Daniela Wakonigg ist Journalistin und Leiterin des Ketzerstammtischs in Münster. Sie sagt:
Nein, religiöse Symbole in Schulen sollten meiner Meinung nach nicht erlaubt sein. Für die Schule gilt – ebenso wie für andere staatliche Einrichtungen – das Neutralitätsgebot. Und zwar sowohl für den Ort als auch für die Personen, die den Staat repräsentieren. Die sollten zwar frei darin sein, eine Weltanschauung zu haben, aber eben nicht darin, sie jederzeit vollumfänglich ausleben zu dürfen. Religiöse Symbole können Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Freizeit gern tragen, aber eben nicht, während sie gerade den neutralen Staat repräsentieren.
Schwieriger ist es bei Schülerinnen und Schülern, die ja nicht den Staat repräsentieren. Allerdings muss man diesbezüglich zwei Fragen stellen. Erstens: Ist bei einem Verbot religiöser Symbole hier wirklich die Religionsfreiheit verletzt? Denn inwiefern kann man z.B. bei einem 8-jährigen Mädchen von einer freien Entscheidung für das Kopftuch sprechen, wenn man sagt, dass ein Kind erst ab 14 religionsmündig ist? Und zweitens: Welche Auswirkungen hat das demonstrative Tragen religiöser Symbole auf die Gemeinschaft der Schüler?
Klaus von Stosch ist katholischer Theologe und Autor des Buches "Herausforderung Islam. Christliche Annäherung". Er sagt:
Ein Grundirrtum des europäischen Umgangs mit Religion besteht darin, dass diese eine rein innerliche Angelegenheit sind. Richtig ist, dass viele Religionen sich in Symbolen ausdrücken wollen, ja ausdrücken müssen.
Die meisten katholischen Priester verstehen ihr Amt so, dass sie auch im Alltag und dann auch in der Schule in ihrer Rolle erkennbar sein sollen und sie tragen deshalb ein kleines Kreuz am Revers. Viele Rabbiner denken, dass sie auch außerhalb der Synagoge und also auch in der Schule ihre Kippa tragen sollten. Der weltanschaulich neutrale Staat hat nicht darüber zu befinden, ob diese Ausdrucksgestalt von Religion wirklich erforderlich ist, sondern er muss sich entscheiden, ob er Religionsfreiheit gewähren will oder nicht.
Unsere Verfassung sieht Religionsfreiheit vor und das impliziert dann eben auch die Freiheit nach dieser Religion zu leben und auch im öffentlichen Raum ein religiöser Mensch zu sein. Einschränkungen sind an dieser Stelle nur erlaubt, wenn der eigene Glaube als Angriff auf unsere freiheitlich demokratische Grundordnung verstanden werden muss. Und das ist bei Judentum und Christentum offensichtlich nicht der Fall, weil das Grundgesetz aus dem Geist dieser Religionen geschrieben wurde.