"Mein Blick verliert sich in diesem Lavendelfeld
Mit dem blauen Parfüm des Sommers, von dem die Zikaden singen
Wo die Seelen blühen wie Opfergaben
Mit goldenem Stern, der die matten Herzen erhellt.
dichtete die provenzalische Poetin Michèle Brodowicz."
"Der Lavendel ist eine mythische Pflanze."
schwärmt die Lavendelbäuerin Marguerite Blanc, umgeben von den violettfarbenen Feldern in der Nähe des Mont Ventoux.
" Sie hat eine Menge guter Eigenschaften und riecht angenehm. Ich bin mit dem Lavendel hier aufgewachsen (lacht) und wenn man seine ganze Kindheit im Lavendel gebadet hat, kann man sich ein Leben ohne Lavendel nicht vorstellen."
Die Sonne scheint gleißend vom dunkelblauen Himmel, es ist 35 Grad heiß. In einer Landschaft von dicht bewaldeten, felsigen Hügeln manövriert Bauer Michel Blanc vorsichtig seinen kleinen Traktor über das Feld. Auf dem trockenen und steinigen Boden wächst in kleinen Büscheln Lavendel mit dunkelvioletten Blüten.
Schmale Metallstäbe schneiden die grünen Stengel der Pflanzen ab, ein Laufband transportiert sie in einen großen Behälter hinter dem Traktor. Es riecht erfrischend süßlich.
"Der Lavendel ist reif und jetzt ist die richtige Zeit, um ihn zu ernten. Wir lagern den Lavendel am Feldrand, damit er zwei, drei Tage trocknen kann. Dann bringen wir ihn zu einer Brennerei, um ihn zu destillieren und daraus ätherisches Lavendelöl herzustellen."
Jetzt im August, wo die Hitze flirrend über den Feldern schwebt und das Leben lahmlegt, ist die beste Zeit, um den Lavendel zu ernten. Die Trockenheit und die Hitze bewirken, dass die ätherischen Öle in die Blüte steigen.
Rund 50 Hektar mit Lavendel und der Lavendelkreuzung "Lavandin" bewirtschaftet die Familie Blanc im Département Drôme, im Südosten Frankreichs. Aus der Ernte werden später Lavendelsträuße zur Dekoration, Duftsäckchen für den Wäscheschrank und vor allem ätherisches Öl hergestellt.
In großen Haufen liegen die Lavendelbüsche übereinander gestapelt am Feldrand zum Trocknen. In zwei, drei Tagen wird sie Michel Blanc zur Destillerie bringen, um ihnen die ätherischen Öle zu entziehen, mit ihrem einzigartigen, erfrischend süßlichen und etwas strengen Geruch.
Vor fünfzig Jahren erntete seine Mutter, die Lavendelbäuerin Marguerite Blanc, die duftenden Pflanzen noch mit einer langen, gebogenen Sichel. Die ganze Familie stieg dazu auf die Berghügel, um den wildwachsenden Lavendel zu schneiden und in weißen Stofftaschen auf ihrem Rücken zu sammeln. Mit einem Pferdekarren transportierten sie ihn dann zum Trocknen auf den Bauernhof und anschließend zu ihrer kleinen Destillerie im Dorf.
"Es war sehr mühsam. Es war sehr heiß und wir hatten starke Rückenschmerzen. Wir zogen um sieben Uhr morgens los und schnitten den ganzen Tag bis 18 Uhr mit einer kleinen Pause in der heißen Mittagszeit. Es gab keine anderen Erntetechniken, alles wurde per Hand und mit der Sichel gemacht. Einen Monat lang haben wir wie verrückt gearbeitet."
Auch heute noch erntet die 60-Jährige Marguerite Blanc auf diese traditionelle Art und Weise den Lavendel, der direkt vor ihrem Haus wächst. Im Juli, wenn die Blüte tiefblau ist, denn dann werden die Sträuße besonders schön, die sie daraus bindet.
