So schön kann Landwirtschaft sein. Glückliche Kühe grasen auf saftigen Wiesen vor einem alten Bauernhof, gleich dahinter die Berge. Diese ländliche Kulturlandschaft zu erhalten, das ist eines der Argumente für die gut 50 Milliarden Euro, mit denen die Europäische Union jedes Jahr die Landwirtschaft unterstützt.
Fehlt nur noch der freundliche Bauer, der die Kühe zum Melken nach Hause holt. Aber der Bauer ist heute nicht da, er ist nach Brüssel gefahren. Und freundlich ist er heute auch nicht.
Die Bauern fordern einen höheren Milchpreis, und sie finden, dass die Europäische Kommission in Brüssel dafür zuständig sei. Schließlich wird der Preis für die Milch wie für viele andere landwirtschaftliche Produkte seit gut 50 Jahren von Brüssel aus gesteuert. Doch die EU möchte die Planwirtschaft beenden. Seit 2004 wird der Milchpreis schrittweise dem Markt ausgesetzt, im Gegenzug bekommen die Bauern jedes Jahr einen festen Betrag aus Brüssel, sogenannte Direktbeihilfen, die sich an der Größe des Hofes orientieren.
Doch jetzt ist der Preis so niedrig wie noch nie. Gerade einmal 20 bis 25 Cent erhalten die Milchbauern noch für jeden Liter. Davon könne man nicht leben, sagt Josef Pfeffer aus Cham im bayerischen Wald. 40 Milchkühe hat er zuhause im Stall. Bis vor zwei Jahren sei alles gut gegangen, sagt er, aber jetzt ginge gar nichts mehr:
"Beschissen. Einfach beschissen. Das Geld reicht hinten und vorne nicht. Auf einer Seite reicht das Geld nicht, auf der anderen Seite werden wir im Internet an den Pranger gestellt, weil wir ja Subventionsempfänger sind. Mein Betrieb kriegt ungefähr 10.000 Euro vom Staat. Und nur durch den Milchpreisverlust vom letzten Jahr und heuer gehen ungefähr 30.000 kaputt."
Die Milchbauern sind verunsichert - verunsichert und frustriert. Dass die Höhe der EU-Subventionen seit ein paar Monaten für jeden Hof bis auf den letzten Cent im Internet nachzulesen ist, das hat die Stimmung endgültig verhagelt. In den Dörfern weiß inzwischen jeder, wie viel 1000 Euro der Bauer von nebenan von der EU bekommt. Die Bauern fühlen sich von den Nachbarn beobachtet und kontrolliert, und nicht wenige sehen inzwischen überall eine große Verschwörung – an der auch die Medien mitwirken würden.
"Das ist doch letztendlich gesteuert, was ihr dann sendet, oder?"
Irgendetwas muss gründlich schief gelaufen sein mit der europäischen Agrarpolitik. Seit 50 Jahren wendet die EU immer mehr Geld für die Landwirtschaft auf – 55 Milliarden Euro sind es in diesem Jahr - doch das Ergebnis sind zornige und verzweifelte Bauern, von denen viele das Handtuch werfen. Zum Ende dieses Jahres werden wieder rund 12.000 Höfe aufgegeben haben, so wie jedes Jahr.
Noch vor 70 Jahren versorgte ein Bauer rund 10 Menschen mit Nahrungsmitteln. Heute produziert er im Schnitt Lebensmittel für 140 Menschen. Da ist es kein Wunder, dass die Preise für Agrarprodukte über die Jahre gesunken sind. Kein Wunder, dass jedes Jahr Bauern ihren Hof aufgeben. Der Agrarforscher Jo Swinnen von der Universität Löwen hat beobachtet, dass dieser Strukturwandel stattfinde, gleichgültig, welche Politik in Brüssel gerade betrieben werde.
"Der Einfluss der Agrarpolitik auf die Beschäftigung in der Landwirtschaft ist sehr niedrig. Wir hatten in den letzten 40 Jahren einen nahezu konstanten Abgang aus der Landwirtschaft von drei Prozent. (…) Natürlich kommt es auch vor, dass junge Bauern aufgeben. Aber die Regel ist, dass ein Bauer in Rente geht und keinen Hofnachfolger hat. Die EU-Politik hat darauf so gut wie keinen Einfluss. Die Zahl der stillgelegten Höfe liegt seit Jahrzehnten unverändert bei drei Prozent."
Wenn Höfe stillgelegt werden, dann bedeutet dies allerdings nicht, dass auch die Produktion aufhört. Andere Bauern übernehmen die Felder, selbst die Milchquote der Höfe wird weiterverkauft. Die Warnung der deutschen Agrarministerin Ilse Aigner, das Bauernsterben gefährde die Nahrungsmittelsicherheit, ist Unsinn. Richtig ist: Es gibt immer weniger Bauern, aber die stellen immer mehr her.
