Als herausragende Beispiele nannte der Bundespräsident Merkels Politik während der Corona-Pandemie, in der Finanzmarktkrise und beim Atomausstieg. Sie habe sich ihren Weg "ohne Vorbilder und ohne Seilschaften durchs parteipolitische Unterholz" gebahnt. Gelungen sei ihr dies mit dem Beharren auf Fakten, der Kunst des Verhandelns, der Fähigkeit zum Kompromiss und der Unbeirrbarkeit, mit der sie ganz grundsätzliche Prinzipien des deutschen Staates hochgehalten habe. Hinzu gekommen sei ihre Fähigkeit, auch Fehler anzuerkennen und zu korrigieren, lobte Steinmeier, der einst Außenminister unter Merkel gewesen ist.
Merkel beschränkte sich in ihrer Rede auf eine Danksagung an Weggefährten. Neben ihrer Familie standen unter anderem Bundeskanzler Scholz, EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und die früheren Kanzleramtschefs de Maizière, Pofalla, Altmaier und Braun auf der Gästeliste.
Kritik an Verleihung
Kritik an der Auszeichnung kam vom Linken-Politiker Gysi. Anders als Adenauer, Brandt und Kohl habe Merkel ein wirkliches politisches Ziel gefehlt, sagte er dem Sender MDR. Auch der Politikwissenschaftler Thomas Jäger von der Universität Köln meinte, vergleichbare Verdienste wie die Westintegration unter Adenauer oder die Wiedervereinigung unter Kohl seien bei Merkel nicht zu sehen. Sein Kollege Klaus Schroeder von der Freien Universität Berlin sagte dem Portal "t-online", die Verleihung "grenze an Peinlichkeit". Es stelle sich die Frage, was außer ihrer langen Kanzlerschaft von 16 langen Jahren für die CDU-Politikerin spreche. Der SPD-Vorsitzende Klingbeil betonte hingegen, die Auszeichnung sei gerechtfertigt. Die Union scheine derzeit vieles aus Merkels Regierungszeit zu bereuen, in seinen Augen habe Merkel aber gerade in Krisenzeiten viel richtig gemacht.
Merkel war von 2005 bis 2021 Bundeskanzlerin. Das "Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland in besonderer Ausführung" erhielten vor der CDU-Politikerin nur die ehemaligen Bundeskanzler Adenauer und Kohl.
Diese Nachricht wurde am 18.04.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.