In den 60er Jahren begann die Familie Blanc, mit Hilfe des Traktors, den Lavendel systematisch und in großen Mengen anzubauen. Der wildwachsende Lavendel reichte nicht mehr aus, denn die Nachfrage war auf einmal sprunghaft gestiegen: Die Meister-Parfümeure aus der südfranzösischen Stadt Grasse hatten die wohlriechende Pflanze entdeckt. Bevor Grasse zum Zentrum der Parfümindustrie wurde, gerbte man dort vor allem Leder. Und das roch schlecht, erklärt Audrey Delesalle. Sie leitet das Lavendelmuseum im südfranzösischen Dorf Coustelet.
"Eines Tages hat man einige Tropfen ätherisches Lavendelöl auf das Leder gegeben und festgestellt, dass es dadurch angenehm riecht. Von da an hat man damit begonnen, mit Lavendel parfümierte Handschuhe herzustellen, und die eleganten Damen waren hingerissen. So entwickelte sich die Parfümindustrie in Grasse immer weiter und die Parfümeure schickten Makler, um die Lavendel-Preise auszuhandeln."
Der Erfolg des Lavendels und der damit verbundene intensive Anbau hat aber auch dazu geführt, dass die Pflanzen anfälliger für Schädlinge und Krankheiten geworden sind. Seit einiger Zeit verlieren die Blancs fast jedes Jahr 80 Prozent ihrer Ernte, denn ihre Lavendelfelder werden regelmäßig von einer in der Provence weit verbreiteten Krankheit befallen.
"Dort sehen Sie absterbende Pflanzen. Diese Pflanzen sind wenig kräftig und haben im Vergleich zu den anderen keine Blätter oder nur sehr kleine Blätter entwickelt. Diese Reihe beispielsweise wird sicher absterben oder sie wird so bleiben wie jetzt und keine Blüten produzieren."
Auf dem Testfeld des "Forschungszentrums für Aroma- und Heilpflanzen" in Manosque, kniet sich Institutsleiter Eric Chaisse neben blasslilafarbene Lavendelsträucher. Sie wurden von einem Bakterium befallen, das von Insekten übertragen wird, zwei Millimeter großen Tieren aus der Familie der Zikaden, sogenannten "Cicadelles". Auch umgekehrt ist eine Ansteckung möglich, denn die Larven der Insekten verbringen den Winter in der Erde und ernähren sich von den Wurzeln des Lavendels. Wenn die Pflanze erkrankt ist, infiziert sie damit wiederum das Insekt. Ein Teufelskreis, sagt Eric Chaisse.
"Das Problem bei uns ist, dass der Lavendel diesem Insekt einen guten Unterschlupf bietet. Die aktuellen Klimabedingungen verschärfen das Problem zusätzlich: Die wachsenden Dürreperioden sind eher schädlich für die Pflanzen, aber günstig für die Insekten, weil sie die Wärme mögen und sich umso mehr entwickeln, je heißer und trockener es ist."
Seit Ende der 80er Jahre kämpfen die Lavendelbauern mit den Cicadellen und ihren Bakterien. Zwischen den Jahren 2005 und 2009 sind die provenzalischen Lavendelfelder um die Hälfte geschrumpft. Durch verstärkten, neuen Anbau konnten in den vergangenen Jahren aber wieder neue Flächen gewonnen werden.
Da nicht alle Lavendelarten gleich anfällig für die Krankheit zu sein scheinen, versuchen die Forscher, möglichst resistente Pflanzen zu züchten, die so gut wie nie von dem Insekt befallen werden. Parall dazu arbeitet Eric Chaisse mit seinen Kollegen an weiteren Lösungen:
"Am häufigsten wird Kaolinite eingesetzt, das ist weißer Lehm. Der wird auf die Pflanze gestreut und schafft damit eine Schutzschicht gegenüber dem Insekt. Damit haben wir bereits sehr gute Testergebnisse erzielt."
Bis heute gibt es aber noch keine Technik, die für sich allein einen durchschlagenden Erfolg erzielen konnte. Eric Chaisse vermutet daher, dass mehrere Maßnahmen parallel angewendet werden müssen, um die Insekten und die Krankheit in den Griff zu bekommen.
So ist die Lavendelernte in der Provence in den vergangenen Jahrzehnten schwerer und weniger ertragreich geworden, sei es durch die Krankheit, die wachsende Konkurrenz aus Europa oder durch den Klimawandel.
