Ein Labor am Marum, dem Forschungszentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen. In zwei Schichten arbeiten Geologen und Mikrobiologen zusammen, um die Bohrkerne der 47-Tage-Expedition zum Atlantis-Massiv zu beschreiben und Proben für die weitere Auswertung zu nehmen, erklärt Beth Orcutt vom Bigelow Laboratory for Ocean Sciences in den USA. "Wir haben hier unterschiedliche Gesteine vor uns. Manche sind von wunderschönen Adern durchzogen, andere Partien vollkommen zertrümmert."
Das Atlantis-Massiv, von dem die Bohrkerne stammen, ist ein untermeerischer Gebirgsstock mitten im Atlantik, ganz in der Nähe des mittelozeanischen Rückens. "Dieser Berg ist 0,9 - 1,2 Millionen Jahre alt. Vor einer Million Jahren waren diese Gesteine viel tiefer" und die Plattentektonik hat sie aus mehreren Kilometern Tiefe nach oben gezerrt, erzählt Gretchen Früh-Green von der ETH Zürich.
"Die Gesteine im Osten sind etwas jünger als die im Westen, und sie stammen aus einem etwas tieferen Bereich des Erdmantels. Die im Westen waren dem Meerwasser länger ausgesetzt", beschreibt Marvin Lilley von University of Washington in Seattle. Das Meerwasser dringt über Klüfte, Risse und Adern im Fels in das Atlantis-Massiv ein: Das an sich trockene Mantelgestein saugt sich voll wie ein Schwamm. "Wenn dieses Gestein mit dem Meerwasser reagiert, entsteht viel Wasserstoff, und der wiederum reagiert mit dem Kohlenstoff in den Mantelgesteinen und bildet Methan. Während mancher Bohrungen konnten wir durch die chemische Umwandlung der Mantelgesteine hohe Methankonzentrationen messen."
Leben in Lost City
Die ersten Ergebnisse zeigen auch, dass - bis hin zur Verwitterung am Meeresboden - eine ganze Reihe unterschiedlicher chemischer Reaktionen auf dem und im Atlantis-Massiv ablaufen. "Wir wollen diese Prozesse verstehen. Wir wollen herausfinden, wie das Wasser durch das Gestein geht, wie diese Reaktion vor sich geht, was für ein chemischer Austausch stattfindet, und am Schluss haben wir ein Gesamtbild davon, was passiert am Meeresgrund. Man hat ausgerechnet, dass das gesamte Volumen des Ozeans in einer Million Jahre durch die ozeanische Kruste umgewälzt wird."
Zu den zentralen Resultaten der Expedition zählt, dass der Wasserstoff und das Methan, die bei diesen Prozessen entstehen, nicht nur die Lebensgrundlage für das Ökosystem von Lost City sind. In allen Bohrkernen fanden die Forscher Mikroorganismen. "Wir konnten schon bei unseren ersten Analysen an Bord des Schiffs sehen, dass in einigen Bereichen der Bohrkerne Hunderte mal mehr Zellen lebten als in anderen. In anderen fanden wir nur sehr, sehr wenig Leben."
Und so versuchen die Mikrobiologen derzeit herauszufinden, wo sich in den Gesteinen die Mikroorganismen warum ansammeln - und wer eigentlich dort unten lebt. Das Atlantis-Massiv ist ein "Berg voller Leben" - jedenfalls so weit das Wasser in das Mantelgestein dringt und Methan und Wasserstoff reichen.