Unicorns, Einhörner. Sie sehen gut aus, glitzern und pupsen Regenbögen. Ihr Horn soll über heilende Kräfte verfügen und mit ihrem strahlend weißen Fell verkörpern sie Reinheit und Unschuld. Sie repräsentieren das Gute und das Gute gewinnt immer – zumindest in den Erzählungen über Einhörner.
Einhörner sind Gewinnertypen. Nicht umsonst nennt man im Zusammenhang mit Start-ups jene Unternehmen "Unicorn", die mehr als eine Milliarde Dollar wert sind. Es scheint so, dass alles, wo Einhorn drauf steht oder drin ist, zu Gold wird. Und das nicht erst seit Ritter Sport.
Schon in den 80ern ein Star
"The Last Unicorn", "Das letzte Einhorn" zum Beispiel: ein Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1982 – 'Kitsch as Kitsch can' mit einer auch für damalige Verhältnisse nicht überragenden Animation. Dennoch ist der Streifen zum Kultfilm avanciert.
Ein weiteres Beispiel für den Erfolgsgaranten Einhorn ist das Videospiel "Robot Unicorn Attack". Hier passiert nicht viel mehr, als dass ein Einhorn zu Erasures Hit "Always" endlos geradeaus rennt und ab und zu über einen Graben springt. Klingt ziemlich fad. Aber eine Million Menschen haben das Spiel innerhalb der ersten Woche nach seiner Veröffentlichung gespielt.
Weit mehr als ein Klickgenerator
Für FaulenzA ist das Einhorn weit mehr als ein Klickgenerator: Die transweibliche Musikerin und Autorin FaulenzA hat ihr aktuelles Album "Einhornrap" genannt und will damit queeren Menschen Mut machen.
"Für mich stehen Einhörner für Fantasie und Offenheit und für Selbstempowerment auch. Also die Gesellschaft sagt, mich darf es so nicht geben. So sieht keine Frau aus, aber mich gibt es und ich glitzer und bin voll schön – wie das Einhorn.
Deshalb ist es für mich ein Symbol für viele unterschiedliche Identitäten und Lebensweisen jenseits von dem, was die Gesellschaft akzeptiert und für normal hält."
"Das Einhorn ist die Tier gewordene Utopie für mich und damit auch eine Projektionsfläche. Ein Wesen mit großer Projektionsfläche, es ist füllbar, ein Füllhorn."
Beliebtes Popkultur-Blog "Kotzendes Einhorn"
Das sagt Daniel Decker: Der Berliner hat 2009 seinen Blog "Kotzendes Einhorn" ins Leben gerufen. Was anfänglich bloß als Plattform für lustige Einhorn-Bilder diente, hat sich inzwischen zu einem beliebten Popkultur-Blog entwickelt. Der Einhorn-Hype im letzten Jahr spiegelt sich auch in den Zugriffszahlen seiner Seite wider - eine Entwicklung der Daniel Decker ambivalent gegenüber steht:
"Es ist halt so n bisschen wie die Lieblingsband, die man nur für sich hatte. Durch so große Hype-Wellen denkt man dann so irgendwie: 'Früher waren Einhörner geiler'. Jetzt machen sie Sell-out. Aber das Einhorn kann ja interessanterweise gar nix dafür, wie meistens wahrscheinlich die Lieblingsband auch nicht."
Daniel Decker bleibt dem Einhorn deshalb treu – auch wenn es Mainstream geworden ist:
"Ich mag an den Einhörnern, dass sie sehr facettenreich sind. Im ersten Moment ist ein Einhorn etwas sehr Kindliches für mich gewesen, etwas sehr Niedliches, auf der anderen Seite fand ich, dass Einhörner so eine gewisse Realitätsferne haben und ich glaube, gerade 2016 ist eine Realitätsflucht sehr nachvollziehbar geworden."
Jetzt steht ein neues Jahr vor der Tür. Ein Jahr voller gesellschaftlicher Herausforderungen. Die Bundestagswahlen in Deutschland stehen an, wir haben das erste Jahr mit einem neuen umstrittenen US-Präsidenten zu absolvieren und es ist kein Ende von Krieg und Terror weltweit in Sicht. Es sieht ganz so aus, als ob wir das Einhorn auch in 2017 noch brauchen.