Der Produktivitätszuwachs macht auch vor Tieren nicht halt. 1960 gab eine Kuh im Durchschnitt 3200 Liter Milch pro Jahr. Heute liegt der Schnitt bei 9000 Litern. Spitzenkühe bringen es sogar auf 15.000 Liter. Zuchterfolge und Kraftfutter machen es möglich. Ein Kilo Kraftfutter gibt knapp zwei Liter Milch, so die Faustformel.
Ein Ende ist nicht in Sicht. Bislang melken die Bauern meist früh am Morgen, wenn die Tiere nicht ganz wach sind. Neuartige Melkroboter erlauben den Kühen, ihre Melkzeiten selbst zu bestimmen. Die Kühe trotten in den Melkroboter, wann und wie oft sie Lust haben. Damit ließen sich problemlos noch einmal 20 Prozent mehr Milch aus der Kuh heraus holen, versprechen Melkmaschinenhersteller.
Doch wer soll all die Milch trinken? Anfang der 80er-Jahre, als die Europäische Union in Milchseen versank, zogen die Agrarminister schon einmal die Notbremse. Damals garantierte die Europäische Union den Bauern noch einen festen Milchpreis. Mit dem Ergebnis, dass die Landwirte immer mehr lieferten und die EU Milliarden ausgab, um die Überschüsse aufzukaufen, einzulagern und irgendwann zu vernichten.
In ihrer Verzweiflung führten die Agrarminister 1984 die Milchquoten ein. Seitdem darf jeder Bauer nur noch eine bestimmte Menge Milch abliefern, und seitdem wird in der Europäischen Union praktisch jedes Jahr dieselbe Menge Milch gemolken. Der Produktivitätsfortschritt habe trotzdem angehalten, bestätigt der Bauer Albert Dess:
"Ich habe mal 49 Milchkühe auf meinem Betrieb gehabt, und dann hab’ ich später mit 33 Kühen die gleiche Menge erzeugt. Ich hab’ weniger Arbeit gehabt."
Dess sitzt seit fünf Jahren als Europaabgeordneter der CSU in Brüssel. Seinen Bauernhof unterhält er immer noch, aber die Milchkühe hat er abgeschafft. 13.000 Euro bekomme er an Agrarsubventionen von der Europäischen Union, das sagt er gleich zu Beginn des Gesprächs, so wie die meisten Bauern inzwischen - seit man die Beträge im Internet nachschlagen kann.
Dess war früher ein energischer Verfechter der Milchquote. Die strikte Mengenbeschränkung sollte die Milchpreise hochhalten und vor allem die kleinbäuerlichen Betriebe schützen. Doch die Quote hat weder das eine noch das andere Ziel erreicht. Seit Einführung der Quotenregelung am 1. April 1984 haben sich 80 Prozent der Milchbauern aus der Milchwirtschaft verabschiedet. Und jetzt sind auch noch die Preise abgestürzt.
Deshalb ist der Europaabgeordnete Albert Dess heute zwar kein vehementer Gegner der Quote. Das wäre problematisch, wo doch sein Parteivorsitzender, der CSU-Chef Horst Seehofer, so lautstark für die Milchquote eintritt. Aber der CSU-Agrarexperte Dess hält es für unvermeidlich, dass die Quotenregelung bis 2015 ausläuft. Die europäischen Agrarminister hätten dies so beschlossen, und es werde sich keine Mehrheit mehr finden, glaubt der CSU-Mann Dess, um die Quotenregelung noch einmal mal zu verlängern. Denn in Wirklichkeit wolle nur ein Teil der Bauern die Milchquote erhalten, auch wenn es anders aussähe:
"Es gibt zwei Gruppen, die massiv für die Quote eintreten. Die eine Gruppe sind diejenigen Landwirte, die in den letzten Jahren Quote gekauft haben. Aber sie haben sie in dem Wissen gekauft, dass das Quotensystem nicht unendlich weiterläuft. Und eine zweite Gruppe sind die Landwirte, die in den nächsten fünf oder zehn Jahre aufhören wollen. Weil, wenn es weiter ein Quotensystem gibt, kann man die Quote verkaufen."
Die Milchquote ist längst Teil des Problems und ganz sicher nicht die Lösung. Vor zwei Jahren, als der Milchpreis noch hoch war, haben sich vor allem junge Bauern entschlossen, den Stall zu erweitern. Wer damals 20 Kühe dazustellte, der musste allein bis zu 200 000 Euro hinlegen, um anderen Bauern die nötige Quote abzukaufen. Diese Investitionen drücken umso schwerer, seit der Milchpreis so niedrig ist.
Noch deutlicher wird das Problem bei den vielen Bauern, die eine Quote gepachtet haben. 10, 12 Cent Pacht pro Liter sind keine Seltenheit. Für jene Landwirte, die aufgehört und ihre Quote verpachtet haben, ist das ein schönes Zubrot zur Altersversorgung. Da kommen leicht ein paar 1000 Euro im Jahr zusammen. "Sofamelker" heißen die Verpachter in der Branche. Doch für die Pächter der Quote wird es eng.
