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Das Haldern Pop Festival
"Be true, not better"

Seit Jahrzehnten ist Stefan Reichmann der künstlerische Leiter eines Festivals, dass vor über 30 Jahren als Ministrantenparty in Haldern am Niederrhein begann. Im Corsogespräch erzählt er von den Anfängen des "Haldern Pop Festivals", von Gastfreundschaft, Willkommenskultur und wie kreative Ideen oft aus Absichtslosigkeit und Naivität entstanden.

Der künstlerische Festivalleiter Stefan Reichmann im Corsogespräch mit Anja Buchmann |
    Patti Smith auf der Hauptbühne des Haldern Pop Festivals im August 2014
    Bei Publikum und Musikern beliebt: Das kleine, aber umso feinere Haldern Pop Festival (Stefan Daub)
    Anja Buchmann: Das Haldern Pop ist ja vor über dreißig Jahren geradezu zufällig entstanden – aus einer Absichtslosigkeit heraus.
    Stefan Reichmann: Wir haben es ja nicht bewusst gegründet, weil wir eine Geschäftsidee hatten oder sowas. Sondern wir haben es ja eigentlich angefangen, weil wir Langeweile hatten. Weil wir irgendwas unternehmen wollten hier in unserem Landstrich. Und wir wollten unsere Musik hören. Und dann ist eigentlich das Ganze daraus entstanden. Ich sag mal, dem kann man schon eine gewisse Absichtslosigkeit unterstellen.
    Buchmann: An was erinnern Sie sich noch ganz besonders? Nicht die erste Ministrantenparty, sondern das erste Mal Konzert mit drei eingeladenen Bands. Was ist Ihnen da besonders in Erinnerung geblieben?
    Reichmann: Besonders für mich war die Herausforderung, dieses Gelände, was uns unheimlich groß erschien, einzuzäunen. Dass man wirklich Eintritt nehmen kann. Dann diese Bühne zu bauen, das Geld aufzubringen, diese Bühne zu bauen. Dann diese ganzen Fähigkeiten, die wichtig sind für ein Festival – die ganzen Handwerker. Das schöne daran, in einem Dorf zu leben, ist ja doch sehr transparent. Man kennt die Fähigkeiten und Unfähigkeiten der Leute, weiß also, wen man was fragen kann. Diese Sachen wurden sehr wichtig. Ich werde auch nie vergessen, dass wir drei A-Masten brauchten.
    Bei einer Fernsehverpflichtung fiel das Konzert aus
    Buchmann: Drei A-Masten? Was sind das?
    Reichmann: Das sind alte lange Strommasten, die hat jeder Bauer noch hinterm Stall liegen. Meistens aus nem Nadelholz. Und die brauchten wir für die Querstatik. Die wurden dann geholt vom Bauern. Und dann brauchten wir aber ein besonderes Fahrzeug, weil die so lang waren. Dann kam wieder ein anderer Bauer ins Spiel, der einen langen Anhänger hatte. Der hatte aber hinten keine Öffnung, das heißt, der musste dann aufgeflext werden. Dann wurde der kurzerhand aufgeflext, die drei A-Masten draufgelegt, zum Platz transportiert und nach dem Festival wurden die drei A-Masten damit wieder zurückgebracht und das Ding wurde wieder zu geschweißt. Das fand ich total interessant.
    Ein Punkt, ein weiterer war, dass wir damals "Flatsch" gebucht hatten aus Frankfurt. Dann mussten die aber kurzfristig absagen, denn: "Erbarme, die Hesse komme". Das war damals ein Fernsehformat mit Rodgau Monotones, und da war auch "Flatsch" eingeladen. Und früher war das so, dass Fernsehverpflichtungen immer höher angesiedelt wurden als Konzertverpflichtungen. Das stand in den Verträgen, eine Fernsehverpflichtung konnte dich aus jeder Konzertverpflichtung raus kaufen. Nein nicht rauskaufen, aber das Konzert war dann automatisch hinfällig. Das war bei uns so. Wir hatten das noch mal mit Jeremy Days erlebt, 1988, aber danach wurde es weniger.
    Buchmann: Und haben Sie dann kurzfristig reagiert und statt "Flatsch" noch eine andere Band bekommen, oder war das mit Schwierigkeiten verbunden?
