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Das Großprojekt "Otherland"

Als die "größte Hörspiel-Produktion der Radiogeschichte" bezeichnet der Hessische Rundfunk die über 24stündige Serie nach der Fantasy-Saga "Otherland" von Tad Williams. Am 19. Januar haben die Aufnahmen begonnen, zu denen über 250 Schauspieler ins Studio geladen waren. Die Besetzungsliste liest sich wie ein Who’s Who: Sylvester Groth, Sophie Rois, Ernst Jacobi, Matthias Habich, Nina Hoss... Den Regissuer Walter Adler, der derzeit in Frankfurt an Schnitt und Mischung arbeitet, habe ich zu diesem Großprojekt befragt.

Von Frank Olbert |
    Frank Olbert: Herr Adler, worum geht es in "Otherland"?

    Walter Adler: Die Geschichte verbindet mehrere bekannte Topoi der Science-fiction- und der fantastischen Literatur. Das geht von dem Wunsch, unsterblich zu werden, bis hin zu der Idee, seine Persönlichkeit austauschen zu können, in virtuellen Welten aufzutreten, in denen man für seine Handlungen keine Verantwortung übernehmen muss. Das besondere an der Geschichte ist, dass ein amerikanischer Autor in der Mehrzahl mit europäischen Mythen arbeitet. Es ist merkwürdig, dass nicht ein europäischer Autor auf die Idee gekommen ist, Cyberwelten mit europäischen Märchen, Mythen und Romanstoffen zu verbinden.

    Frank Olbert: Wie wird sich das Spezifische des Romans, zwischen virtueller Welt und literarisch-mythischer Tradition zu spielen, akustisch niederschlagen?

    Walter Adler: Wir versuchen, immer so zu tun, als wäre alles ganz real. Die Idee des Romans ist, dass diese Cyberwelt perfekt ist. Das heißt, sie ist so, dass man nicht erkennt, dass sie irreal ist. Also stellen wir sie auch perfekt dar. Sie ist natürlich angefüllt mit unendlich vielen, akustischen Versatzstücken z.B. des Kinos. Es gibt durch die vielen Science-fiction- und Fantasyfilme bestimmte akustische Signale, so wie es das auch im Krimi gibt. Wenn Sie Regen und ein vorbeifahrendes Auto hören, dazu kommt Musik von Miles Davis - dann wissen Sie, dass Sie nicht in einer Komödie sind, sondern in einem Krimi. Das kann man auch nicht mehr ändern. Durch den Film sind solche akustischen Signale einfach besetzt. Und mit diesen Zeichen arbeiten wir. Das begleitet überhaupt meine ganze Regiegeschichte zu wissen, dass die Leute, die heute etwas sehen oder hören, mit dem Kino aufgewachsen sind.

    Frank Olbert: Sie haben bei den Aufnahmen zu "Otherland" auch mit vielen Kindern gearbeitet. Was ist das Besondere daran?

    Walter Adler: Kinder kann man nicht inszenieren. Man muss sie in eine Situation versetzen, in eine bestimmte Stimmung bringen. Das heißt zum Beispiel, wenn es eine Szene gäbe, in der ein Kind geschlagen wird und anfängt zu weinen, dann würde ich das immer im Erzählertext vermitteln und nicht in einer Szene. Das andere ist: Die Schauspieler unterscheiden sich nicht so sehr von den Kindern. Sie sind auch Kinder, so wie wir alle Kinder sind. Und bei dieser Geschichte waren wir extrem Kinder. Das war auch meine Hauptarbeit, uns zu Kindern zu machen und verrückte Sachen zu treiben. Und das hat eigentlich ganz gut funktioniert.

    Die öffentliche Uraufführung der Hörspielserie "Otherland" nach dem Roman von Tad Williams wird am 7. Oktober während der Frankfurter Buchmesse stattfinden. Ab Oktober wird es auch auf HR 2 und bei YOU FM zu hören und als Hörbuch zu erwerben sein. Vorabinformationen gibt es im Internet auf einer Sonderseite des Hessischen Rundfunks zu "Otherland".