen hat gleich nach der Wahlentscheidung in seiner Erklärung gesagt: Armin, ich bin in deinem Team dabei, du kannst dich auf mich verlassen. Friedrich Merz hat das zunächst auf dem Parteitag nicht gesagt und dann kam, kurz bevor wir uns jetzt hier zusammengeschaltet haben, ein Tweet von Friedrich Merz, in dem er sagt: "Ich habe dem neuen Parteivorsitzenden Armin Laschet angeboten, in die jetzige Bundesregierung einzutreten und das Bundeswirtschaftsministerium zu übernehmen". Also die Aufforderung an Laschet oder an die Bundeskanzlerin: Schmeißt Peter Altmaier, den Wirtschaftsminister, aus dem Kabinett, holt Friedrich Merz rein. Ich weiß nicht: kann man das als ein ernsthaftes Angebot nehmen? Oder ist das eine vergiftete Offerte, die schon wieder die Saat des Unfriedens ausstreut?
Günther: Ich will mal anfangen damit, wie ich empfunden habe, wie Norbert Röttgen damit umgegangen ist, wie das Ergebnis ausgegangen ist, und dann komme ich zu Friedrich Merz. Ich finde, so wie Norbert Röttgen das gemacht hat, das zeigt wirklich Größe, unmittelbar auch nach einer Wahlniederlage so klar zu sagen, ich unterstütze dich, Armin, und ich bin auch bereit mitzumachen und das dann ja auch zu unterstreichen, indem er dann für das Präsidium kandidiert hat. So geht wirklich ein großer Politiker auch mit so einer Situation um. Von daher kann ich nur sagen, großen Respekt. Und ich weiß, dass viele auch aus meinem Landesverband Norbert Röttgen voll die Unterstützung gegeben haben. Friedrich Merz ist halt Friedrich Merz und mich wundert das Verhalten ehrlich gesagt nicht, weil es kann natürlich jetzt nicht darum gehen, dass diejenigen, die bei einer parteiinternen Wahl unterlegen sind, sich jetzt selbst aussuchen können, welches Staatsamt sie übernehmen. Das verbietet sich auch so, mit so etwas umzugehen und von daher finde ich immer: Zu Politik gehört auch ein bisschen Demut und Respekt, und es wäre auch ganz gut, wenn Friedrich Merz das auch für sich beherzigen würde.
Detjen: Aber das war ja nun von beiden Seiten ein digitaler und harter Wettbewerb. Friedrich Merz ist im Wahlkampf, in diesem parteiinternen Wahlkampf, gegen das Partei-Establishment zu Felde gezogen, das ihn angeblich verhindern wollte, bis zum Schluss. Armin Laschets Bewerbungsrede, in der viel von Vertrauen und Zusammenhalt die Rede war, war ja zugleich auch voller persönlicher Spitzen gegen Friedrich Merz. Also: Deutschland braucht keinen CEO, hat Armin Laschet gesagt, es gehe nicht um markige Worte, wir dürfen nicht polarisieren. Das war alles unmittelbar klar verständlich ad personam gegen Friedrich Merz. Wie tief ist da jetzt die Spaltung in der CDU, die zurückbleibt? Und hat denn nicht der bayerische Ministerpräsident Markus Söder Recht, als er im Februar nach der Rückzugsankündigung von Annegret Kramp-Karrenbauer gesagt hat: kein Machtkampf, kein Konkurrenzkampf in der CDU?
Günther: Genau, da hat Markus Söder auch absolut Recht. Genau dazu muss es jetzt kommen. Ich finde schon auch, dass es ein qualitativer Unterschied ist, ob man in der Öffentlichkeit gegen Partei-Establishment zu Felde zieht oder dass man in seiner Bewerbungsrede schon auch den Unterschied zu der Konkurrenz deutlich macht. Ich finde, dass Armin Laschet das auf höchstem Niveau gemacht hat, dass das aber überhaupt gar nicht auch nur an die Grenzen heranging dessen, was man im innerparteilichen Wettbewerb auch machen darf. Das hat er, finde ich, brillant formuliert und trotz alledem sowohl in seiner Rede, aber auch insbesondere danach deutlich gemacht, dass der Wahlkampf innerparteilich jetzt beendet ist, hat die Hand ausgestreckt an beide Mitbewerber und auch gesagt, in seiner Abschlussrede, dass Friedrich Merz und er im Gespräch über eine Einbindung sind, wie sich beide vorstellen können, wie Friedrich Merz eingebunden wird. Und da, finde ich, ist der Erwartungsdruck auf beide groß, auf Armin Laschet, das wird er hinkriegen, aber Friedrich Merz hat auch eine Riesenverantwortung mit seinen 47 Prozent. Und von daher ist für mich vor allem entscheidend, wie Armin Laschet seine Einbindung sieht, aber ich hoffe, dass das möglichst schnell auch sichtbar wird, wie es umgesetzt wird.