Viele Lavendelbauern werden diese Anstrengungen aber weiterhin auf sich nehmen, denn in den höheren, trockenen Bergregionen ist es schwer, andere Ertrag bringende Pflanzen anzubauen, während der wertvolle Lavendel hier prächtig gedeiht. Außerdem gilt die Jahrhunderte alte Lavendelpflanze in der Provence auch als Kulturgut.
Die Lavendelbäuerin und Botanikerin Catherine Liardet züchtet in ihrer Freizeit rund 200 Lavendelarten aus der ganzen Welt und präsentiert sie in ihrem Garten in Sault, in der Nähe des Mont Ventoux. Ihr Ziel ist es, die Vielfalt der Pflanze zu erhalten, und nicht ihre Produktivität, die sonst beim Anbau im Vordergrund steht.
"Hier haben wir die 'Lanata' mit sehr weichen Blättern und einer sehr schönen Blüte in Blasslila, Grau und ins Violette übergehend, aus dem Mittelmeerraum. Daneben stehen zwei verschiedene 'Dentatas'. Eine mit grauen Blättern und eine mit grünen Blättern und aus diesen können sich wiederum andere Hybride ergeben mit verschiedenen Farbkombinationen. Normalerweise ist die Blüte blassrosa, aber es gibt auch weiße und rosafarbene."
Die einzelnen Lavendelarten unterscheiden sich nicht nur durch ihre Blätter und Blüten, sondern auch durch ihren Duft. Im Mittelmeerraum riecht der Lavendel blumig und frisch, aber sein Geruch kann auch an Minze, Zitrone, Rosmarin oder Thymian erinnern, schwärmt Cathérine Liardet.
"Ich bin hier geboren und habe wirklich in Lavendel gebadet, denn wenn mein Großvater destillierte, durften wir in dem Blütenwasser des Lavendels baden. Dann ist es ein Abenteuer. Sobald man sich für die Botanik interessiert, entdeckt man, dass es tropischen Lavendel gibt und das ist faszinierend. Es lässt einen reisen, nach Marokko, die Kanaren, wie Teneriffa."
Wie die Familie Liardet schätzen die Provenzalen den Lavendel schon seit Generationen. Sie verwenden ihn zum Kochen, zur Dekoration, zum Parfümieren von Waschmitteln und Kleidern und als Heilpflanze.
"Hier, schon beim Berühren riecht man ihn."
Martine Bonnabel-Blaize, die Leiterin der Marseiller Kräuterapotheke, zieht eine Holzschublade auf und nimmt ein paar getrocknete Lavendelblüten in die Hand.
"Wir verkaufen sie in Portionen zu 100 Gramm. Diese Menge ist für eine Tasse Tee. Mit kochendem Wasser aufgießen, zehn Minuten ziehen lassen und filtern. Vor dem Schlafengehen trinkt man jeden Abend eine Tasse, oft zusammen mit Orangenknopsen oder Hagedornblüten, dann wirkt es noch beruhigender."
Ob getrocknet als Kräutertee oder in Form von ätherischem Öl - Lavendel löst Krämpfe und entspannt. Bei Insektenstichen rät die Apothekerin, sofort einige Tropfen Lavendelöl auf die Einstichstelle zu geben, um so eine allergische Reaktion zu vermeiden.
"Bei Verbrennungen ersten Grades hilft es erstaunlich gut, den Schmerz zu mildern und lässt die Wunde schneller vernarben. Es ist außerdem ein wundheilendes Desinfektionsmittel. Auf den Entbindungsstationen, in denen man ätherisches Lavendelöl versprüht, hat man festgestellt, dass die Babys weniger weinten. Lavendel ist das ätherische Öl, das man einpacken sollte, wenn man verreist."
So macht sich die Apothekerin über die Zukunft des Lavendels keine Sorgen. Denn die Provenzalen würden die vielen Lavendelfelder ebenso vermissen wie die Touristen - da ist sich die Kräuterexpertin sicher:
"Der Lavendel ist unverzichtbar, weil er das Wahrzeichen der Provence ist. Diese lilafarbenen Felder, soweit das Auge reicht, wenn er in Blüte steht, und dann ist da dieser charakteristische Geruch, der sofort an die Sonne erinnert, an die Zikaden, kurzum die Provence selbst."