In Großbritannien, in den Niederlanden, in Dänemark und Schweden fordert die Mehrheit der Landwirte längst das Ende der Quote, und auch in Deutschland gibt es viele Milchbauern, die dem lautstarken Verband der Milchbauern leise widersprechen. Zum Beispiel Britta Reimers:
"Weil ich selber als praktizierende Landwirtin gesehen habe, wie die Quote uns als Unternehmer einengt und in einen Plan reinzwängt, den wir nicht selber bestimmen können. Wir brauchen ein bisschen Freiheit, um unsere Betriebe selber entwickeln zu können und uns eigenverantwortlich aufstellen zu können."
Britta Reimers wurde im Juni für die FDP ins Europaparlament gewählt. 100 Milchkühe hat sie zuhause in Schleswig-Holstein im Stall stehen, der Hof gehört damit zu den größeren. Doch die Liberale wehrt sich gegen den Vorwurf, dass sie nur die großen Bauernhöfe im Blick habe. Die Abschaffung der Quote nütze auch kleineren Betrieben.
Seit Einführung der Milchquote 1984 ist der Anteil der Europäischen Milcherzeugnisse am Weltmarkt kontinuierlich geschrumpft. "Zu teuer", hat der Europäische Rechnungshof gerade erst in einem Sonderbericht vorgerechnet, die meisten europäischen Milchprodukte könnten nur mit enormen Ausfuhrzuschüssen abgesetzt werden. Exporterstattungen heißen diese Zuschüsse im EU-Jargon, und sie haben die Europäische Union weltweit in Verruf gebracht. Denn selbst in Afrika wird EU-Milch zu Dumpingpreisen auf den Markt gedrückt und treibt die lokalen Bauern in den Ruin.
Die EU-Kommission will die Exporterstattungen reduzieren, vor allem beim Handel mit Entwicklungsländern. Bei einigen Agrarprodukten sind sie inzwischen ganz abgeschafft. Doch für die Milch hat die EU-Kommission die Dumpingzuschüsse gerade wieder eingeführt. Vorübergehend, wie es heißt, um den aus den Fugen geratenen Milchmarkt wieder zu stabilisieren. Doch langfristig sei das keine Lösung, ist EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel überzeugt. Die Bauern sollten weder auf Exporterstattung noch auf Mengenbeschränkung setzen.
"Ich möchte eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft, die auf die Wünsche der Verbraucher reagieren kann und zwar nicht nur in Europa, sondern weltweit. Ich denke, wir haben qualitativ hochwertige Produkte, für die wir Käufer auch in den aufstrebenden Regionen in Asien finden können, vor allem in China und Indien. Deshalb will ich nicht, dass unsere Bauern durch Quoten in ihrer Produktion eingeschränkt werden."
Bislang haben vor allem die neuseeländischen Bauern vom Wachstum der asiatischen Märkte profitiert. Die Europäische Union spielt dort praktisch keine Rolle. Denn Milchpulver und Butter, die die EU im Überschuss produziert, werden fast überall in der Welt billiger hergestellt. Chancen auf dem Weltmarkt hätten die Europäer höchstens mit hochwertigen weiterverarbeiteten Produkten, wie speziellen Yoghurts und besonderen Käsesorten. Doch dafür dürften die Europäischen Milchpreise nicht mehr viel weiter steigen, und der Milchsektor müsste lernen, stärker auf die Nachfrage einzugehen.
Seit Jahrzehnten haben viele europäische Bauern ihre Produktion vor allem daran orientiert, wofür es Zuschüsse gibt. Entscheidend war nicht die Nachfrage, sondern die Frage, was gerade am höchsten subventioniert wurde. Doch das Umdenken habe begonnen, glaubt Agrarforscher Jo Swinnen:
"Schauen sie nach Flandern, dem nördlichen Teil Belgiens. Der bei weitem dynamischere Teil der Landwirtschaft erzeugt Produkte, die keine oder nur sehr wenig Subventionen bekommen: Obst, Gemüse, auch Schweinezucht. Das bedeutet, dass vor allem die Bereiche, die bislang hoch subventioniert wurden, Probleme mit dem anstehenden Strukturwandel haben."
Als die Agrarsubventionen vor 50 Jahren eingeführt wurden, ging es darum, die Nahrungsmittelproduktion anzukurbeln. Damals mussten massiv Lebensmittel importiert werden. Die EWG, wie sie damals hieß, garantierte den Bauern deshalb einen sicheren Preis. Mit Erfolg. Bereits 1973 stellten die EWG-Länder genügend eigene Lebensmittel her, um die Bevölkerung zu versorgen. Doch die hohen Garantiepreise blieben, und die Bauern ernteten und molken immer mehr. Weit mehr, als die Bevölkerung konsumieren konnte.
Seither kämpft die EU darum, mit den wachsenden Überschüssen fertig zu werden. Einschneidende Reformen scheiterten lange Zeit an den Regierungen, die sich nicht mit ihren Bauern anlegen wollten. Erst als die Lagerung und Beseitigung der Überschüsse den EU-Haushalt zu sprengen drohte, wurden die Subventionen schrittweise umgeschichtet.
