Es klingt nach Science Fiction: Man nehme ein bisschen Blut von der Mutter, ein bisschen Speichel vom Vater, und schon bekommt man das gesamte Erbgut des ungeborenen Kindes. Eine Gruppe von Genetikern und Bioinformatikern hat genau das geschafft. Ihr Ziel: Irgendwann einmal das gesamte Erbgut des Fötus nach monogenen Erkrankungen durchforsten zu können.
"Das sind Krankheiten, die auf einzelne Gendefekte zurückgehen. Jede einzelne dieser Krankheit ist sehr selten, aber weil es insgesamt Tausende solcher Krankheiten gibt, sind insgesamt auch ziemlich viele Neugeborenen davon betroffen – einer von 100","
sagt der Genetiker Jay Shendure von der Universität von Washington in Seattle. Im Moment sind um die 3000 monogene Krankheiten bekannt. Mukoviszidose gehört dazu, Chorea Huntington, verschiedene geistige Behinderungen und auch die Sichelzellanämie. Shendure:
""Ein Prozent, das ist ziemlich viel. Und viele dieser Krankheiten verlaufen sehr schwer. Viele sind unheilbar."
Wenn Eltern wissen wollen, ob ihr Kind eine monogene Erkrankung hat, dann müssen sie im Moment noch eine Fruchtwasseranalyse machen. Der Arzt punktiert die Fruchtblase, um an Zellen des Fötus heranzukommen. So ein Eingriff ist immer ein Risiko für das Kind. Und normalerweise wird das Erbgut dann auch nur auf eine bestimmte genetische Variante untersucht - auf eine bestimmte monogene Krankheit, die in der Familie schonmal aufgetaucht ist und die die Eltern möglicherweise an das Kind vererbt haben könnten. Doch nicht alle Gendefekte werden vererbt. Viele entstehen ganz neu im Kind, durch eine neue Mutation. Jedes Kind hat um die 50 Neumutationen in seinem Erbgut, und manchmal ist eben eine dabei, die eine schwere Krankheit auslöst. Im Moment gibt es aber noch keinen Pränataltest, der diese neuen Varianten erfassen kann. Genau das könnte sich bald ändern, durch die Arbeit von Jay Shendure und seinen Kollegen.
"Wir haben gezeigt, dass wir auch ohne eine riskante Fruchtwasseranalyse an das gesamte Erbgut des Fötus herankommen. Zweitens: wir könnten das Erbgut wahrscheinlich auf sehr viele monogene Erbkrankheiten gleichzeitig untersuchen. Und wir können sogar neue Mutationen aufspüren – das muss zwar noch besser werden, aber wir haben gezeigt, dass es theoretisch funktioniert."
Alles, was die Forscher hatten, war ein bisschen Blut von einer werdenden Mutter und ein bisschen Speichel vom Vater. Die Wissenschaftler haben das Paar nie kennengelernt, alle Proben stammen aus einer Biobank. Zuerst haben sie das komplette Erbgut der Eltern sequenziert. Das geht heute, dank moderner Sequenziermethoden, relativ schnell. Im mütterlichen Blut schwimmt aber auch immer ein bisschen DNA vom Kind. Die haben sie ebenfalls sequenziert. Danach haben sie die Daten in einem sehr aufwändigen Verfahren miteinander abgeglichen.
"Wir konnten so rekonstruieren, welche genetischen Varianten der Fötus von seinen Eltern geerbt hat. Und welche Varianten beim Kind neu aufgetaucht sind, durch neue Mutationen."
Zur Kontrolle haben sie das Erbgut des Kindes noch einmal direkt sequenziert. Aus Nabelschnurblut, das ebenfalls in der Biobank hinterlegt war. Das Kind hatte insgesamt 44 neue Mutationen in seinem Erbgut. Und immerhin 39 davon haben die Forscher schon vorher richtig bestimmt.
"Das müsste natürlich noch viel besser werden, bevor man den Test wirklich einsetzen kann."
Der Ansatz funktioniert. Es ist also möglich, das Erbgut eines Fötus indirekt zu rekonstruieren und alle genetischen Varianten darin aufzuspüren. Damit ist es auch möglich, das Erbgut nach allen Varianten abzusuchen, die eine Krankheit auslösen. Es wird aber noch Jahre dauern, bis so ein Test auf dem Markt ist, sagt Jay Shendure. Im Moment kostet das ganze um die 50.000 Dollar, das ist viel zu teuer. Und außerdem müssten die Forscher beweisen, dass der Test absolut zuverlässig ist. Und selbst dann wird es schwer sein, all die genetischen Informationen richtig zu interpretieren. Dazu kommen viele ethische Fragen. Was würde so ein Test für die Eltern bedeuten? Wie gehen sie damit um, wenn sie erfahren, dass ihr Kind unheilbar krank ist – oder dass es vielleicht erst später im Leben sehr krank werden wird?
"Heute wollen viele Frauen ihr Kind schließlich auch behalten, wenn es Down Syndrom hat oder krank ist, und es nicht abtreiben. Vielleicht könnte so ein Test den Eltern dabei helfen, sich besser auf ihr besonderes Kind vorzubereiten. Und die Ärzte könnten sich besser auf die Geburt einstellen – und darauf, das Kind so gut wie möglich zu versorgen. Einige Krankheiten sind ja durchaus behandelbar. Das wichtigste wird sein, die Ergebnisse richtig zu interpretieren, die Eltern sehr genau zu beraten und ihnen zu helfen. Wer in welcher Situation so einen Test machen sollte, ob jeder so einen Test machen sollte – das sind sehr komplexe Fragen."