Detjen: Aber der erste Versuch, mit diesem Angebot Wirtschaftsminister zu werden, ist ja nun schon mal schiefgegangen. Auch die Bundeskanzlerin hat das postwendend nach Minuten abgelehnt. Das konnte niemanden überraschen. Was kann das konkret sein, um Merz und vor allen Dingen seine Anhänger, die ja eingeschworen waren auf ihn, jetzt in die Partei wieder einzubinden?
Günther: Ich will mich da nicht rausreden, aber ich will schon deutlich sagen, das ist nicht meine Aufgabe jetzt, hier Armin Laschet Vorschläge zu machen. Das ist die Aufgabe des neuen Parteivorsitzenden, mit Friedrich Merz das Gespräch zu suchen. Es geht nicht darum, was ich für Vorschläge mache und schon gar nicht geht es darum, dass Friedrich Merz entscheidet, was er sozusagen jetzt als Bedingung hat, so wie er das ja heute formuliert hat. Sondern da wird Armin Laschet, glaube ich, auch ein kluges Gespräch führen. Man darf ja immer auch nicht vergessen, dass die beiden ja nicht nur aus dem gleichen Landesverband kommen, sondern sich seit vielen Jahren kennen und auch schätzen. Und deswegen bin ich wirklich sehr sicher, dass Armin Laschet schon selbst genau und gut weiß, wie er Friedrich Merz gut einbinden kann.

"Wir haben jetzt die Herausforderung, die Partei zusammenzuführen"

Detjen: Der wichtigste, jedenfalls öffentlich benannte Grund für den Rückzug von Annegret Kramp-Karrenbauer vom Parteivorsitz, der Kanzlerkandidatur ist die Trennung von Parteivorsitz und Kanzlerschaft im Bundeskanzleramt gewesen und die damit verbundene offene Frage nach der Kanzlerkandidatur der Union. Die CDU begibt sich jetzt genau in das gleiche Dilemma, dem sie ja eigentlich entrinnen will. Die K-Frage ist offenes Gesprächsthema. Jens Spahn hat sich über den Jahreswechsel warmgelaufen. Söder gibt aus München immer wieder schillernde Signale. Der Fraktionschef Ralph Brinkhaus sagt, der Kanzlerkandidat muss nicht unbedingt einer der Parteichefs von CDU oder CSU sein. Was gilt?
Günther: Es gilt auf jeden Fall, dass jetzt erst mal die Parteivorsitze ja besetzt sind. Der der CSU stand ja nie zur Disposition. Aber auch die CDU hat sich jetzt in dem Punkt gefunden, und die Frage, wer uns wirklich in den Bundestagswahlkampf führt, da bin ich schon vor der Wahl der Auffassung gewesen und bin es auch heute noch, dass das nichts ist, wo wir uns jetzt von außen drängen lassen sollten. Wir haben jetzt die Herausforderung, die Partei zusammenzuführen.
Christian Schmidt (CSU): K-Frage müssen Unionsparteien gemeinsam entscheiden
Nach der Wahl des künftigen CDU-Vorsitzenden müssten beide Unionsparteien nun zusammenstehen, sagte der CSU-Abgeordnete Christian Schmidt im Dlf. Die Klärung der schwierigen Frage, wer gemeinsamer Kanzlerkandidat werde, müsse unbedingt auch gemeinsam entschieden werden.