Bei Getreide und Fleisch zum Beispiel erhalten die Bauern keine garantierten Preise mehr. Die EU kauft auch nichts mehr auf, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Dafür bekommen die Landwirte einen jährlichen Scheck aus Brüssel, je nachdem, wie viel Hektar sie bewirtschaften. Seitdem müssen sich die Bauern danach richten, was sie gut verkaufen können.
Nur bei der Milch haben sich die Regierungschefs lange Zeit nicht getraut, den Bauern mehr Markt zuzumuten. Milch gilt als besonders wichtig für kleine Höfe, weil das Milchgeld jeden Monat kommt und nicht erst bei der Ernte, und weil Milchkühe auch in Gegenden gehalten werden, wo sonst nicht viel zu erwirtschaften ist. Deshalb hat die Mengenbeschränkung durch die Quote auch die EU-Agrarreformen von 1993 und 2000 überlebt - immer in der Hoffnung, so den Preis hochzuhalten. Vor sechs Jahren haben die EU-Regierungen die Milchquoten sogar noch einmal verlängert, allerdings mit der Maßgabe, die erlaubten Produktionsmengen schrittweise auszuweiten und die Quote 2015 ganz abzuschaffen.
Seitdem protestieren die Milchbauern. Nicht immer zu ihrem Vorteil, fürchtet der CSU-Europaabgeordnete Albert Dess.
"Bei den momentanen Milchpreisen, 22 Cent, 25 Cent, kann kein Bauer seine Kosten erwirtschaften. (…) Aber was für mich unverständlich ist, dass man voriges Jahr im Juni einen Streik vom Zaun gebrochen hat, als der Milchpreis bei 40 Cent war. Das Buchführungsjahr 2007/2008 war mit Sicherheit ein gutes Jahr für die Milchbauern. Und dieser Streik hat mit Sicherheit den Milchbauern mehr geschadet als genützt. In Deutschland ist die Industrie sehr stark aus der Verarbeitung von Butterfett ausgestiegen. Die Mengen haben wir verloren, und die werden wir nicht mehr zurückbekommen."
So ist auch die Speiseeisindustrie wegen der unsicheren Liefersituation durch die Bauernstreiks auf Pflanzenfette umgestiegen. Heute kauft sie rund 100 000 Tonnen weniger Butter. Die EU-Kommission hat ihrerseits beobachtet, dass in der aktuellen Wirtschaftskrise viele Verbraucher noch mehr aufs Geld schauen und bei der kleinsten Erhöhung der Milchpreise weniger Butter, Käse oder Joghurt kaufen.
In der ganzen Diskussion schwingt viel Ratlosigkeit mit. Manche Politiker fordern, man sollte Bauern in den Vorruhestand schicken, um den Markt zu entlasten. Andere reden von riesigen Exportchancen, die sich irgendwie eröffnen könnten. Die EU-Kommission wiederholt derweil alte Fehler: Sie kauft wieder Milchpulver und Butter auf, legt Lager an, zahlt Exporterstattungen. Nicht so viel wie früher, nur ein bisschen, um die Milchbauernverbände zu beruhigen. 600 Millionen Euro hat sie seit Jahrsanfang zusätzlich in den Milchmarkt gepumpt. Ein Konzept ist dahinter nicht zu erkennen.
Zugleich will EU-Kommissarin Fischer-Boel jetzt den Markt unter die Lupe nehmen. Sie hat den Verdacht, dass sich die großen Lebensmittelhändler absprechen, um den Milchpreis zu drücken.
"Es sind nicht so viele Leute, die darüber entscheiden, was in den Regalen ist, und zwar in ganz Europa. Denn wir haben die sehr starken Supermarktketten und da wollen wir genauer hinsehen. Ich würde nicht sagen, dass es aktuelle Kartellabsprachen gibt. Aber ich wüsste gerne, wie das System funktioniert und wenn es nicht richtig funktioniert, dann werden wir Maßnahmen ergreifen müssen."
Viel wird dabei wohl nicht herauskommen. Vielleicht lassen sich die Lebensmittelketten allein durch die Drohung beeindrucken und heben den Milchpreis etwas an. Doch dann wächst die Gefahr, dass die Verbraucher weniger Milchprodukte kaufen - und damit ist den Bauern auch nicht gedient.
Weite Teile der Bevölkerung bringen zwar immer noch viel Verständnis für die Nöte der Milchbauern auf. Doch die Zweifel, ob die Gesellschaft dafür soviel Geld aufwenden muss, wachsen. Der britische Europa-Abgeordnete Syed Kamall vertritt einen Wahlkreis in London, in dem viele Arbeiter und wirtschaftlich Benachteiligte leben. Er könne seinen Wählern nicht erklären, warum die EU ihre Lebensmittel künstlich verteuere, kritisiert Kamall.