    Reichmann: Nein, eigentlich nicht. Wir hatten dann über den gleichen Agenten, wo wir die Chameleons drüber gebucht hatten, noch ne doch sehr unterhaltsame, runter gerockte Band aus Liverpool bekommen: mit nem Sänger, der noch ne hautenge Lederhose anhatte, ein klassischer "Poser", ein Bassist, dem die Schneidezähne fehlten und die fuhren hier mit einem Transit vor, da guckte tatsächlich noch der Hals vom Bass raus, weil das Auto picke packe voll war.
    Und unsere alte Pensionärin, die Frau Görtzen, hat die gesehen und hat denen erst mal Butterbrote gemacht. Und ist dann hier rüber in diese Popbar gegangen, das war früher noch Gaststätte Koopmann, und hat auf ihre Kosten eine kalte Kiste Bier spendiert. Damit die Jungs wieder bei Laune kommen, nachdem die den ganzen Tag unterwegs waren, mit ihrem völlig überladenen Transit von England nach hier zu fahren.
    Buchmann: Das sind so Dinge von Aufmerksamkeit, von Gastfreundschaft, die sich durch die Jahre auch durchgezogen haben, oder?
    Reichmann: Ja, das stimmt. Aber ich war selber sehr beeindruckt, dass die Frau Görtzen das gemacht hat. Aber ich muss auch sagen: Frau Görtzen war mit nem Mann verheiratet, der zu dem Zeitpunkt schon tot war, die hatten immer ne gewisse Nähe zu Schaustellern. Wenn in Haldern Kirmes war, hatten die immer hinten auf ihrer Wiese ein Fahrgeschäft stehen. Ihr Mann hatte ne Nähe zu Schaustellern, der kannte viele, also ihnen war dieses fahrende Volk, wie das wirkte, immer ein Begriff. Da gab's schon eine Affinität.
    "Viele Fehler waren wichtig für den Werdegang"
    Buchmann: Was waren die größten Anfängerfehler, die sie gemacht haben. Wo Sie im Rückblick sagen: Das war der Unwissenheit geschuldet, das würde ich jetzt nicht mehr so machen.
    Reichmann: Ach, da gibt's viele, ist ja auch ganz schön, dass man die Dinge autodidaktisch erst mal lernt über die Jahre. Aber Anfängerfehler waren sicherlich, dass man am Anfang wahnsinnig viel Material bewegt hat, um Dinge zu lösen, weil man den Fokus auf Problematiken gelegt hat, die man auch anders hätte lösen können. Auch die Naivität ... aber ich glaube, viele Fehler waren auch wichtig für den Werdegang des Festivals. Ich möchte gewisse Fehler gar nicht missen, man muss das erlebt haben, damit man weiß, wie es besser laufen kann.
    Buchmann: Können Sie denn mal einen eklatanten Fehler beschreiben, aus dem Sie sehr viel gelernt haben?
    Reichmann: Das sind viele kleinteilige Sachen. Zum Beispiel: Man muss sehr viel Wert legen auf die Behandlung der Künstler. Also man darf sich nicht so einen Druck auferlegen, dass man Angst hat, den Künstlern gegenüber falsch zu handeln. Dass man denen Gott weiß was unterbreitet. Dreißig Jahre später wissen wir: Be true, not better. Die Künstler wissen das zu schätzen, wenn man ist, wie man ist. Das haben wir damals auch aus ner gewissen Naivität so gemacht, dass wir nur so handeln konnten.
    Wir haben hinten ein Feuerchen gemacht, wir haben den See, aber wir fühlten uns etwas unsicher: Da kommen doch Leute aus Amerika, machen wir da alles richtig? Vielleicht war es ein Anfängerfehler zu denken, dass man denen wer weiß was bieten muss. Aus einer Naivität wurde dann ne Souveränität. Mittlerweile wissen wir: Wenn du es genauso machst, wie du es für dich machen würdest, mit den Möglichkeiten und Qualitäten Deiner Region, dann ist es genau richtig. Das wollen die Künstler.