Wir haben die Herausforderung, Landtagswahlen vor uns zu haben. Und wir haben die viel, viel größere und viel wichtigere Herausforderung im Moment, in dieser Krisenzeit Deutschland aus dieser Krise herauszuführen. Und deswegen bin ich wirklich sehr davon überzeugt, dass diese Frage nicht zu schnell entschieden werden muss und dass dadurch natürlich auch das, was in der CDU ja immer wieder bezweifelt wird, nämlich die Frage, kann man Parteivorsitzender sein und gleichzeitig gibt es eine andere Kanzlerin, das ist ja ein Zeitraum, der einigermaßen überschaubar ist mit Blick auf die Bundestagswahl und auch deswegen spricht aus meiner Sicht eine ganze Menge dafür, dass diese Entscheidung Kanzlerkandidatur nicht über das Knie gebrochen werden muss.

Jens Spahn "hat auf diesem Parteitag einen schweren Fehler begangen"

Detjen: Zwei Themen zum Parteitag würde ich gerne noch ansprechen, bevor wir dann auch noch mal über das andere große Thema unserer Zeit, über Corona und die entsprechende Politik reden, Das eine, die weiteren Wahlen, die auch stattgefunden haben – Stellvertreter, Präsidium. Jens Spahn ist mit dem schwächsten Ergebnis in die Reihe der Stellvertreter gewählt worden. Er sollte ja eigentlich als sozusagen Running Mate von Armin Laschet einen herausgehobenen Platz in dieser Riege der Stellvertreter einnehmen. Ist er jetzt eher der letzte der fünf Vizes?
Günther: Zumindest hat er sich das Wahlergebnis ja auch selbst beschert dann. Mir tut es auch wirklich leid für ihn, denn er macht einen tollen Job als Gesundheitsminister und dieses Team Laschet/Spahn, da spielt er wirklich auch eine wichtige Rolle. Ich glaube, dass es auch viele gibt, die Armin Laschet auch gewählt haben, weil Jens Spahn in diesem Team ist. Aber er hat auf diesem Parteitag einen schweren Fehler begangen, indem er sich in der Aussprache nach dem Parteivorsitz zu Wort gemeldet hat. Das war die Situation, wo Fragen an die Kandidaten zulässig waren, aber ausdrücklich keine Unterstützungsreden. Das war der denkbar falsche Zeitpunkt. Das haben ihm viele übel genommen, und von daher muss ich einfach sagen, das Ergebnis muss er jetzt ein bisschen schlucken. Das ist kein Ergebnis sozusagen als seine Gesamtbilanz, sondern es gibt eine große Zufriedenheit mit seiner Arbeit. Aber das empfanden viele schon als Foul, und das ist der Grund, warum er jetzt einmalig mit einem solchen Ergebnis rausgegangen ist.
Detjen: Das zeigt, welche überraschenden Dynamiken auch solche digitalen Parteitage entfalten können.
Günther: Das stimmt.

"Respekt hat Annegret Kramp-Karrenbauer auf jeden Fall verdient"

Detjen: Reden wir noch mal über den ersten Abend des Parteitages. Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich da in einer bewegten, für viele wahrscheinlich auch bewegenden Rede verabschiedet. Sie ist von vielen danach gelobt worden, nur von Angela Merkel nicht. Die hat in ihrem Grußwort kein Wort zu Annegret Kramp-Karrenbauer gesagt. Kein Dank, kein Gruß, keine guten Wünsche. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Günther: Nein, ich habe dafür in der Tat keine Erklärung. Ich habe allerdings auch das Grußwort von Angela Merkel wirklich so verstanden, dass sie sehr bewusst auch als Kanzlerin dort gesprochen hat und nicht als ehemalige Parteivorsitzende. Das war schon sehr auf die aktuelle Situation bezogen und vielleicht ist das auch der Grund gewesen, warum sie das nicht gemacht hat.
Detjen: Aber aufgefallen ist es Ihnen auch?
Günther: Das ist mir auch in der Tat aufgefallen, weil ja auch viele andere sich geäußert haben und, finde ich, auch zu Recht geäußert haben. Denn den Respekt hat Annegret Kramp-Karrenbauer auf jeden Fall verdient, die uns jetzt über zwei Jahre auch als Partei geführt hat und auch jetzt in einer Zeit, als sie schon angekündigt hat, nicht wieder anzutreten, auch der Partei Führung gegeben hat in diesen Zeiten. Und von daher fand ich das auch gut und richtig, die lobenden Worte, insbesondere von Volker Bouffier, die, glaube ich, vielen aus dem Herzen gesprochen haben.