Fragen, auf die der Genetiker selbst auch noch keine klare Antwort hat.
"Das sind Krankheiten, die auf einzelne Gendefekte zurückgehen. Jede einzelne dieser Krankheit ist sehr selten, aber weil es insgesamt Tausende solcher Krankheiten gibt, sind insgesamt auch ziemlich viele Neugeborenen davon betroffen – einer von 100","
sagt der Genetiker Jay Shendure von der Universität von Washington in Seattle. Im Moment sind um die 3000 monogene Krankheiten bekannt. Mukoviszidose gehört dazu, Chorea Huntington, verschiedene geistige Behinderungen und auch die Sichelzellanämie. Shendure:
""Ein Prozent, das ist ziemlich viel. Und viele dieser Krankheiten verlaufen sehr schwer. Viele sind unheilbar."
Wenn Eltern wissen wollen, ob ihr Kind eine monogene Erkrankung hat, dann müssen sie im Moment noch eine Fruchtwasseranalyse machen. Der Arzt punktiert die Fruchtblase, um an Zellen des Fötus heranzukommen. So ein Eingriff ist immer ein Risiko für das Kind. Und normalerweise wird das Erbgut dann auch nur auf eine bestimmte genetische Variante untersucht - auf eine bestimmte monogene Krankheit, die in der Familie schonmal aufgetaucht ist und die die Eltern möglicherweise an das Kind vererbt haben könnten. Doch nicht alle Gendefekte werden vererbt. Viele entstehen ganz neu im Kind, durch eine neue Mutation. Jedes Kind hat um die 50 Neumutationen in seinem Erbgut, und manchmal ist eben eine dabei, die eine schwere Krankheit auslöst. Im Moment gibt es aber noch keinen Pränataltest, der diese neuen Varianten erfassen kann. Genau das könnte sich bald ändern, durch die Arbeit von Jay Shendure und seinen Kollegen.
"Wir haben gezeigt, dass wir auch ohne eine riskante Fruchtwasseranalyse an das gesamte Erbgut des Fötus herankommen. Zweitens: wir könnten das Erbgut wahrscheinlich auf sehr viele monogene Erbkrankheiten gleichzeitig untersuchen. Und wir können sogar neue Mutationen aufspüren – das muss zwar noch besser werden, aber wir haben gezeigt, dass es theoretisch funktioniert."
Alles, was die Forscher hatten, war ein bisschen Blut von einer werdenden Mutter und ein bisschen Speichel vom Vater. Die Wissenschaftler haben das Paar nie kennengelernt, alle Proben stammen aus einer Biobank. Zuerst haben sie das komplette Erbgut der Eltern sequenziert. Das geht heute, dank moderner Sequenziermethoden, relativ schnell. Im mütterlichen Blut schwimmt aber auch immer ein bisschen DNA vom Kind. Die haben sie ebenfalls sequenziert. Danach haben sie die Daten in einem sehr aufwändigen Verfahren miteinander abgeglichen.
"Wir konnten so rekonstruieren, welche genetischen Varianten der Fötus von seinen Eltern geerbt hat. Und welche Varianten beim Kind neu aufgetaucht sind, durch neue Mutationen."
Zur Kontrolle haben sie das Erbgut des Kindes noch einmal direkt sequenziert. Aus Nabelschnurblut, das ebenfalls in der Biobank hinterlegt war. Das Kind hatte insgesamt 44 neue Mutationen in seinem Erbgut. Und immerhin 39 davon haben die Forscher schon vorher richtig bestimmt.
"Das müsste natürlich noch viel besser werden, bevor man den Test wirklich einsetzen kann."
Der Ansatz funktioniert. Es ist also möglich, das Erbgut eines Fötus indirekt zu rekonstruieren und alle genetischen Varianten darin aufzuspüren. Damit ist es auch möglich, das Erbgut nach allen Varianten abzusuchen, die eine Krankheit auslösen. Es wird aber noch Jahre dauern, bis so ein Test auf dem Markt ist, sagt Jay Shendure. Im Moment kostet das ganze um die 50.000 Dollar, das ist viel zu teuer. Und außerdem müssten die Forscher beweisen, dass der Test absolut zuverlässig ist. Und selbst dann wird es schwer sein, all die genetischen Informationen richtig zu interpretieren. Dazu kommen viele ethische Fragen. Was würde so ein Test für die Eltern bedeuten? Wie gehen sie damit um, wenn sie erfahren, dass ihr Kind unheilbar krank ist – oder dass es vielleicht erst später im Leben sehr krank werden wird?
"Heute wollen viele Frauen ihr Kind schließlich auch behalten, wenn es Down Syndrom hat oder krank ist, und es nicht abtreiben. Vielleicht könnte so ein Test den Eltern dabei helfen, sich besser auf ihr besonderes Kind vorzubereiten. Und die Ärzte könnten sich besser auf die Geburt einstellen – und darauf, das Kind so gut wie möglich zu versorgen. Einige Krankheiten sind ja durchaus behandelbar. Das wichtigste wird sein, die Ergebnisse richtig zu interpretieren, die Eltern sehr genau zu beraten und ihnen zu helfen. Wer in welcher Situation so einen Test machen sollte, ob jeder so einen Test machen sollte – das sind sehr komplexe Fragen."
Fragen, auf die der Genetiker selbst auch noch keine klare Antwort hat.