    "Aus Naivität wurde Souveränität"
    Und zum Beispiel die Diskussionen um die Cateringlisten, die die Künstler eingeschickt haben, die sagen: Sie hätten gerne den und den Joghurt, den und den Whiskey. Da dachten wir anfangs: Mein Gott, was wollen die denn alles. Aber was man damals nicht wusste: Künstler sind 4,5 Monate unterwegs und die brauchen immer dieses gewisse Gefühl von Heimat. Mit dem kleinen Zeh wollen die Kontakt nach Zuhause. Und das ist dann mal ein versponnener Joghurt und ein bestimmter Brotaufstrich.
    Und man sollte immer konsequent sein, wenn man einen Künstler eingeladen hat, dann sollte man das auch durchziehen und die Rahmenbedingungen so schaffen, dass man sich auf den Moment freut. Und die Künstler das auch spüren, dass es nicht nur eine klassische wirtschaftliche Beziehung bleibt: Wir haben bezahlt, also bin ich. Diese Mentalität finde ich ganz schrecklich.
    Und dass ein Festival an vielen Kleinigkeiten hängt. Und es sind nicht die großen "Rock'n'Roll-Nasen", die so ein Festival bestimmen, sondern über Jahre festzustellen, dass das ganze Dorf involviert ist und es viele Fähigkeiten braucht, die man vielleicht gar nicht mit Rock'n'Roll in Verbindung bringt. Der Sven Regener hat das mal ganz schön gesagt: Er hat auch auf Bühnen schon ein paar gewischt bekommen, was man als Musiker nicht so gut findet.
    Buchmann: Sven Regener, Sänger von Element of Crime – die Band war eine der ersten, wo sie einen richtig guten Riecher hatten: Mitte, Ende, der 80er?
    Reichmann: 1988 war das. Da kann man sagen, dass so langsam der rote Faden griff. Wir haben uns ja anfangs gefragt: Wo kriegen wir diese Bands her. Und die Bands, die wir gerne haben wollten, die hätten einen Teufel getan und in Haldern gespielt. Die erahnen ja nicht, was man werden könnte. Das muss man sich erarbeiten.
    Buchmann: Und bei Element of Crime war das 1988 beim Haldern Pop das erste mal, wo sie als Top Act gelistet waren.
    Reichmann: Das hat Sven Regener mir erzählt: Dass wir das erste Mal waren, wo sie "Element of Crime" hießen und nicht "und viele mehr".
    Festival-Anteile für 500 DM
    Buchmann: Wie haben Sie das Haldern Pop in den Anfängen finanziert? Subventionen gab es ja nicht.
    Reichmann: Es gab keinen Kulturhaushalt, das war ja ein Teil des Plans, wir waren ja unabhängig. Aber ich denke, wir hätten schon das Geld genommen, wenn die Stadt Rees gesagt hätte, hier habt ihr 50.000 DM, macht mal ein schönes Festival, dann hätten wir nicht "Nein" gesagt. Aber da war keiner, der das hätte sagen können. Das heißt, wir wussten, beim ersten Festival brauchen wir erst mal Geld.
    Dann haben wir Festival-Anteile entwickelt, wo man sich einkaufen konnte. Der Casus knacksus war aber der, dass, wenn man einen Anteil gekauft hatte, dann war man nicht von den Pflichten entbunden. Das heißt, man war auch Veranstalter und musste mithelfen, musste anpacken. Da sprechen wir glaub ich von über 47 Leuten.
    Buchmann: Und hat es eine große Überzeugungsarbeit erfordert, die da mit einzubinden?
    Reichmann: Naja, da gibt es immer ne gewisse Skepsis, denn da war ja noch nichts. Man muss die Leute versuchen zu überzeugen, etwas erfinden, eine gewisse Begeisterung streuen. Aber das ging dann relativ schnell. Und schön war es auch, dass wir die ersten Jahre zwar Geld verloren haben, aber der Spaß war ja der, dass jeder sich irgendwie in diesem ganzen Konstrukt wieder fand. Sich und seine eine Fähigkeiten. Das heißt, der Schreiner war genauso wichtig wie der Booker.
    Buchmann: Seit wann schrieb das Haldern Pop schwarze Zahlen?
    Reichmann: Das ist schwierig zu sagen. Um 87 ging's mal kurz in den positiven Bereich. Man muss wissen, von dem 500 DM Anteil verlor man 130 im ersten Jahr, dann noch mal 70 oder 80 im zweiten, und dann irgendwann nach dem dritten Jahr waren von den 500 DM noch 90 übrig. Dann musste noch etwas zugeschossen werden, dann gab es ein minimales Plus, 88 war wieder schlechteres Wetter. Da wurde es aber künstlerisch interessanter. 89 war "Fischer Z" hier, das Wetter wieder gut, da pendelte es sich wieder ein. 90 war plus minus null, da waren die Verluste noch nicht eingefahren.
