Christoph Reimann: Dani Bachmann von Klaus Johann Grobe, Guten Tag.
Dani Bachmann: Guten Tag. Hallo
Reimann: Ihre Musik, die klingt ja nun wirklich sehr eigen. Zudem singen Sie auch noch auf Deutsch und dass das im deutschsprachigen Raum ganz gut funktioniert, kann ich mir schon vorstellen, aber wie haben denn die Amerikaner auf Ihre Musik reagiert?
Bachmann: Das mit der Sprache war nie ein Thema. Ich war selbst erstaunt, dass kein einziger das angesprochen hat, warum wir eigentlich auf Deutsch singen und hier in Amerika spielen. Angekommen ist es meiner Meinung nach sehr gut. Die Leute haben getanzt und haben auch oft erzählt, in den Clubs würden die Leute nie tanzen. 'Thank you for making me dance' habe ich oft gehört.
Reimann: Welche Rolle spielen denn die Texte bei ihnen? Also macht ihnen das denn was aus, wenn womöglich niemand im Publikum kapiert, wovon sie eigentlich singen?
Bachmann: Nein, das ist nicht so wichtig. Also mir sind die Texte schon wichtig und das ist schon auch persönlich, was ich da singe oder was Sevi singt. Aber ich habe jetzt nicht so einen Mitteilungsdrang eigentlich, dass ich unbedingt will, dass die Leute genau verstehen, was ich da singe, sonst würde ich das wahrscheinlich auch ein bisschen einfacher verpacken.
"Ist das jetzt noch toll oder ist es schon fast zu kitschig?"
Reimann: Auf die Texte kommen wir gleich noch zu sprechen. Ich will jetzt ganz gerne über den Sound reden, der ist ja wirklich besonders, der ist irgendwie einlullend, verführerisch, aber manchmal, da läuft einem auch so ein gepflegter kalter Schauer über den Rücken. Also bei diesen, manchmal schon schlagerhaft schlichten Texten und der zum Teil überzuckerten Musik, so als funkle durch ihre Musik die Disko-Kugel im Partykeller der Eltern. Können Sie das verstehen, dass ihr Sound einerseits fasziniert und andererseits auch so ein leichtes Unbehagen hervorruft?
Bachmann: Das ist eigentlich auch das, was für uns den Reiz ausmacht an der Musik, oder am Selber-Musik-Machen. Also wenn man es zu ernst nimmt, dann funktioniert das für uns nicht. Die Ironie oder wenn es dann fast schon kippt und uns so ein bisschen ein Schauder dabei... man weiß nicht so recht, ist das jetzt noch toll oder ist es schon fast zu kitschig. Das ist genau das, was wir suchen auch, glaube ich.
Reimann: Wo ist denn da die Schmerzgrenze bei ihnen? Wann sagen sie: Das ist nun wirklich zu viel?
Bachmann: Das gibt es eben eigentlich fast nicht. Das ist so ein natürlicher Reflex wahrscheinlich. Wir überschreiten die Grenze eigentlich nie. Meistens, wenn jemand von uns beiden sagt: Das ist jetzt zu viel, dann findet der andere: Nee, nee, das muss genau so sein. Schwer zu sagen. Wenn ich es selber nicht mehr anhören kann, dann ist es wahrscheinlich schon nicht mehr gut.
Reimann: Gab es das mal bei den Aufnahmen zu dem neunen Album?
Bachmann: Tatsächlich nicht. Nein
"Es interessieren mich halt die Sachen, die Widersprüche hervorbringen"
Reimann: Warum ist diese Reibung so wichtig? Warum wollen sie nicht einfach nur gefallen?
Bachmann: Ich würde gerne sagen, ich will ja gar nicht so gefallen, aber dann würde ich wahrscheinlich gar nix machen. Wahrscheinlich weil mir solche Sachen genau auch gefallen, also es ist ja das, was ich selber höre oder was ich spannend finde. Es interessieren mich halt die Sachen, die Widersprüche hervorbringen.
Reimann: Haben sie ein Beispiel, gab es denn konkrete musikalische Vorbilder für diese Platte?
Bachmann: Also wenn man den Kitsch anspricht, kann man bestimmt sagen, dass wir des Öfteren Manfred Krug gehört haben, der ja auch eigentlich Schlagermusik gemacht hat, also in den 70er-Jahren, die aber mit einer Big Band, so wie es gespielt und arrangiert war, irgendwie doch keine Schlagermusik war. Ich glaube, das passt eigentlich ganz gut zu dem was wir heute machen, völlig in einer anderen Zeit und in einer anderen Musik, aber ich glaube, da sind wir bestimmt davon inspiriert.
Reimann: Mit diesen repetitiven Mustern ihrer Musik, mit dieser röhrenden Orgel und mit dem treibenden Schlagzeug, ja da klingen ihre Songs auch so ein bisschen nach dem Krautrock der 70er-Jahre. Auch, wenn es nicht unbedingt Krautrock in Reinform ist, den sie da machen, ist es schon dieses Jahrzehnt, das sie interessiert, oder?
