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Das graphische Gesamtwerk
Alexander von Humboldt als Künstler

Es gibt Bücher, die aufzuschlagen man gar nicht erwarten kann. Und so ein Buch ist "Alexander von Humboldt - Das grafische Gesamtwerk": ein opulenter, kostbarer Bildband, der seine Leser mit auf eine Reise durch Raum und Zeit entführt. Denn die Welt, die Alexander von Humboldt in seinen ebenso präzisen wie kunstvollen Zeichnungen zeigt, existiert längst nicht mehr.

Rezension von Dagmar Röhrlich |
    Ob nun zu Cooks oder zu Darwins Zeiten eine Forschungsexpedition aufbrach, ein Job war ungeheuer wichtig: der des Reisezeichners. Wie sollten sonst Impressionen exotischer Länder oder fremder Sitten und Gebräuche vermittelt werden oder gar die wissenschaftlichen Entdeckungen? Das war bei den Reisen Alexander von Humboldts (1769–1859) nicht anders. Nur, dass er auf seiner Forschungsfahrt nach Amerika, die ihn berühmt machen sollte, sein eigener Zeichner war. Der von Oliver Lubrich nun herausgegebene Band umfasst mehr als 1500 Zeichnungen und damit alles, was Humboldt in Büchern, Aufsätzen oder Essays über diese Reise veröffentlicht hat. Die Bilder, sie haben nichts von ihrer Faszination verloren. Und sie lassen ahnen, welche Wirkung sie auf die Betrachter damals gehabt haben müssen: Fernes zu sehen war damals etwas sehr Exklusives, die belanglose Flut der Selfies "vor was auch immer" war noch nicht einmal zu ahnen.
    Coverfoto des Buches von Alexander von Humboldt: Das graphische Gesamtwerk
    Alexander von Humboldt: Das graphische Gesamtwerk (Verlag Lambert Schneider)
    In seiner Einführung schreibt Oliver Lubrich, dass Universaltalent Alexander von Humboldt ein Pionier der ästhetischen Inszenierung wissenschaftlicher Erkenntnisse war. Aber dem Naturforscher ging es nicht nur um die "Vermessung der Welt". Er wollte fremde Länder und Kulturen zeigen, greifbar machen, und so prägten seine Zeichnungen das Bild, das sich die Europäer seiner Zeit von Amerika machten.
    Humboldts Œuvre war dabei so vielfältig wie seine Forschungsinteressen: Auf achthundert Seiten zeigt der Bildband eine Fülle von Gebirgen und Landschaften, von Ruinen und Menschen, von Pflanzen und Tieren, anatomischen Details und aztekischen Hieroglyphen mit ihren manchmal grausigen Details. "Alexander von Humboldt - Das graphische Gesamtwerk" ist ein wunderbarer Bildband - ein Fest für die Augen. Er verdient einen Ehrenplatz im Bücherschrank.
    Oliver Lubrich (Hrsg.): Alexander von Humboldt. Das graphische Gesamtwerk
    ISBN-13: 978-3-65-040015-4
    Lambert Schneider Verlag, 800 Seiten, bis 31.01.15: 99.95 Euro, danach 129 Euro.