"Was machen wir da eigentlich? Erst nehmen wir das Geld der Steuerzahler, um es den Bauern zu geben. Und dann sollen die Leute auch noch mehr für ihre Milch zahlen. Das ist sicher nicht die effizienteste Art mit dem Geld der Steuerzahler umzugehen."
Fehlt nur noch der freundliche Bauer, der die Kühe zum Melken nach Hause holt. Aber der Bauer ist heute nicht da, er ist nach Brüssel gefahren. Und freundlich ist er heute auch nicht.
Die Bauern fordern einen höheren Milchpreis, und sie finden, dass die Europäische Kommission in Brüssel dafür zuständig sei. Schließlich wird der Preis für die Milch wie für viele andere landwirtschaftliche Produkte seit gut 50 Jahren von Brüssel aus gesteuert. Doch die EU möchte die Planwirtschaft beenden. Seit 2004 wird der Milchpreis schrittweise dem Markt ausgesetzt, im Gegenzug bekommen die Bauern jedes Jahr einen festen Betrag aus Brüssel, sogenannte Direktbeihilfen, die sich an der Größe des Hofes orientieren.
Doch jetzt ist der Preis so niedrig wie noch nie. Gerade einmal 20 bis 25 Cent erhalten die Milchbauern noch für jeden Liter. Davon könne man nicht leben, sagt Josef Pfeffer aus Cham im bayerischen Wald. 40 Milchkühe hat er zuhause im Stall. Bis vor zwei Jahren sei alles gut gegangen, sagt er, aber jetzt ginge gar nichts mehr:
"Beschissen. Einfach beschissen. Das Geld reicht hinten und vorne nicht. Auf einer Seite reicht das Geld nicht, auf der anderen Seite werden wir im Internet an den Pranger gestellt, weil wir ja Subventionsempfänger sind. Mein Betrieb kriegt ungefähr 10.000 Euro vom Staat. Und nur durch den Milchpreisverlust vom letzten Jahr und heuer gehen ungefähr 30.000 kaputt."
Die Milchbauern sind verunsichert - verunsichert und frustriert. Dass die Höhe der EU-Subventionen seit ein paar Monaten für jeden Hof bis auf den letzten Cent im Internet nachzulesen ist, das hat die Stimmung endgültig verhagelt. In den Dörfern weiß inzwischen jeder, wie viel 1000 Euro der Bauer von nebenan von der EU bekommt. Die Bauern fühlen sich von den Nachbarn beobachtet und kontrolliert, und nicht wenige sehen inzwischen überall eine große Verschwörung – an der auch die Medien mitwirken würden.
"Das ist doch letztendlich gesteuert, was ihr dann sendet, oder?"
Irgendetwas muss gründlich schief gelaufen sein mit der europäischen Agrarpolitik. Seit 50 Jahren wendet die EU immer mehr Geld für die Landwirtschaft auf – 55 Milliarden Euro sind es in diesem Jahr - doch das Ergebnis sind zornige und verzweifelte Bauern, von denen viele das Handtuch werfen. Zum Ende dieses Jahres werden wieder rund 12.000 Höfe aufgegeben haben, so wie jedes Jahr.
Noch vor 70 Jahren versorgte ein Bauer rund 10 Menschen mit Nahrungsmitteln. Heute produziert er im Schnitt Lebensmittel für 140 Menschen. Da ist es kein Wunder, dass die Preise für Agrarprodukte über die Jahre gesunken sind. Kein Wunder, dass jedes Jahr Bauern ihren Hof aufgeben. Der Agrarforscher Jo Swinnen von der Universität Löwen hat beobachtet, dass dieser Strukturwandel stattfinde, gleichgültig, welche Politik in Brüssel gerade betrieben werde.
"Der Einfluss der Agrarpolitik auf die Beschäftigung in der Landwirtschaft ist sehr niedrig. Wir hatten in den letzten 40 Jahren einen nahezu konstanten Abgang aus der Landwirtschaft von drei Prozent. (…) Natürlich kommt es auch vor, dass junge Bauern aufgeben. Aber die Regel ist, dass ein Bauer in Rente geht und keinen Hofnachfolger hat. Die EU-Politik hat darauf so gut wie keinen Einfluss. Die Zahl der stillgelegten Höfe liegt seit Jahrzehnten unverändert bei drei Prozent."
Wenn Höfe stillgelegt werden, dann bedeutet dies allerdings nicht, dass auch die Produktion aufhört. Andere Bauern übernehmen die Felder, selbst die Milchquote der Höfe wird weiterverkauft. Die Warnung der deutschen Agrarministerin Ilse Aigner, das Bauernsterben gefährde die Nahrungsmittelsicherheit, ist Unsinn. Richtig ist: Es gibt immer weniger Bauern, aber die stellen immer mehr her.
Der Produktivitätszuwachs macht auch vor Tieren nicht halt. 1960 gab eine Kuh im Durchschnitt 3200 Liter Milch pro Jahr. Heute liegt der Schnitt bei 9000 Litern. Spitzenkühe bringen es sogar auf 15.000 Liter. Zuchterfolge und Kraftfutter machen es möglich. Ein Kilo Kraftfutter gibt knapp zwei Liter Milch, so die Faustformel.