    "Das Festival zahlt sich in Naturalien aus"
    1991 gab es einen großen Schub mit Bob Geldorf. Da haben wir Geld verdient und es gab viele Diskussionen, was wir mit dem Geld machen sollten. Dann haben wir uns darauf geeinigt, dieses Mehrweg-Konzept zu fahren, den teuren Makrolon-Becher zu kaufen, den Gewinn mehr oder weniger darein zu stecken. Wo ich auch glaube, dass das ne ganz gute Entscheidung war. Wenn wir einmal angefangen hätten, Renditen auszuzahlen, wäre das Geld futsch gewesen. Und ich glaube, das Festival zahlt sich jedes Jahr in Naturalien aus.
    Was wir heute auch sehen mit der Bar, dem Label, der Geschäftigkeit und auch mit der Attraktivität des Ortes und des Umfeldes. Dass uns zum Beispiel Unternehmen aus der Region sagen, dass wir für sie wichtig geworden sind. Obwohl sie Dinge produzieren, die mit jungen Menschen kaum was zu tun haben, aber die von jungen Menschen produziert werden müssen. Und da braucht es auch Ingenieure und da muss man einen Standort haben, der für junge Menschen und junge Familien interessant ist.
    Für diese Ausstrahlung würden sie sich bedanken, sehr interessant. Dadurch, dass wir hier eine gewisse internationale Durchblutung haben und man nicht das Gefühl haben muss, etwas zu verpassen, da eben auch Leute aus der großen weiten Welt hier regelmäßig vorbeikommen. Damit kompensieren wir ein Grundproblem und begeistern Leute für die Region.
    "Keine Hipster-Verpflichtung"
    Wir werde auch immer wieder gefragt wegen Nachhaltigkeit – das reduzieren die aber immer wieder auf die Co2-Werte, das regt mich auf. Für uns ist Nachhaltigkeit auch, junge Leute ins System des Festivals einzuführen, ein Angebot zu schaffen. Generationsübergreifend agieren und auch ein Festival zu haben, was nicht einer Zielgruppe geschuldet ist, sondern wo jung und alt hingehen können und wir keine Hipster-Verpflichtungen haben.
    Buchmann: Also diese Nachhaltigkeit, die sich im letztjährigen Titel "Stadt, Land, Flucht" niedergeschlagen hat.
    Reichmann: Da wollten wir aufzeigen, dass es überall die Perspektive gibt zu leben. Das sollte kein polarisierendes Diktat sein zu sagen: Auf dem Land ist es besser als in der Stadt. Das ist Unsinn. Aber ich denke, dass es immer wichtig für junge Menschen ist, auf dem Land oder in der Stadt, zu wissen, wo komme ich her, wo will ich hin. Und dann kann ich natürlich auch die Welt bereisen. Und wenn ich mit gewissen Grundsätzlichkeiten der Identität ausgestattet bin – wenn ich irgendwo bin, dann weiß ich aber, wo ich hin gehöre.
    Ich finde, auf dem Dorf stellt man immer fest, dass Leute gehen, nach Süddeutschland oder ins Ausland und dort ihren Lebensmittelpunkt wählen, aber den Kontakt nie abbrechen zu den Menschen, die hier geblieben sind. Heimat ist ja auch nicht nur räumlich zu sehen. Und auch das Verständnis von Leuten, die geblieben sind und welche, die gegangen sind. Dass da keine Diskrepanzen entstehen. Dieses auskommen miteinander finde ich total interessant.
    "Sehnsucht der Musiker, mit anderen Musikern zusammenzuarbeiten"
    Buchmann: Es gibt eine Jubiläums-DVD zum Haldern Pop, zum 30-Jährigen letztes Jahr – darauf ist zum Beispiel der Rockmusiker Jerek Bishoff (zusammen mit Dirigent Andre de Ridder und dem Stargaze-Ensemble macht er grenzüberschreitende Musik zwischen Neo Klassik und Rock) und der sagt: "Ich mag die Idee, die originäre Festival-Atmosphäre aufzugreifen und zurückzubringen. So wie es früher war: Leute, die zusammen kommen und Sachen gemeinsam kreieren. Im Laufe der Zeit hat auch das Geld eine immer größere Rolle eingenommen, sodass viele Bands einfach nur noch auftauchen, ihr Ding machen und wieder abreisen".
