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Das Digitale Logbuch
Gendark

Von Wolfgang Noelke | 30.07.2016
    Es klingelt beim Dicken.
    Dicker: Ich habe schon auf dich gewartet.
    Knacki: Woher weißt du? Ich ruf' doch anonym an. Hätte auch jemand anderes sein können.
    Dicker: Metadaten, mein Lieber. Die verraten dich. Ich hab' gewusst, dass du heute mal wieder anonym anrufst. Und ich weiß auch, was du letzte Nacht gemacht hast. Die letzte Chance genutzt, deine ollen Rechner mit Windows 10 zu beglücken.
    Knacki: Woher weißt'n das?
    Dicker: Profilbildung! Ich kenne dich. Wenn's irgendwo was gratis gibt, bist du doch nicht weit. Falls du glauben solltest, du wärst anonym, ich würde dein Getippe sogar mit geschlossenen Augen unter hundert Leuten im Darknet erkennen.
    Knacki: Halt, halt, halt! Woher weißt du denn, dass ich im Darknet bin?
    Dicker: Du hast es doch selbst erzählt, wie man da rein kommt... und ich kenn' dich...
    Knacki: Oh, das ist doch nur 'n Job. Als Deputy. Hilfspolizist!
    Dicker: Knacki! Das passt ja wieder: Du hast Jobs, die bringen dich entweder fast in den Knast oder genau auf die Gegenseite.
    Knacki. Genau deswegen ha'm se mich ja engagiert. Weil ich die Szene kenne.
    Dicker: Wer hat dich engagiert? Auf welcher Seite bist du?
    Knacki: Geheim!
    Dicker: Für die Guten oder die Bösen?
    Knacki: Für die Guten natürlich...
    Dicker: Warum engagieren 'se Leute, wie dich?
    Knacki: Wahrscheinlich, weil ich die Szene kenne. Weil ich die Regeln kenne und die Leute auch. Ich kann mit denen reden. Computer können das nicht. Die sind mit Vorratsdatenspeicherung so sehr beschäftigt, dass sie Leute mit Fußfesseln aus den Augen verlieren.
    Dicker: Mit denen reden? Mit wem?
    Knacki: Mit den Bösen. Mit den Guten auch. Hauptsächlich mit den Bösen.
    Dicker: Im Darknet sind doch nur Böse.
    Knacki: Nein, im Gegenteil. Im Darknet sind hauptsächlich die Guten. Die, denen es sonst an den Kragen geht, weil sie auf der Racheliste kleiner Diktatoren stehen. Und ganz viele normale Leute, die einfach anonym bleiben wollen. Genau wie im normalen Leben, wo du ja auch beim Bäcker keinen Ausweis zeigen musst.
    Dicker: Aber die ganzen Waffenhändler im Darknet..?
    Knacki: Politikergeschwätz! Waffenhändler sind im Darknet genau so selten, wie im richtigen Leben. Und genau die soll ich finden. Wie bei der Mülltrennung: Waffenhändler rausschmeißen, aber Bäcker, die mit Waffeln handeln, drinlassen.
    Dicker: Nennst du dich jetzt Polizeispitzel, V-Mann, Internetsheriff?
    Knacki: Nee, mir fällt grad 'n schönerer Name ein: Gendark!
    Dicker: Jeanne d'Arc? Französische Revolution?
    Knacki: Yepp, so ähnlich: Ein Gendarm, der die Freiheit des Darknet schützt: Gendark!