Ein Ende ist nicht in Sicht. Bislang melken die Bauern meist früh am Morgen, wenn die Tiere nicht ganz wach sind. Neuartige Melkroboter erlauben den Kühen, ihre Melkzeiten selbst zu bestimmen. Die Kühe trotten in den Melkroboter, wann und wie oft sie Lust haben. Damit ließen sich problemlos noch einmal 20 Prozent mehr Milch aus der Kuh heraus holen, versprechen Melkmaschinenhersteller.
Doch wer soll all die Milch trinken? Anfang der 80er-Jahre, als die Europäische Union in Milchseen versank, zogen die Agrarminister schon einmal die Notbremse. Damals garantierte die Europäische Union den Bauern noch einen festen Milchpreis. Mit dem Ergebnis, dass die Landwirte immer mehr lieferten und die EU Milliarden ausgab, um die Überschüsse aufzukaufen, einzulagern und irgendwann zu vernichten.
In ihrer Verzweiflung führten die Agrarminister 1984 die Milchquoten ein. Seitdem darf jeder Bauer nur noch eine bestimmte Menge Milch abliefern, und seitdem wird in der Europäischen Union praktisch jedes Jahr dieselbe Menge Milch gemolken. Der Produktivitätsfortschritt habe trotzdem angehalten, bestätigt der Bauer Albert Dess:
"Ich habe mal 49 Milchkühe auf meinem Betrieb gehabt, und dann hab’ ich später mit 33 Kühen die gleiche Menge erzeugt. Ich hab’ weniger Arbeit gehabt."
Dess sitzt seit fünf Jahren als Europaabgeordneter der CSU in Brüssel. Seinen Bauernhof unterhält er immer noch, aber die Milchkühe hat er abgeschafft. 13.000 Euro bekomme er an Agrarsubventionen von der Europäischen Union, das sagt er gleich zu Beginn des Gesprächs, so wie die meisten Bauern inzwischen - seit man die Beträge im Internet nachschlagen kann.
Dess war früher ein energischer Verfechter der Milchquote. Die strikte Mengenbeschränkung sollte die Milchpreise hochhalten und vor allem die kleinbäuerlichen Betriebe schützen. Doch die Quote hat weder das eine noch das andere Ziel erreicht. Seit Einführung der Quotenregelung am 1. April 1984 haben sich 80 Prozent der Milchbauern aus der Milchwirtschaft verabschiedet. Und jetzt sind auch noch die Preise abgestürzt.
Deshalb ist der Europaabgeordnete Albert Dess heute zwar kein vehementer Gegner der Quote. Das wäre problematisch, wo doch sein Parteivorsitzender, der CSU-Chef Horst Seehofer, so lautstark für die Milchquote eintritt. Aber der CSU-Agrarexperte Dess hält es für unvermeidlich, dass die Quotenregelung bis 2015 ausläuft. Die europäischen Agrarminister hätten dies so beschlossen, und es werde sich keine Mehrheit mehr finden, glaubt der CSU-Mann Dess, um die Quotenregelung noch einmal mal zu verlängern. Denn in Wirklichkeit wolle nur ein Teil der Bauern die Milchquote erhalten, auch wenn es anders aussähe:
"Es gibt zwei Gruppen, die massiv für die Quote eintreten. Die eine Gruppe sind diejenigen Landwirte, die in den letzten Jahren Quote gekauft haben. Aber sie haben sie in dem Wissen gekauft, dass das Quotensystem nicht unendlich weiterläuft. Und eine zweite Gruppe sind die Landwirte, die in den nächsten fünf oder zehn Jahre aufhören wollen. Weil, wenn es weiter ein Quotensystem gibt, kann man die Quote verkaufen."
Die Milchquote ist längst Teil des Problems und ganz sicher nicht die Lösung. Vor zwei Jahren, als der Milchpreis noch hoch war, haben sich vor allem junge Bauern entschlossen, den Stall zu erweitern. Wer damals 20 Kühe dazustellte, der musste allein bis zu 200 000 Euro hinlegen, um anderen Bauern die nötige Quote abzukaufen. Diese Investitionen drücken umso schwerer, seit der Milchpreis so niedrig ist.
Noch deutlicher wird das Problem bei den vielen Bauern, die eine Quote gepachtet haben. 10, 12 Cent Pacht pro Liter sind keine Seltenheit. Für jene Landwirte, die aufgehört und ihre Quote verpachtet haben, ist das ein schönes Zubrot zur Altersversorgung. Da kommen leicht ein paar 1000 Euro im Jahr zusammen. "Sofamelker" heißen die Verpachter in der Branche. Doch für die Pächter der Quote wird es eng.
