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"Das Floß der Medusa" von Hans Werner Henze
Schiffbruch im Atlantik

Vor 50 Jahren ist die Uraufführung von Henzes Oratorium in den Wirren der 68er-Revolte gescheitert. Der Theaterskandal überschattet bis heute die künstlerische Qualität des Stücks. Die Oper in Amsterdam mit Ingo Metzmacher am Pult und Regisseur Romeo Castellucci haben es gerettet.

Von Christoph Schmitz |
    "Das Floß der Medusa" von Théodore Géricault (1819)
    "Das Floß der Medusa" von Théodore Géricault (1819) (imago stock&people)
    Dirigent Ingo Metzmacher zeigt den ganzen Farbreichtum und die erzählerische Kraft von Henzes Komposition. Ein großartiger Chor und starke Sänger wie der dänische Bariton Bo Skovhus in der Rolle des Mulatten Jean-Charles und die niederländische Sopranistin Lenneke Ruiten als Der Tod führen die historische Tragödie vom Schicksal der Schiffbrüchigen vor der Küste Senegals im Jahr 1816 packend vor Augen. Regisseur Romeo Castellucci bebildert das Oratorium mit einem Film über einen Schwarzafrikaner, der sich vom Senegal aus aufs Meer wagt, kentert und dort Stunde um Stunde schwimmend sein Leben zu retten versucht. Aber Castellucci will nicht nur an die Flüchtlingskatastrophe auf dem Mittelmeer erinnern. Er inszeniert eine Allegorie über Verrat, Treulosigkeit, Egoismus und soziale Ungerechtigkeit samt eindrucksvollem Memento mori.