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Darwin

Biographie. - 2009 ist Darwin-Jahr. Der Naturforscher selbst wurde 1809 geboren, sein Hauptwerk über die Evolution wurde vor 150 Jahren geschrieben. Der Journalist und Schriftsteller Jürgen Neffe fügt der langen Reihe von Darwin-Büchern ein persönliches hinzu. Er ist die Route von Charles Darwin nachgereist.

Von Dagmar Röhrlich |
    Sie ist die letzte: Cristina Calderón ist der einzige Mensch auf der Welt, der noch Yagán spricht, eine der Sprachen der Feuerlandindianer. Sie ist 78 Jahre alt und lebt im chilenischen Puerto Williams. Dort trifft Sachbuchautor Jürgen Neffe zufällig die alte Dame und fragt sie: "Was bedeutet es, die letzte einer Linie zu sein?" - "Ich denke, das ist das Thema meines Lebens", erwidert sie. Ob sie eine Botschaft habe für die, die nach ihr kommen? Da antwortet Cristina Calderón: "Schreiben Sie auf: Die Weisheit ist unsterblich."

    Die Begegnung mit der "letzten echten" Feuerländerin ist eine der Anekdoten, die Jürgen Neffe in seinem Buch "Darwin - Das Abenteuer des Lebens" erzählt. Auf Containerschiffen, Fischerkähnen und Luxuslinern ist er von England über Brasilien, nach Feuerland gereist, zu den Falklands, Chile, Galapagos, die Osterinseln weiter über Australien nach Südafrika. Überall, wo er an Land geht, versucht er an die Orte zu gelangen, an denen Darwin war, und oft ist von denen nicht viel übrig geblieben: Urwälder sind zugunsten von Städten verschwunden, Viehherden weiden, wo früher Wildnis war. Jürgen Neffe sucht überall den Kontakt mit den Leuten, redet mit ihnen über Darwin und die Evolution. Durch seine Erzählung lernen wir beispielsweise Teresa Manera kennen, die Leiterin des Carlos-Darwin-Museums im argentinischen Punta Alta, aber auch Schiffsbesatzungen, ein amerikanisches Ehepaar, dem die biblische Schöpfungsgeschichte einfach plausibler erscheint, Gauchos oder wissbegierige Jugendliche, die nicht das Geld haben zu studieren - kurz, wir begegnen dem Menschen in vielen seiner Spielarten.

    Liebevoll beschreibt Jürgen Neffe seine Begegnungen mit eben diesen Menschen und Landschaften. Allerdings drängt sich in manchen Kapiteln Neffes eigene Reise in den Vordergrund. Für Darwin war die Fahrt mit der Beagle das "bei weitem das bedeutungsvollste Ereignis" seines Lebens - aber es gibt Passagen, in denen sie ebenso wie manche Heureka-Momente in seiner späterer Arbeit merkwürdig blass bleibt. Nicht immer gelingt der Versuch, das Leben Darwins als Privatmann und Forscher in die Erzählung seiner eigenen Reise zu pressen. Dramaturgisch bereitet das manchmal Mühe, denn selbst die wissenschaftliche und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Evolutionslehre zu Lebzeiten des Forschers oder seine Wirkung auf die moderne Biologe - alles muss sozusagen mit an Bord, auf den Pferderücken oder ins Auto. Dadurch gerät das Buch hin und wieder etwas unübersichtlich. Auf jeden Fall ist es angenehm geschrieben, und für Darwin-Einsteiger, die sich zum ersten Mal mit dem großen Forscher beschäftigen, eine anregende Lektüre.

    Jürgen Neffe: Darwin - Das Abenteuer des Lebens
    ISBN: 978-3-570-01091-4
    C. Bertelsmann Verlag, 470 Seiten, 22,95 Euro