In Großbritannien, in den Niederlanden, in Dänemark und Schweden fordert die Mehrheit der Landwirte längst das Ende der Quote, und auch in Deutschland gibt es viele Milchbauern, die dem lautstarken Verband der Milchbauern leise widersprechen. Zum Beispiel Britta Reimers:
"Weil ich selber als praktizierende Landwirtin gesehen habe, wie die Quote uns als Unternehmer einengt und in einen Plan reinzwängt, den wir nicht selber bestimmen können. Wir brauchen ein bisschen Freiheit, um unsere Betriebe selber entwickeln zu können und uns eigenverantwortlich aufstellen zu können."
Britta Reimers wurde im Juni für die FDP ins Europaparlament gewählt. 100 Milchkühe hat sie zuhause in Schleswig-Holstein im Stall stehen, der Hof gehört damit zu den größeren. Doch die Liberale wehrt sich gegen den Vorwurf, dass sie nur die großen Bauernhöfe im Blick habe. Die Abschaffung der Quote nütze auch kleineren Betrieben.
Seit Einführung der Milchquote 1984 ist der Anteil der Europäischen Milcherzeugnisse am Weltmarkt kontinuierlich geschrumpft. "Zu teuer", hat der Europäische Rechnungshof gerade erst in einem Sonderbericht vorgerechnet, die meisten europäischen Milchprodukte könnten nur mit enormen Ausfuhrzuschüssen abgesetzt werden. Exporterstattungen heißen diese Zuschüsse im EU-Jargon, und sie haben die Europäische Union weltweit in Verruf gebracht. Denn selbst in Afrika wird EU-Milch zu Dumpingpreisen auf den Markt gedrückt und treibt die lokalen Bauern in den Ruin.
Die EU-Kommission will die Exporterstattungen reduzieren, vor allem beim Handel mit Entwicklungsländern. Bei einigen Agrarprodukten sind sie inzwischen ganz abgeschafft. Doch für die Milch hat die EU-Kommission die Dumpingzuschüsse gerade wieder eingeführt. Vorübergehend, wie es heißt, um den aus den Fugen geratenen Milchmarkt wieder zu stabilisieren. Doch langfristig sei das keine Lösung, ist EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel überzeugt. Die Bauern sollten weder auf Exporterstattung noch auf Mengenbeschränkung setzen.
"Ich möchte eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft, die auf die Wünsche der Verbraucher reagieren kann und zwar nicht nur in Europa, sondern weltweit. Ich denke, wir haben qualitativ hochwertige Produkte, für die wir Käufer auch in den aufstrebenden Regionen in Asien finden können, vor allem in China und Indien. Deshalb will ich nicht, dass unsere Bauern durch Quoten in ihrer Produktion eingeschränkt werden."
Bislang haben vor allem die neuseeländischen Bauern vom Wachstum der asiatischen Märkte profitiert. Die Europäische Union spielt dort praktisch keine Rolle. Denn Milchpulver und Butter, die die EU im Überschuss produziert, werden fast überall in der Welt billiger hergestellt. Chancen auf dem Weltmarkt hätten die Europäer höchstens mit hochwertigen weiterverarbeiteten Produkten, wie speziellen Yoghurts und besonderen Käsesorten. Doch dafür dürften die Europäischen Milchpreise nicht mehr viel weiter steigen, und der Milchsektor müsste lernen, stärker auf die Nachfrage einzugehen.
Seit Jahrzehnten haben viele europäische Bauern ihre Produktion vor allem daran orientiert, wofür es Zuschüsse gibt. Entscheidend war nicht die Nachfrage, sondern die Frage, was gerade am höchsten subventioniert wurde. Doch das Umdenken habe begonnen, glaubt Agrarforscher Jo Swinnen:
"Schauen sie nach Flandern, dem nördlichen Teil Belgiens. Der bei weitem dynamischere Teil der Landwirtschaft erzeugt Produkte, die keine oder nur sehr wenig Subventionen bekommen: Obst, Gemüse, auch Schweinezucht. Das bedeutet, dass vor allem die Bereiche, die bislang hoch subventioniert wurden, Probleme mit dem anstehenden Strukturwandel haben."
Als die Agrarsubventionen vor 50 Jahren eingeführt wurden, ging es darum, die Nahrungsmittelproduktion anzukurbeln. Damals mussten massiv Lebensmittel importiert werden. Die EWG, wie sie damals hieß, garantierte den Bauern deshalb einen sicheren Preis. Mit Erfolg. Bereits 1973 stellten die EWG-Länder genügend eigene Lebensmittel her, um die Bevölkerung zu versorgen. Doch die hohen Garantiepreise blieben, und die Bauern ernteten und molken immer mehr. Weit mehr, als die Bevölkerung konsumieren konnte.
Seither kämpft die EU darum, mit den wachsenden Überschüssen fertig zu werden. Einschneidende Reformen scheiterten lange Zeit an den Regierungen, die sich nicht mit ihren Bauern anlegen wollten. Erst als die Lagerung und Beseitigung der Überschüsse den EU-Haushalt zu sprengen drohte, wurden die Subventionen schrittweise umgeschichtet.