Mit dem blauen Parfüm des Sommers, von dem die Zikaden singen
Wo die Seelen blühen wie Opfergaben
Mit goldenem Stern, der die matten Herzen erhellt.
dichtete die provenzalische Poetin Michèle Brodowicz."
"Der Lavendel ist eine mythische Pflanze."
schwärmt die Lavendelbäuerin Marguerite Blanc, umgeben von den violettfarbenen Feldern in der Nähe des Mont Ventoux.
" Sie hat eine Menge guter Eigenschaften und riecht angenehm. Ich bin mit dem Lavendel hier aufgewachsen (lacht) und wenn man seine ganze Kindheit im Lavendel gebadet hat, kann man sich ein Leben ohne Lavendel nicht vorstellen."
Die Sonne scheint gleißend vom dunkelblauen Himmel, es ist 35 Grad heiß. In einer Landschaft von dicht bewaldeten, felsigen Hügeln manövriert Bauer Michel Blanc vorsichtig seinen kleinen Traktor über das Feld. Auf dem trockenen und steinigen Boden wächst in kleinen Büscheln Lavendel mit dunkelvioletten Blüten.
Schmale Metallstäbe schneiden die grünen Stengel der Pflanzen ab, ein Laufband transportiert sie in einen großen Behälter hinter dem Traktor. Es riecht erfrischend süßlich.
"Der Lavendel ist reif und jetzt ist die richtige Zeit, um ihn zu ernten. Wir lagern den Lavendel am Feldrand, damit er zwei, drei Tage trocknen kann. Dann bringen wir ihn zu einer Brennerei, um ihn zu destillieren und daraus ätherisches Lavendelöl herzustellen."
Jetzt im August, wo die Hitze flirrend über den Feldern schwebt und das Leben lahmlegt, ist die beste Zeit, um den Lavendel zu ernten. Die Trockenheit und die Hitze bewirken, dass die ätherischen Öle in die Blüte steigen.
Rund 50 Hektar mit Lavendel und der Lavendelkreuzung "Lavandin" bewirtschaftet die Familie Blanc im Département Drôme, im Südosten Frankreichs. Aus der Ernte werden später Lavendelsträuße zur Dekoration, Duftsäckchen für den Wäscheschrank und vor allem ätherisches Öl hergestellt.
In großen Haufen liegen die Lavendelbüsche übereinander gestapelt am Feldrand zum Trocknen. In zwei, drei Tagen wird sie Michel Blanc zur Destillerie bringen, um ihnen die ätherischen Öle zu entziehen, mit ihrem einzigartigen, erfrischend süßlichen und etwas strengen Geruch.
Vor fünfzig Jahren erntete seine Mutter, die Lavendelbäuerin Marguerite Blanc, die duftenden Pflanzen noch mit einer langen, gebogenen Sichel. Die ganze Familie stieg dazu auf die Berghügel, um den wildwachsenden Lavendel zu schneiden und in weißen Stofftaschen auf ihrem Rücken zu sammeln. Mit einem Pferdekarren transportierten sie ihn dann zum Trocknen auf den Bauernhof und anschließend zu ihrer kleinen Destillerie im Dorf.
"Es war sehr mühsam. Es war sehr heiß und wir hatten starke Rückenschmerzen. Wir zogen um sieben Uhr morgens los und schnitten den ganzen Tag bis 18 Uhr mit einer kleinen Pause in der heißen Mittagszeit. Es gab keine anderen Erntetechniken, alles wurde per Hand und mit der Sichel gemacht. Einen Monat lang haben wir wie verrückt gearbeitet."
Auch heute noch erntet die 60-Jährige Marguerite Blanc auf diese traditionelle Art und Weise den Lavendel, der direkt vor ihrem Haus wächst. Im Juli, wenn die Blüte tiefblau ist, denn dann werden die Sträuße besonders schön, die sie daraus bindet.