Annegret Kramp-Karrenbauer, Parteivorsitzende der CDU, aufgenommen vor Beginn einer Kabinettssitzung im Bundeskanzleramt 
Kramp-Karrenbauer-Rückzug: CDU im Richtungsstreit und ohne Chefin
Dem Eklat in Thüringen folgt der Rückzug von CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Doch der Skandal um die Thüringer Ministerpräsidentenwahl legt nur offen, dass die Partei keine klare Haltung zur AfD findet. Erneut richten sich viele Augen auf Friedrich Merz.
Detjen: Aber kann es sein, und Sie haben die beiden ja erlebt auf Präsidiumssitzungen, bei verschiedenen Gelegenheiten, dass es da doch eine tiefere Entfremdung, vielleicht sogar doch ein Zerwürfnis zwischen Merkel und Kramp-Karrenbauer gegeben hat, das uns in dieser Tiefe verborgen geblieben ist?
Günther: Also, auf mich hat es den Eindruck zu keinem Zeitpunkt gemacht, sondern ich habe die beiden auch immer wahrgenommen, dass sie gut miteinander zusammengearbeitet haben, jetzt auch in der weiteren Phase im Moment, und sich auch ausgetauscht haben. Von daher will ich zumindest nicht zu viel reininterpretieren, warum die Kanzlerin in ihrem Grußwort für den Parteitag darauf keinen Bezug genommen hat.

Coronavirus-Mutation: "Bedrohungslage kann nicht genau eingeschätzt werden"

Detjen: Herr Ministerpräsident, nächste Woche, am Dienstag, wieder Treffen der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin. Es ist von Verlängerung, von Verschärfung des Lockdowns die Rede. Worauf können, worauf müssen sich die Bürger einstellen?
Günther: Wir haben es im Moment in der Tat mit einer noch zusätzlich verschärften Situation zu tun, dass im Moment nicht genau eingeschätzt werden kann, was für eine Bedrohungslage hat eigentlich die Mutation des Virus im Moment auch für Deutschland. Wir sehen das in anderen europäischen Ländern, dass dort aller Voraussicht nach die Übertragungsgeschwindigkeit deutlich zunimmt. Das hat schon massive Auswirkungen, und inwieweit das Virus auch bei uns in Deutschland Verbreitung hat und bei uns eine solche Situation passieren kann, das kann man jetzt im Moment nicht einschätzen. Dafür ist es wichtig, dass wir uns am Montag auch mit Expertinnen und Experten austauschen. Die Lage in Deutschland ist im Moment schon so, dass es in den meisten Ländern in den Infektionszahlen auch nach unten geht. Wie nachhaltig das ist, wissen wir heute nicht. Ich bin sehr daran interessiert und für mich ist das auch ein so wesentlicher Punkt, dass eine Zustimmung dann auch erst möglich ist. Wenn wir über verschärfte Maßnahmen miteinander sprechen, dann müssen wir auf dieser Konferenz auch darüber reden, was ist eigentlich in der Zeit danach? was ist in den Monaten Februar, März, April? Bei welchen Inzidenzzahlen machen wir in den Ländern auch verbindliche Öffnungsschritte? Das ist als Perspektive, glaube ich, für alle Bürgerinnen und Bürger wichtig. Eine reine Maßnahmenverlängerung oder gegebenenfalls Verschärfung von Maßnahmen halte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht für den richtigen Weg.
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
Detjen: Sie haben auch im Herbst schon, als es um Verschärfungen ging und die Kanzlerin gedrängt hat, die Ministerpräsidenten gedrängt hat, einen schärferen Lockdown zu beschließen, haben Sie gesagt, wir dürfen jetzt nicht in Aktionismus verfallen, Zitat. Anderes Zitat: Die Kanzlerin habe hektisch eingeladen, als sie die Ministerpräsidenten damals zusammenrief. Ihr Kollege Bodo Ramelow, der Ministerpräsident von Thüringen, von der Linkspartei, hat vor ein paar Tagen ein bemerkenswertes Interview in der FAZ gegeben. Er hat auf diese Zeit im Herbst zurückgeschaut und hat eingestanden, Zitat, die Kanzlerin hatte Recht, ich hatte Unrecht. Noch ein Zitat, die Kanzlerin hat es immer wieder gesagt, aber im Kreis der Ministerpräsidenten wollte man es nicht so recht hören. Es ging darum, dass schärfere Maßnahmen notwendig sind. Haben Sie sich auch getäuscht damals?