    Das ist auch ein wichtiger Punkt beim Haldern Pop, dass dort auch Musikerinnen, Musiker, Bands zusammen geführt werden und gemeinsam Dinge veranstalten.
    Reichmann: Das sind Dinge, die haben wir mit den Jahren gelernt. Früher waren wir ja schon froh, wenn die überhaupt gekommen sind. Aber wir haben auch gemerkt, dass es bestimmte Sehnsüchte bei Musikern gibt. Und dass die sich im Festivalkontext gern mit anderen Musikern treffen und sich auch untereinander zuhören. Also Simon Ngall hat mir zum Beispiel voller Stolz gesagt, dass der Sologitarrist von "Wilco" am Bühnenrand gestanden hat und das komplette Konzert von Patrick Watson gehört hat, wo er mitspielte. Das war sein Gitarren-Hero und der guckt ihm zu auf dem Festival.
    "Musiker nehmen uns als Kurort war"
    Und ich weiß auch von Musikern wie Peter Broderick – dem ist es wichtig, sich musikalisch zu artikulieren und er wird müde, ständig nachts irgendwo hin zu fahren, wieder zu spielen und dann in den Bus, Geld einsammeln und weiter zu fahren, dass manchmal diese ganze Geschichte auf der Strecke bleibt. Das gilt nicht für jeden und man muss bei der Kunst auch immer die Existenz sehen. Aber es gibt bei Musikern eine Sehnsucht, auch mit anderen Leuten zusammen zu arbeiten. Wie Owen Pallett und so. Diese Art der Kollaboration wird immer wichtiger.
    Wir mussten uns eh einen anderen Weg überlegen, da wir uns dieser klassischen inflationären Entwicklung in der Life-Industrie nicht stellen können. Wir können ja nicht diese Gagen zahlen, wir müssen andere Angebote schaffen. Dass Musiker uns auch als eine Art Kurort wahrnehmen. Dass man hier auch mal anhält, das für sich selber tut und dann wieder auf der Überholspur andere Sachen wahrnimmt. Wir können nicht die Gagen verdoppeln, das würde unser Publikum auch nicht mitmachen und dafür ist unser Festival zu klein. Durch diese ganzen Dinge sind diese Kollaborationen entstanden und die Leute lieben das, auch die Musiker untereinander schätzen das total.
    Buchmann: Bands können sich hier auch quasi "hoch spielen": "AnnenMayKantereit" waren zum Beispiel letztes Jahr nur als Füller für eine ausgefallene Band in der Pop Bar und dieses Jahr sind sie auf der Mainstage.
    "Versteckte Hommage an Bernd Begemann"
    Reichmann: Naja, die sind letztes Jahr einfach gekommen. Denn sie wussten, vor der Kirche sind beim Festival immer Schlangen. Die haben dann vor der Kirche gespielt. Und wir haben sie gefragt, weil "Big 6" ausgefallen ist, ob sie nicht in der Bar spielen wollen. Und in diesem Jahr spielen die, weil am Donnerstag die Mainstage noch nicht offen ist, auf der Biergarten Bühne vorm Spiegelzelt, aber auch vor 4.000 Leiten.
    Buchmann: Auf jeden Fall ein größeres Publikum als in der Popbar.
    Reichmann: Ja, klar. Die Entwicklung von "AnnenMayKantereit" ist ja unglaublich. Wir hatten das ja auch schon mit "Mumford&Suns", mit Ben Howard. Diesmal wollen wir eine imaginäre Karriere von Bernd Begemann, der es längst verdient hat, aufzeigen. Der spielt erst in der Bar, dann im Spiegelzelt und auch noch auf der Mainstage. Bernd Begemann ist der Künstler, den fast alle lieben. Aber der seit 20 Jahren die gleiche Gage hat. Der mit einer solchen Leidenschaft und Konsequenz seine Dinge tut, das ist unglaublich beeindruckend. Dieses Festival ist sogar versteckt eine kleine Hommage an Bernd Begemann.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.