In den 60er Jahren begann die Familie Blanc, mit Hilfe des Traktors, den Lavendel systematisch und in großen Mengen anzubauen. Der wildwachsende Lavendel reichte nicht mehr aus, denn die Nachfrage war auf einmal sprunghaft gestiegen: Die Meister-Parfümeure aus der südfranzösischen Stadt Grasse hatten die wohlriechende Pflanze entdeckt. Bevor Grasse zum Zentrum der Parfümindustrie wurde, gerbte man dort vor allem Leder. Und das roch schlecht, erklärt Audrey Delesalle. Sie leitet das Lavendelmuseum im südfranzösischen Dorf Coustelet.
"Eines Tages hat man einige Tropfen ätherisches Lavendelöl auf das Leder gegeben und festgestellt, dass es dadurch angenehm riecht. Von da an hat man damit begonnen, mit Lavendel parfümierte Handschuhe herzustellen, und die eleganten Damen waren hingerissen. So entwickelte sich die Parfümindustrie in Grasse immer weiter und die Parfümeure schickten Makler, um die Lavendel-Preise auszuhandeln."
Der Erfolg des Lavendels und der damit verbundene intensive Anbau hat aber auch dazu geführt, dass die Pflanzen anfälliger für Schädlinge und Krankheiten geworden sind. Seit einiger Zeit verlieren die Blancs fast jedes Jahr 80 Prozent ihrer Ernte, denn ihre Lavendelfelder werden regelmäßig von einer in der Provence weit verbreiteten Krankheit befallen.
"Dort sehen Sie absterbende Pflanzen. Diese Pflanzen sind wenig kräftig und haben im Vergleich zu den anderen keine Blätter oder nur sehr kleine Blätter entwickelt. Diese Reihe beispielsweise wird sicher absterben oder sie wird so bleiben wie jetzt und keine Blüten produzieren."
Auf dem Testfeld des "Forschungszentrums für Aroma- und Heilpflanzen" in Manosque, kniet sich Institutsleiter Eric Chaisse neben blasslilafarbene Lavendelsträucher. Sie wurden von einem Bakterium befallen, das von Insekten übertragen wird, zwei Millimeter großen Tieren aus der Familie der Zikaden, sogenannten "Cicadelles". Auch umgekehrt ist eine Ansteckung möglich, denn die Larven der Insekten verbringen den Winter in der Erde und ernähren sich von den Wurzeln des Lavendels. Wenn die Pflanze erkrankt ist, infiziert sie damit wiederum das Insekt. Ein Teufelskreis, sagt Eric Chaisse.
"Das Problem bei uns ist, dass der Lavendel diesem Insekt einen guten Unterschlupf bietet. Die aktuellen Klimabedingungen verschärfen das Problem zusätzlich: Die wachsenden Dürreperioden sind eher schädlich für die Pflanzen, aber günstig für die Insekten, weil sie die Wärme mögen und sich umso mehr entwickeln, je heißer und trockener es ist."
Seit Ende der 80er Jahre kämpfen die Lavendelbauern mit den Cicadellen und ihren Bakterien. Zwischen den Jahren 2005 und 2009 sind die provenzalischen Lavendelfelder um die Hälfte geschrumpft. Durch verstärkten, neuen Anbau konnten in den vergangenen Jahren aber wieder neue Flächen gewonnen werden.
Da nicht alle Lavendelarten gleich anfällig für die Krankheit zu sein scheinen, versuchen die Forscher, möglichst resistente Pflanzen zu züchten, die so gut wie nie von dem Insekt befallen werden. Parall dazu arbeitet Eric Chaisse mit seinen Kollegen an weiteren Lösungen:
"Am häufigsten wird Kaolinite eingesetzt, das ist weißer Lehm. Der wird auf die Pflanze gestreut und schafft damit eine Schutzschicht gegenüber dem Insekt. Damit haben wir bereits sehr gute Testergebnisse erzielt."
Bis heute gibt es aber noch keine Technik, die für sich allein einen durchschlagenden Erfolg erzielen konnte. Eric Chaisse vermutet daher, dass mehrere Maßnahmen parallel angewendet werden müssen, um die Insekten und die Krankheit in den Griff zu bekommen.
So ist die Lavendelernte in der Provence in den vergangenen Jahrzehnten schwerer und weniger ertragreich geworden, sei es durch die Krankheit, die wachsende Konkurrenz aus Europa oder durch den Klimawandel.