Bei Getreide und Fleisch zum Beispiel erhalten die Bauern keine garantierten Preise mehr. Die EU kauft auch nichts mehr auf, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Dafür bekommen die Landwirte einen jährlichen Scheck aus Brüssel, je nachdem, wie viel Hektar sie bewirtschaften. Seitdem müssen sich die Bauern danach richten, was sie gut verkaufen können.
Nur bei der Milch haben sich die Regierungschefs lange Zeit nicht getraut, den Bauern mehr Markt zuzumuten. Milch gilt als besonders wichtig für kleine Höfe, weil das Milchgeld jeden Monat kommt und nicht erst bei der Ernte, und weil Milchkühe auch in Gegenden gehalten werden, wo sonst nicht viel zu erwirtschaften ist. Deshalb hat die Mengenbeschränkung durch die Quote auch die EU-Agrarreformen von 1993 und 2000 überlebt - immer in der Hoffnung, so den Preis hochzuhalten. Vor sechs Jahren haben die EU-Regierungen die Milchquoten sogar noch einmal verlängert, allerdings mit der Maßgabe, die erlaubten Produktionsmengen schrittweise auszuweiten und die Quote 2015 ganz abzuschaffen.
Seitdem protestieren die Milchbauern. Nicht immer zu ihrem Vorteil, fürchtet der CSU-Europaabgeordnete Albert Dess.
"Bei den momentanen Milchpreisen, 22 Cent, 25 Cent, kann kein Bauer seine Kosten erwirtschaften. (…) Aber was für mich unverständlich ist, dass man voriges Jahr im Juni einen Streik vom Zaun gebrochen hat, als der Milchpreis bei 40 Cent war. Das Buchführungsjahr 2007/2008 war mit Sicherheit ein gutes Jahr für die Milchbauern. Und dieser Streik hat mit Sicherheit den Milchbauern mehr geschadet als genützt. In Deutschland ist die Industrie sehr stark aus der Verarbeitung von Butterfett ausgestiegen. Die Mengen haben wir verloren, und die werden wir nicht mehr zurückbekommen."
So ist auch die Speiseeisindustrie wegen der unsicheren Liefersituation durch die Bauernstreiks auf Pflanzenfette umgestiegen. Heute kauft sie rund 100 000 Tonnen weniger Butter. Die EU-Kommission hat ihrerseits beobachtet, dass in der aktuellen Wirtschaftskrise viele Verbraucher noch mehr aufs Geld schauen und bei der kleinsten Erhöhung der Milchpreise weniger Butter, Käse oder Joghurt kaufen.
In der ganzen Diskussion schwingt viel Ratlosigkeit mit. Manche Politiker fordern, man sollte Bauern in den Vorruhestand schicken, um den Markt zu entlasten. Andere reden von riesigen Exportchancen, die sich irgendwie eröffnen könnten. Die EU-Kommission wiederholt derweil alte Fehler: Sie kauft wieder Milchpulver und Butter auf, legt Lager an, zahlt Exporterstattungen. Nicht so viel wie früher, nur ein bisschen, um die Milchbauernverbände zu beruhigen. 600 Millionen Euro hat sie seit Jahrsanfang zusätzlich in den Milchmarkt gepumpt. Ein Konzept ist dahinter nicht zu erkennen.
Zugleich will EU-Kommissarin Fischer-Boel jetzt den Markt unter die Lupe nehmen. Sie hat den Verdacht, dass sich die großen Lebensmittelhändler absprechen, um den Milchpreis zu drücken.
"Es sind nicht so viele Leute, die darüber entscheiden, was in den Regalen ist, und zwar in ganz Europa. Denn wir haben die sehr starken Supermarktketten und da wollen wir genauer hinsehen. Ich würde nicht sagen, dass es aktuelle Kartellabsprachen gibt. Aber ich wüsste gerne, wie das System funktioniert und wenn es nicht richtig funktioniert, dann werden wir Maßnahmen ergreifen müssen."
Viel wird dabei wohl nicht herauskommen. Vielleicht lassen sich die Lebensmittelketten allein durch die Drohung beeindrucken und heben den Milchpreis etwas an. Doch dann wächst die Gefahr, dass die Verbraucher weniger Milchprodukte kaufen - und damit ist den Bauern auch nicht gedient.
Weite Teile der Bevölkerung bringen zwar immer noch viel Verständnis für die Nöte der Milchbauern auf. Doch die Zweifel, ob die Gesellschaft dafür soviel Geld aufwenden muss, wachsen. Der britische Europa-Abgeordnete Syed Kamall vertritt einen Wahlkreis in London, in dem viele Arbeiter und wirtschaftlich Benachteiligte leben. Er könne seinen Wählern nicht erklären, warum die EU ihre Lebensmittel künstlich verteuere, kritisiert Kamall.
"Was machen wir da eigentlich? Erst nehmen wir das Geld der Steuerzahler, um es den Bauern zu geben. Und dann sollen die Leute auch noch mehr für ihre Milch zahlen. Das ist sicher nicht die effizienteste Art mit dem Geld der Steuerzahler umzugehen."