Bachmann: Absolut. Also wir hören ja ganz viel Musik aus den 70er-Jahren, auch aus den 60ern, aus den 80ern. Das ist schon die Zeit, die wir uns wahrscheinlich am meisten zu Gemüte geführt haben.
Reimann: Bei allen Jahrzehnten der Popmusikgeschichte, die Ihnen zur Verfügung stehen, da haben sie jetzt drei genannt, 50er, 60er, 70er, die sie selbst gar nicht miterlebt haben. Ich tippe mal, dass sie so Anfang 30 sind. Warum gerade jene Jahrzehnte?
Bachmann: Also ich hab irgendwie wahrscheinlich bei den 60ern angefangen. Das hat vielleicht auch mit den Platten von den Eltern zu tun. Dann irgendwann bin ich weiter zu den 70ern und dann kamen die 80ger. Ich hab halt da angefangen. Wahrscheinlich kommen jetzt bald die 90er-Jahre hinzu. Man kann ja nicht alles auf einmal hören. So bin ich im Moment in den 80er-Jahren.
Reimann: Und auf der nächsten Platte machen Sie dann Eurotrash, 90er-Jahre?
Bachmann: Wahrscheinlich. Genau, das wäre super.
"Es ist ja nicht so, dass wir eine nostalgische Band wären"
Reimann: Dieses vom Krautrock ein bisschen inspirierte, das war damals ja auch ein Stil, der vorwärts gewandt war, der in die Zukunft geblickt hat. Wenn sie jetzt mit dieser Ästhetik spielen, dann blicken sie ja irgendwie schon zurück. Was bleibt denn da noch übrig von dieser einstmaligen Brisanz dieser Musik?
Bachmann: Ja es ist halt trotz aller Rückwärtsgewandtheit halt immer noch Musik von uns, jetzt direkt, so wie wir jetzt in dieser Zeit leben und das ist für uns immer noch genau so aktuell wie wahrscheinlich für die Leute, die damals avantgardistische Musik gemacht haben. Die vielleicht ein bisschen das Rad noch eher neu erfunden hat. Aber für uns ist das halt aktuell und es behandelt unsere aktuellen Themen und ich glaube, das hat immer noch eine Relevanz in dieser Form, also wenn es jemanden interessiert. Es ist ja nicht so, dass wir eine nostalgische Band wären.
Reimann: Der Song, der gerade lief, der hieß "Springen wie damals" und darin eine Songzeile 'Wieder singen, wie war das damals, wieder springen wie damals als noch nichts da war'. Da steckt dann auch so eine Sehnsucht nach der Vergangenheit drin. Ist das richtig?
Bachmann: Ja da haben sie mich jetzt erwischt. Das ist tatsächlich der einzige wirklich nostalgische Song auf dem Album. Da geht es tatsächlich so ein bisschen um diese heutige Gleichschaltung von allem. Man hat das Gefühlt, es passiert ja gar nichts mehr. Wie sie eigentlich vorhin gefragt haben, was ist denn heute noch relevant - dieser nostalgische Blick zurück ist natürlich ein verklärter Blick, weil das war wahrscheinlich nicht anders als heute, aber man hat so das Gefühl, damals war es noch aufregend.
Reimann: Und diese Aufregung wünschen sie sich ein bisschen heute?
Bachmann: Auf jeden Fall, aber ich denke mir mal, das hat man sich damals auch gewünscht. So stell ich mir das vor. Man weiß ja im Moment nie, wo man wirklich drinsteckt. Wenn man es sich jetzt so genau überlegt, dann sind wir eigentlich in der aufregendsten Zeit der letzten Jahre, will ich mal behaupten.
Reimann: Politisch, gesellschaftlich?
Bachmann: Politisch, genau, gesellschaftlich. Also das Ganze was zurzeit halt passiert in der Weltpolitik, finde ich schon ziemlich verrückt und außerhalb von meinem Verständnis, was ich mir überhaupt vorstellen kann.
Reimann: Das sind aber Themen - wenn man jetzt zum Beispiel an die Flüchtlingspolitik Europas denkt - die sie nicht in ihrer Musik aufgreifen. Bewusst nicht oder kommt das noch oder muss man sich als Künstler vielleicht gar nicht unbedingt dazu äußern?
Bachmann: Nein, es ist schon eine Frage. Ich frage mich schon, ob man überhaupt in dieser Zeit ein Album machen kann, ohne so etwas zu thematisieren. Das ist einfach ein Stück weit zu groß, vielleicht. Es ist halt mittlerweile so groß, dass ich schon - egal was man darüber sagt - finde ich es schon fast einfach lächerlich und der Sache nicht genugtuend. Da mach ich es lieber wie die Dadaisten und sprenge den Rahmen.
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