Viele Lavendelbauern werden diese Anstrengungen aber weiterhin auf sich nehmen, denn in den höheren, trockenen Bergregionen ist es schwer, andere Ertrag bringende Pflanzen anzubauen, während der wertvolle Lavendel hier prächtig gedeiht. Außerdem gilt die Jahrhunderte alte Lavendelpflanze in der Provence auch als Kulturgut.
Die Lavendelbäuerin und Botanikerin Catherine Liardet züchtet in ihrer Freizeit rund 200 Lavendelarten aus der ganzen Welt und präsentiert sie in ihrem Garten in Sault, in der Nähe des Mont Ventoux. Ihr Ziel ist es, die Vielfalt der Pflanze zu erhalten, und nicht ihre Produktivität, die sonst beim Anbau im Vordergrund steht.
"Hier haben wir die 'Lanata' mit sehr weichen Blättern und einer sehr schönen Blüte in Blasslila, Grau und ins Violette übergehend, aus dem Mittelmeerraum. Daneben stehen zwei verschiedene 'Dentatas'. Eine mit grauen Blättern und eine mit grünen Blättern und aus diesen können sich wiederum andere Hybride ergeben mit verschiedenen Farbkombinationen. Normalerweise ist die Blüte blassrosa, aber es gibt auch weiße und rosafarbene."
Die einzelnen Lavendelarten unterscheiden sich nicht nur durch ihre Blätter und Blüten, sondern auch durch ihren Duft. Im Mittelmeerraum riecht der Lavendel blumig und frisch, aber sein Geruch kann auch an Minze, Zitrone, Rosmarin oder Thymian erinnern, schwärmt Cathérine Liardet.
"Ich bin hier geboren und habe wirklich in Lavendel gebadet, denn wenn mein Großvater destillierte, durften wir in dem Blütenwasser des Lavendels baden. Dann ist es ein Abenteuer. Sobald man sich für die Botanik interessiert, entdeckt man, dass es tropischen Lavendel gibt und das ist faszinierend. Es lässt einen reisen, nach Marokko, die Kanaren, wie Teneriffa."
Wie die Familie Liardet schätzen die Provenzalen den Lavendel schon seit Generationen. Sie verwenden ihn zum Kochen, zur Dekoration, zum Parfümieren von Waschmitteln und Kleidern und als Heilpflanze.
"Hier, schon beim Berühren riecht man ihn."
Martine Bonnabel-Blaize, die Leiterin der Marseiller Kräuterapotheke, zieht eine Holzschublade auf und nimmt ein paar getrocknete Lavendelblüten in die Hand.
"Wir verkaufen sie in Portionen zu 100 Gramm. Diese Menge ist für eine Tasse Tee. Mit kochendem Wasser aufgießen, zehn Minuten ziehen lassen und filtern. Vor dem Schlafengehen trinkt man jeden Abend eine Tasse, oft zusammen mit Orangenknopsen oder Hagedornblüten, dann wirkt es noch beruhigender."
Ob getrocknet als Kräutertee oder in Form von ätherischem Öl - Lavendel löst Krämpfe und entspannt. Bei Insektenstichen rät die Apothekerin, sofort einige Tropfen Lavendelöl auf die Einstichstelle zu geben, um so eine allergische Reaktion zu vermeiden.
"Bei Verbrennungen ersten Grades hilft es erstaunlich gut, den Schmerz zu mildern und lässt die Wunde schneller vernarben. Es ist außerdem ein wundheilendes Desinfektionsmittel. Auf den Entbindungsstationen, in denen man ätherisches Lavendelöl versprüht, hat man festgestellt, dass die Babys weniger weinten. Lavendel ist das ätherische Öl, das man einpacken sollte, wenn man verreist."
So macht sich die Apothekerin über die Zukunft des Lavendels keine Sorgen. Denn die Provenzalen würden die vielen Lavendelfelder ebenso vermissen wie die Touristen - da ist sich die Kräuterexpertin sicher:
"Der Lavendel ist unverzichtbar, weil er das Wahrzeichen der Provence ist. Diese lilafarbenen Felder, soweit das Auge reicht, wenn er in Blüte steht, und dann ist da dieser charakteristische Geruch, der sofort an die Sonne erinnert, an die Zikaden, kurzum die Provence selbst."