Günther: Ich glaube, wir sollten alle nicht den Eindruck vermitteln, als hätten wir nicht auch in dieser Krise zu unterschiedlichen Zeitpunkten auch Fehleinschätzungen gehabt. Das gilt für jeden, das gilt auch für mich. Ich glaube, in der konkreten Situation hat Angela Merkel definitiv Recht gehabt, und Bodo Ramelow hat das ja auch entsprechend bestätigt. Hier wäre es in den Ländern, in denen damals ja die Infiziertenzahlen hoch waren und die Neuinfektionen schon ein wirklich großes Ausmaß hatten, richtig gewesen, schärfere Maßnahmen zu machen. Wir haben uns in Schleswig-Holstein zu diesem Zeitpunkt in einer vollkommen anderen Lage befunden. Wir hatten weit niedrigere Inzidenzen und deswegen war in unserem Land in der Tat auch eine andere Situation. Trotz alledem habe ich in diesen Wochen und Monaten immer Verständnis dafür gehabt, dass dort schärfere Maßnahmen gefordert wurden. Wir haben zu allen Zeitpunkten bei uns in Schleswig-Holstein immer zu den Ländern gehört, die die härtesten Maßnahmen gemacht haben, zum Teil auch deutlich früher ergriffen haben. Und ich kann heute nur sagen, dass dieser Kurs sich immer wieder bestätigt hat und wir eben damit auch dafür gesorgt haben, dass bei uns vielen Menschen auch Leid erspart geblieben ist und wir wirklich auch die Gesundheit so gut wie möglich der Menschen geschützt haben. Und von daher glaube ich, ist dieser Kurs auch die gesamte Zeit richtig gewesen.
Detjen: Eine persönliche Frage an den Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, an Daniel Günther, am Ende. Sie sind auch Vater, haben zwei, ich glaube, noch kleine Kinder, Vorschulalter, Anfang Schulalter, glaube ich, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Was antworten Sie, wenn die Kinder Sie fragen: Papa, wann können wir wieder ganz normal mit Freunden spielen, wann können wir die Großeltern wieder ganz normal sehen, wann hört das alles auf?
Günther: Meine Mädels zu Hause sind in der Tat zwei und vier und die Große geht auch schon in den Kindergarten. Die vermisst das auch und spricht mich in der Tat wirklich auch häufiger mal darauf an, wann sie denn wieder in den Kindergarten kann. Das wird im Hause Günther nicht anders sein als in vielen anderen Familien. Ich kann natürlich meiner Tochter auch nichts anderes sagen als das, was ich auch allen anderen Familien sage und denjenigen, die im Moment unter den Maßnahmen leiden. Wir werden in den nächsten zwei bis drei Monaten immer noch ein bisschen auf Sicht fahren müssen, weil in der dunklen Jahreszeit und solange wir nicht deutlich mehr Menschen geimpft haben, wir immer wieder neue Herausforderungen haben werden. Aber klar ist: es gibt eine gute Perspektive für die Zeit danach, nach Ostern, wenn wir wieder mehr draußen sind, wenn die Anzahl der Impfungen zugenommen hat, sind weitgehende Öffnungsschritte hin zu einer wirklichen Normalität nicht nur möglich, sondern die werden dann auch kommen. Das heißt, diese Perspektive ist auf jeden Fall da und mir ist aber jetzt auch schon wichtig, ich habe das ja eben auch gesagt, dass auch für die Monate Februar, März, April wir Perspektiven aufbauen für diejenigen, die besonders leiden, und das ist die Botschaft an alle Bürgerinnen und Bürger, und meinen Töchtern sage ich das vielleicht nicht ganz so in den gleichen Worten, aber ich versuche, denen das zumindest auch ähnlich zu erläutern.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.